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Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Titel: Gilde der Jäger 02 - Engelszorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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eigenen Dunkelheit.«
    »Der Junge ist ja nicht tot«, erwiderte Neha.
    »Mord oder brutale Körperverletzung, die Strafe ist dieselbe – und das Kind war dem Tod schon so nah, dass es wahrlich keinen Unterschied macht.« Der Erzengel, der dies gesagt hatte, hatte eine eiserne Stimme und goldbraune Augen. Elias. »Das Schlimme daran ist, dass sie es nicht allein getan hat. Sie hat andere gelehrt, sich am Schmerz Unschuldiger zu weiden.«
    »Als Mitglied des Kaders hätte sie noch mehr Engelskinder entführt«, sagte Favashi sorgenvoll. »Die Kinder als Geiseln, um die Eltern nach Gutdünken zu lenken.«
    »Das kann ich bezeugen«, erklang Titus’ weiche Stimme.
    »Nicht einmal ich bin so weit gegangen«, murmelte Lijuan überrascht. Im Tageslicht waren ihre hellen Augen kaum zu erkennen. »Was hast du nur für eine Bestie in die Welt gesetzt, Neha.«
    Das Folgende nahm Elena nur undeutlich wahr. Michaela holte zu einem blitzschnellen harten Schlag aus. Es dauerte einen Augenblick, bis Anoushkas Kopf fiel, das Blut spritzte aus ihrer Aorta wie aus einer Fontäne. Elenas Gesicht, ihre Kleidung, alles war nass von Blut, doch sie blieb, wo sie war. Mit einem Schrei bäumte Neha sich auf, ihre Nägel wurden immer länger, färbten sich schwarz, doch Michaela ließ sich nicht aufhalten, ließ einen Schlag auf den anderen folgen.
    Erbarmen! Anoushka wurde langsam zerstückelt.
    Da schlug die rasende Neha ihre Krallen in Michaelas Gesicht, auf dem sie tiefe schwarze Spuren hinterließen. Michaela stieß sie mit einer Hand brutal zurück. Die Spuren nahmen eine ungesunde, faulige Grünfärbung an … und verblassten, als hätte der Körper das Gift sogleich ausgeschieden. Als Neha wieder auf den Beinen war, war Michaelas Gesicht schon wieder geheilt, das Gift tropfte auf die Pflastersteine.
    Voller Verzweiflung wandte Neha sich ihrer Tochter zu. »Sie ist alt genug, um …«
    Himmlisches Feuer, kalt und blau, verschlang alles, was von Anoushka noch übrig geblieben war. Raphaels Gesichtszüge waren hart, die Strafe eines Erzengels war gnadenlos. Elena war zwar entsetzt darüber, wie schnell diese Hinrichtung vonstattenging, dem Urteil an sich aber stimmte sie zu – der Anblick des kleinen Sams, blutig und zusammengekrümmt in der Truhe, würde sie wohl für immer begleiten.
    Nehas Schrei durchbrach die Stille, er war so wild und markerschütternd, als sei er nicht von dieser Welt. Die Königin der Schlangen und der Gifte fiel auf die Knie und raufte sich mit ihren Klauen die Haare. Raphael trat einen Schritt zurück und begegnete Elenas Blick. Es war an der Zeit aufzubrechen. Sie machten sich schweigend zu Fuß auf den Weg, auch Lijuan. Aus Respekt vor der Trauernden.
    Auch als sie in das gleißende Licht des Haupthofes traten, hielt das Schweigen an. Zum ersten Mal erlebte Elena den Hof menschenleer. Kurze Zeit später verdunkelte sich die Sonne, von Osten her war eine riesige Wolkenbank aufgezogen. Elena schaute in den Himmel, eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken.
    Das war erst der Anfang.
    Elena ließ Raphael den Vortritt beim Betreten des Zimmers, Aodhan bildete den Schluss. Jason hatte sich ausnahmsweise einmal bei Tage blicken lassen, um Anoushkas Oberwächter zu den Heilern zu bringen, deshalb hatte Aodhan die beiden anderen begleiten können. »Sire«, sagte Aodhan, nachdem sich die Türen hinter ihnen geschlossen hatten. »Ich bin verletzt.« Seine Stimme hatte ganz ruhig geklungen.
    Unter dem blutigen Hemd kam ein Schnitt zum Vorschein, der so tief ging, dass nicht viel gefehlt hätte und er wäre in zwei Hälften geteilt worden. »Mein Gott! Wie haben Sie es damit nur bis zu uns geschafft?«
    Aodhan antwortete Elena nicht, stattdessen richtete er seine Worte an Raphael, der direkt vor ihm stand. »Ich bin heute Nacht vielleicht ein wenig langsam.«
    »Bleib stehen!« Raphael legte ihm die Hand auf, die ein warmer blauer Feuerschein umgab.
    Zum ersten Mal zeigte Aodhan Gefühle. Panik, Wut, Angst wechselten sich in seinen Augen ab. Aber er rührte sich nicht vom Fleck, ließ sich von Raphael berühren, und man musste schon sehr genau hinschauen, um sein Zucken zu sehen. Einen Moment später ließ ihn Raphael wieder los. Die Wunde sah längst nicht mehr so gefährlich aus.
    Die Erleichterung war Aodhan anzumerken, aber Elena war sich nicht sicher, ob es etwas mit der Heilung zu tun hatte. Erst als er sich in sein eigenes Zimmer zurückgezogen hatte, ergriff sie das Wort: »Er mag nicht angefasst

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