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Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Titel: Gilde der Jäger 02 - Engelszorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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ihrem Haus, in einem schwarzen Catsuit, der sie in ein geschmeidiges, gefährliches Raubtier verwandelte. Von dem Wahnsinn, den Elena und Galen noch vor Kurzem bei ihr erlebt hatten, war ihr nichts mehr anzumerken, ihr Körper war so rein und anmutig wie eh und je.
    »Raphael«, sagte sie und schwebte auf ihn zu. »Bist du etwa hier, um mich wegen deiner Jägerin zu maßregeln?«
    Elena hätte vielleicht vermutet, dass ein frühes Leid Michaela hatte verbittern lassen, aber Raphael wusste es besser, er hatte sie schon als jungen Engel gekannt und wusste, dass sie auf dem Altar ihres Ehrgeizes alles geopfert hätte. »Du bist voller böser Absichten ins Medica gekommen.«
    Ein boshaftes Lächeln umspielte ihren Mund. »Ich hatte überhaupt keine Absichten, bis deine Lieblingsjägerin und ihre Freunde sich mir in den Weg gestellt haben.«
    »Bis dahin hattest du bereits mehrere Heiler verletzt. Und dann hast du drinnen auf Elena gewartet.«
    »Ekelt es dich nicht an«, flüsterte sie, ihre Stimme schlug im Nu von Hohn zu Erotik um, »dass sie so schwach ist?«
    »Macht ohne Gewissen lässt die Seele verrotten«, sagte er, und Michaelas Augen verhärteten sich bei seinen Worten, auch wenn ihre Lippen immer noch zu einem Lächeln verzogen waren, das tiefste Sündhaftigkeit und unerträgliche Lust versprach. Raphael dachte an Uram, der auf dieses Lächeln, auf die selbstsüchtige Schönheit hereingefallen war. Aber letztlich hatte der verstorbene Engel den Weg des Bösen schon lange vor Michaelas Geburt betreten. »Warum hast du Aloysius umgebracht?«
    »Ganz schön clever, Raphael.« Sie verneigte sich leicht vor ihm, ihre Augen strahlten vor Freude. »Er gehörte zu mir, ist in meinen Besitz übergegangen, als ich Teile von Urams Gebiet übernommen habe.«
    »Was hat er getan, um so hingerichtet zu werden?« Als Erzengel, der über Aloysius’ Territorium herrschte, hatte Michaela zwar das Recht, ihn zu töten, aber ihn von einem Geschaffenen töten zu lassen – einem Vampir, der sehr wahrscheinlich auch noch von dem sterbenden Engel hatte trinken dürfen, war ein Sakrileg.
    Michaelas grüne Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Er hat bei Sams Entführung mitgeholfen.«
    Jegliches Mitgefühl, das Raphael für Aloysius empfunden haben mochte, war sofort verschwunden. »Hast du seine Erinnerungen an dich genommen?«
    »Unbrauchbar.« Mit einer verächtlichen Handbewegung fuhr sie fort: »Er war nur ein kleines Rädchen, ein einfältiges Schaf in dieser gesichtslosen Erzengel-Möchtegern-Armee.«
    »Hast du etwas herausgefunden, was uns bei der Suche nach dem Drahtzieher behilflich sein könnte?«
    »Nein. Aloysius war nur eine unbedeutende Schachfigur.«
    Raphael deutete das leise Lächeln, das Michaelas Lippen umspielte, richtig. Es war kalt und unbarmherzig und zufrieden. »Du hast die Nerven verloren und ihn umgebracht, bevor du seine gesamten Erinnerungen hattest.«
    »Er hat gelacht, als er Sam in diese Truhe gesperrt hat.« Um ihre Iris war ein schmaler roter Kranz. »Ich habe es in seinem Kopf gesehen.«
    »Und dann hast du ihn fallen gelassen?«
    »Ja«, sagte sie achselzuckend. »Die Flügel hatte ich ihm schon gebrochen, und Riker hatte den Rest besorgt.«
    Raphael machte aus seiner Enttäuschung kein Hehl. »Wie hast du überhaupt von seiner Beteiligung erfahren?«
    »Er litt unter der Vorstellung, er sei für seinen Meister entbehrlich geworden. Und diese Ängste hat er seiner Geliebten gestanden.« Ein gedehntes Lächeln, wie das einer Schlange. »Treue ist eine seltene Tugend, wenn es um Reichtümer geht.«
    Als Elena am nächsten Tag ins Flugzeug stieg, fühlte sie sich beinahe erschreckend ruhig. Sie wollten schon zwei Tage vor dem Ball nach Beijin fliegen, würden einen Tag vor allen anderen Erzengeln ankommen. »Was ist aus Venom geworden?«, fragte sie.
    »Er ist in Sicherheit«, sagte Raphael, als sie abhoben. »Ich habe alle drei verlegen lassen: Sam, Noel und Venom. Galen passt auf sie auf.«
    »Gut.« Sie hielt sich an den Armlehnen fest. »Mir tut Michaela leid, wirklich.« Ein Kind zu verlieren … das musste ein unvorstellbarer Schmerz sein.
    Ihr Vater hatte zwei Töchter verloren.
    Ihretwegen.
    Sie versuchte, das Schuldgefühl abzuschütteln, das zentnerschwer auf ihr lastete, und wandte sich dem Erzengel zu, den sie ihr Eigen nannte. »Aber im Krankenhaus war sie außer sich. Wenn du da gewesen wärst und mit ihr gesprochen hättest, wäre es erst gar nicht zu Ausschreitungen

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