Gilde der Jäger 01 - Engelskuss
Sinnlichkeit in Person gewesen mit seinem verdammt berauschenden Geruch, der sich wie das mächtigste Aphrodisiakum durch ihren Körper geschlängelt hatte. Trotzdem hatte sie noch ein paar Tritte anbringen können– bevor sie gefesselt und mit desinfizierten Wunden in diesem kleinen Wohnzimmer irgendwo in den oberen Bereichen des Turms abgestellt worden war. »Wie geht es Raphael?«
Dmitri baute sich vor ihr auf, sein dunkelgraues Jackett und seine tiefrote Krawatte hatte er abgelegt, sodass jetzt sein frisches weißes Hemd zum Vorschein kam. Die obersten Knöpfe standen offen, entblößten ein dreieckiges Stück herrlicher bronzefarbener Haut. Das war keine Bräune, dachte sie. Ganz offensichtlich stammte er aus einer heißeren Region, einer exotischen Gegend und… »Hören Sie auf!« Jetzt, da sie sich konzentrierte, konnte sie den feinen Duftstoff ausmachen, den er über jeden Zentimeter ihrer Haut verteilte.
Er lächelte, und sein Lächeln versprach Schmerzen. »Ich habe doch gar nichts gemacht.«
»Lügner.«
»Ich gebe es zu.« Er rückte noch ein Stück näher, stützte sich mit den Händen auf die Armlehnen ihres Stuhls.
»Sie reagieren sehr stark auf meinen Geruch.« Mit geschlossenen Augen atmete er tief ein. »Selbst verschwitzt und blutig duften Sie einzigartig. Am liebsten würde ich jetzt hemmungslos zubeißen.«
»In diesem Leben nicht«, sagte sie, ihre Stimme heiser vor lauter Anstrengung, seiner wohldosierten Verführung zu widerstehen.
Sie hatte Dmitri falsch eingeschätzt, weil er seine Macht nicht so offen verströmte wie die anderen alten Vampire, mit denen sie sonst zu tun gehabt hatte. Deshalb war er wohl auch eine Klasse für sich… und wahrscheinlich wäre er auch ohne Weiteres imstande, den Wirkungen eines Kontrollchips zu trotzen.
Einige Jäger hatten ihr Leben dafür gelassen, um dieses Geheimnis zu bewahren– denn manchmal war diese eine Sekunde, in der der gestellte Vampir orientierungslos war und sich für gefangen und bewegungsunfähig hielt, die einzige, die einem Jäger blieb. In dieser Sekunde konnte er entweder entkommen oder zuschlagen. »Warum sind Sie so auf mich fixiert?«, fragte sie frei heraus und begrub ihr Wissen um die verhängnisvolle Schwäche des Chips in den Tiefen ihres Bewusstseins. Soweit Elena wusste, waren zwar Engel die Einzigen, die Gedanken lesen konnten– und für Engel bestand kein Anlass, die wirksamste Waffe der Jäger zu sabotieren–, doch sie wollte kein Risiko eingehen. »Sie sind so verdammt sexy«– Mist, das war nicht gelogen–, »die Frauen müssen sich Ihnen doch reihenweise an den Hals werfen. Was wollen Sie dann mit mir?«
»Ich habe es Ihnen doch gesagt– Sie machen eine Sache erst interessant.« Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, doch die blutigen Zacken in seinen Augen erinnerten sie daran, dass er im Moment nicht gerade gut auf sie zu sprechen war. »Wissen Sie, Sie werden am Leben bleiben.«
»Ach ja?«
»So lange, bis Sie den Auftrag erfüllt haben.« Er starrte sie an.
Sie starrte unverwandt zurück. Sehr wahrscheinlich kannte Dmitri die Einzelheiten des Auftrags, doch wenn nicht, würde sie selbst jedenfalls die Katze nicht aus dem Sack lassen und sich noch tiefer hineinreiten. »Sie können sich kaum vorstellen, welche Freude mir das bereitet.«
»Was wissen Sie schon von den wahren Freuden, Gildenjägerin!« Auf einmal wurde seine Stimme rasiermesserscharf, und seine Haut schien von innen zu glühen.
Es schnürte ihr die Kehle zu, wieder hatte sie sich geirrt. Dmitri war nicht bloß mächtig, er war mächtig. Und so alt und erfahren, dass ihr, nun da er es offen zeigte, der ganze Körper wehtat. »Ich weiß schon: Was Sie als Freuden anpreisen, wird unerbittlich in Schmerzen enden.«
Er klimperte mit seinen unsinnig langen Wimpern. »Doch mit jemandem, der die Kunst beherrscht, wird jeder Schmerz lustvoll.«
Schauder liefen ihr den Rücken hinunter, streiften ihre Brustwarzen. »Nein danke.«
»Die Entscheidung liegt nicht mehr bei Ihnen.« Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Sind Sie hungrig?«
Überrascht von dieser praktischen Frage, versuchte sie die Nachwirkungen seines betörenden Dufts abzuschütteln und zu einer Antwort zu finden. »Ich komme fast um vor Hunger.«
»Dann werden Sie jetzt gefüttert.«
Sie bedachte seine Formulierung mit einem finsteren Blick, sagte aber nichts, als er durch die Tür verschwand, durch die er nur wenige Minuten später mit einem abgedeckten
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