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Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Titel: Gilde der Jäger 02 - Engelszorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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genähert hatten.
    »Nein.« Und schon kauerte er auf der anderen Seite der Leiche und nahm die Überreste des Kopfes in die Hand.
    Der Hinterkopf fehlte. Eine leere Schale. Elena spürte, wie ihr heiß wurde. Ungläubig starrte sie auf den Schädel und gab Raphael zu verstehen, dass er ihn wieder hinlegen möge. »Ganze Arbeit.«
    Er legte den Kopf mit dem Gesicht nach oben auf einen Stein. »Er hieß Aloysius. War 410 Jahre alt.«
    Irgendwie machte es die Sache schlimmer, wenn man den Namen kannte. Elena holte tief Luft und begann die einzelnen Gerüche zu erkunden. Es waren sehr viele. »Eine Menge Engel sind hier unten gewesen.« Es sah ganz danach aus, als würde sie ihr neuer Engelssinn heute nicht im Stich lassen.
    »Anfangs haben wir noch gehofft, ihn wiederbeleben zu können, bis wir feststellten, dass sein Gehirn fehlte.«
    Ihre Blicke glitten über den Körper, der nur noch eine leere Hülle war. Zwar hatte Raphael ihr das vorher schon einmal gesagt, aber … »Im Ernst, das Opfer hätte den Rest überleben können?«
    »Unsterblichkeit ist nicht immer schön.« Seine Antwort war ganz unmissverständlich. »Mit großer Wahrscheinlichkeit war er bei Bewusstsein, als man ihm die Organe entnommen hat.«
    Elena würgte, schüttelte dann den Kopf. »Ich bin doch dafür noch zu jung, nicht wahr? Wenn es jemandem einfällt, mich zu sezieren, dann verliere ich doch das Bewusstsein, ja?«
    »Ja.«
    »Gut.« Sie gehörte nicht gerade zu den Leuten, die schnell aufgaben, aber auf diese Art von Qualen war sie nicht gerade scharf. »Den Blutspritzern nach zu urteilen, ist er aus einer ziemlichen Höhe fallen gelassen worden.« Sie hatte jedenfalls keine Lust nachzuschauen, was ihr möglicherweise unter den Schuhsohlen klebte – staatliche Leichenbeschauer hätten sie wahrscheinlich sofort hinter Schloss und Riegel gebracht, wenn sie die Spuren an einem Tatort wie diesem so missachtet hätte. Aber sie beruhigte ihr Gewissen, indem sie sich sagte, dass schon so viele vor ihr hier gewesen waren, dass er für jeden, außer für eine geborene Jägerin, ohnehin unbrauchbar war.
    »Allerdings«, sagte sie, »war die Höhe nun auch wieder nicht groß genug, um seinen Körper vollends in Stücke zu reißen. Hast du eine Ahnung, ob er zu diesem Zeitpunkt seine Organe noch hatte?« Bei all dem geronnenen Blut war es unmöglich, das festzustellen.
    »Ja.« Raphael deutete auf den offenen Brustkorb. »Sie haben kleine Reste übrig gelassen.« Er griff hinein und holte ein Stückchen heraus, das aussah wie ein rosaroter Stein mit gezackten Kanten. Im Sonnenlicht leuchtete der Stein wie Rosenquarz. »Ein Stück Leber.«
    Elena überlief es kalt. »Bist du sicher, dass er es nicht mehr spürt?«
    »Er ist tot. Und was sein Körper jetzt macht, ist vergleichbar mit einem geköpften Huhn, das auch noch ohne Kopf weiterrennt.«
    »Nervenreize.« Es leuchtete ihr ein, dass diese umso langsamer erloschen, je älter der Unsterbliche war.
    Raphael legte das Stückchen zurück in den Brustkorb und deutete auf den Kopf. »Teile des Gehirns wurden auf den Felsen verteilt gefunden.«
    Sobald sie zu Hause war, würde sie ihre Schuhe wegwerfen. »Ein solch heftiger Aufprall hätte doch aus den Organen Brei gemacht«, sagte sie. »Macht es das nicht viel schwerer, sie herauszuholen?«
    »Nicht wenn der ›Operateur‹ wartet, bis die Organe wieder geheilt und funktionsfähig sind.«
    Bislang war sie mit dem Anblick des geronnenen Bluts ganz gut klargekommen, doch die Kaltblütigkeit der Mörder ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. »Um Gottes willen.«
    »Gebrauch deine Nase, Jägerin.« Es war ein zarter Wink. »Noch steht der Wind günstig, aber das kann sich jederzeit ändern.«
    Sie schüttelte die grauenhaften Gedanken ab und begann die ihr bereits bekannten Gerüche herauszufiltern. Sie hatte es schon halb geschafft, als ihr Engelssinn ohne Vorwarnung aussetzte und nur eine einzige klare Spur zurückließ. »Ein Vampir ist hier gewesen.«
    »Nicht mit der Rettungsmannschaft«, sagte Raphael mit gespanntem Blick.
    »Dann muss er also schon vorher hier gewesen sein.« Der Tote verströmte einen ekelhaft süßen Geruch, roch gar nicht nach Tod – Elena kämpfte mit dem Würgereiz und konzentrierte sich auf den Vampirgeruch.
    Vereistes Zedernholz, ein ungewöhnlicher Duft, voller Eleganz.
    Dann weiteten sich ihre Augen. »Riker. Riker ist hier gewesen.«
    Stunden später erst erwischte Raphael Michaela; hoch am Nachthimmel direkt über

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