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Gilbert, Elizabeth

Gilbert, Elizabeth

Titel: Gilbert, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Love Pray Eat
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wollten uns Lazio anschauen.
In Rom gibt es zwei Fußballvereine, Lazio und Roma. Die
Rivalität zwischen den beiden Mannschaften und ihren Fans ist immens und kann
glückliche Familien spalten und friedliche Stadtviertel in
bürgerkriegsähnliche Zustände versetzen. Schon früh im Leben gilt es, sich zu
entscheiden, ob man Lazio-Fan oder Roma-Fun wird; und
dies ist deshalb so wichtig, weil davon abhängt, mit wem man viele Jahre lang
seine Sonntagnachmittage verbringt.
    Luca hat etwa zehn enge Freunde, die sich nahe stehen wie
Brüder. Nur dass sie zur Hälfte Lazio-Fans sind und
zur Hälfte Anhänger von Roma. Im Grunde
können sie gar nichts dagegen tun; alle wurden sie in Familien
hineingeboren, in denen die Treue zum jeweiligen Verein bereits fest etabliert
war. Lucas Großvater (den man hoffentlich Nonno Spaghetti nennt) schenkte dem Jungen sein erstes himmelblaues Lazio-Trikot, als der gerade seine ersten Schritte machte. Und nun wird Luca bis zu
seinem Tod Lazio-Fan bleiben.
    »Unsere Frau können wir wechseln«, sagte er. »Auch unsere
Arbeitsstelle, die Staatsangehörigkeit oder sogar die Konfession, aber unsere
Mannschaft - niemals.«
    Das italienische Wort für »Fan« heißt übrigens tifoso und leitet
sich von tifo (»Typhus«) ab. Mit anderen Worten:
Ein Fan ist einer, der unter einem heftigen Fieber leidet.
    Mein erster Stadionbesuch mit Luca Spaghetti war für mich
ein Ohrenschmaus der italienischen Sprache. Ich schnappte alle möglichen neuen
und interessanten Wörter auf, die man in der Schule nicht lernt. Ein alter Mann
etwa, der hinter mir saß, wand mir einen großartigen Blütenkranz aus Flüchen,
mit denen er unablässig die Spieler auf dem Feld überschüttete. Ich verstehe
nicht viel von Fußball, zumal europäischem, mit Sicherheit aber wollte ich
keine Zeit damit verschwenden, Luca irgendwelche dummen Fragen zum Spielverlauf
zu stellen. Alles, was ich wissen wollte, war: »Luca, was hat der Kerl hinter
mir gerade gesagt? Was heißt cafonei« Und Luca -
der kein Auge vom Spielfeld wandte - erwiderte: »Arschloch. Das heißt
Arschloch.«
    Ich schrieb es mir auf. Und schloss dann die Augen, um einer
weiteren Schimpfkanonade des Alten zu lauschen, die etwa so ging:
    »Dai... dai... dai, Alhertini, dai ...va bene, va
bene, mio ragazzo, perfetto, bravo, bravo ... Dai! Dai! Via! Via! Nella porta!
Eccolo, eccola, eccola, mio bravo ragazzo, caro mio, eccola, eccola, ecco ... Ahh!!
Vaffanculo! Figlio di mignotta!
    Stronzo, cafone, traditore! Madonna ... Ah, dio
mio,perchè, perchè, perchè, questo stupido, perchè lo scemo, scemo... Che
casino, che bordello ... Non hai un cuore, Albertini, fai finta. Niente è
successo ... Dai, dai, ah ... Molto migliore, Albertini, molto migliore, sì sì
sì, eccola, bello, bravo, anima mia, ah, ottimo, eccola, adesso... Nella
porta, nella porta, nell... Vaffanculo!«
    Was ich vielleicht so übersetzen könnte:
    »Komm, komm, komm, Albertini, komm schon ... Okay, okay,
Junge, wunderbar, bravo, bravo, komm, los, los! Ins Tor! Das ist es, mein
Guter, mein Lieber, das ist es, das ist es ... Ahhhh! Ach, fick dich doch!
Blöder Scheißkerl! Bastard! Arschloch! Verräter! ... Mutter Gottes ... Oh
Gott, warum, warum, warum, das ist doch blöd, warum denn das, Schwachkopf,
Schwachkopf ... Was für ein Durcheinander (Anmerkung der Autorin: Leider gibt
es keine treffende Übersetzung für die italienischen Ausdrücke che casino und che bordello, die man wortwörtlich mit »was für
ein Bordell« übersetzen müsste, im Grunde aber »was für ein Schlamassel«
bedeuten)... Du hast keinen Mumm, Albertini! Du bist ein Simulant! Guck, nichts
passiert ... Mein Gott, komm schon ... Hey! Ja! Viel besser, Albertini, viel
besser, ja, ja, so geht das, schön, großartig, oh, hervorragend, so macht man
das, und jetzt, ins Tor, ins Tor, ins Tor, ins ... Fick dich!«
    Oh, was für ein einmaliger und glücklicher Moment in
meinem Leben es doch war, direkt vor diesem Mann zu sitzen. Ich genoss jedes
Wort aus seinem Mund. Ich wollte den Kopf in seinen alten Schoß legen, damit er
mir stundenlang seine eloquenten Flüche einflößte. Und nicht nur er war so
wortgewaltig! Das ganze Stadion war von solchen Monologen erfüllt. Und mit
welcher Inbrunst sie geführt wurden! Wann immer der Schiedsrichter einen groben
Fehler beging, erhob sich das gesamte Stadion, ein jeder wedelte empört und
fluchend mit den Armen, als ob alle zwanzigtausend Zuschauer gleichzeitig in
einen einzigen

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