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Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Titel: Gilde der Jäger 02 - Engelszorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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sich dann näher über sie. »Nur ein Kratzer.«
    Elena wusste, dass es mehr sein musste. Hatte es gefühlt, aber sie verstand den Wink. Nickte, biss sich auf die Lippen und versuchte ruhig zu bleiben. Als sie sich ihr Bein ansah, lagen Raphaels Hände zu beiden Seiten der Wunde. Sie glühten blau.
    Es jagte ihr Angst ein, auch wenn sie sicher war, dass das kein Himmlisches Feuer sein konnte. Ebenso empfand sie keinen Schmerz. Eigentlich spürte sie nur eine angenehme Wärme. Ihre Augen wurden immer größer, als eine bersteinfarbene Flüssigkeit aus der Wunde trat und die Pflastersteine ringsum färbte. »Oh Gott«, flüsterte sie unhörbar. Das Zeug verätzte selbst die Steine.
    »Alles in Ordnung, Elena. Es war nur der Schreck.« Zeig keine Schwäche!
    Elena ließ sich von ihm hochziehen und verdeckte die verfärbten Steine mit dem Fuß. Raphael faltete seine Flügel zusammen, und ihr wurden zwei Dinge bewusst: Zum einen hatten die Kratzwunden und die Schnitte an ihren Armen aufgehört zu bluten, zum anderen hatte Raphael den gesamten Kader mitgebracht. Neha kniete neben ihrer Tochter. Das Schwert hatte sie weit weg geschleudert, Blutsprenkel säumten die Spur. Auf ihrer dunklen Haut glänzte das Blut ihrer Tochter tiefrot, mit eisigem Blick wandte sie sich um: »Sie wird sterben.«
    Elena nahm nicht einen Moment lang an, dass sie Anoushka meinte.
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    Mit ausdrucksloser Stimme entgegnete Raphael: »Elena ist jedenfalls nicht für die Misshandlung eines Kindes verantwortlich.«
    Laut hörbar hielt jemand den Atem an, es war Michaela. Sie stand neben Raphael, lehnte sich jetzt aber weit zu Anoushka vor.
    »Lügen«, sagte Anoushka, die mit zunehmender Heilung ihres Körpers wieder atmen konnte. »Die Jägerin wollte sich mit dem Tod eines Engels einen Namen machen.«
    Sie konnte nichts dagegen tun, sie musste es einfach sagen: »Ich habe mitgeholfen, einen Erzengel zu töten. Ich habe es nicht mehr nötig, mich zu beweisen.«
    Neha erhob sich, sanft und schlängelnd wie die Pythonschlangen, die sie als Haustiere hielt. »Gib mir deinen Geist.«
    Auf einmal schwappte eine Woge aus salziger See über Elena hinweg, und Raphael hob seine mit Himmlischem Feuer gefüllte Hand. »Niemand rührt Elena an. Du solltest lieber Anoushkas Geist inspizieren.«
    Über ihnen waren undeutliche Bewegungen in der Luft zu spüren, und dann landete Aodhan direkt neben Elena. Der Engel war so mit Blut besudelt, dass seine diamanthellen Flügel die Farbe von Rost angenommen hatten. Doch das war es nicht, was den Ort mit eisigem Schweigen erfüllte. Im Arm hielt Aodhan einen Vampir. Dem Vampir fehlten alle Gliedmaßen. Aber er lebte noch.
    Elena versuchte ihr Entsetzen zu verbergen. Als sie das letzte Mal einen Vampir in einem solchen Zustand gesehen hatte, hatte es sich um das Opfer von Vampirhassern gehandelt, die ihn tagelang gefoltert hatten.
    »Sire.« Aodhan legte seine Last auf den Steinen ab. »Anoushkas Meisterwächter hat mich aufgehalten. In seinem Geist steckt die Wahrheit.«
    Anoushkas Gesichtsausdruck nach zu urteilen, bestand kein Zweifel an der Identität des Vampirs. Nur weil Elena die Prinzessin ganz aufmerksam ansah, erkannte sie einen Funken von Trauer und Abschiedsschmerz in ihren Augen. Anoushka empfand also tatsächlich etwas für diesen Vampir. Offenbar aber nicht genug, denn sie sprang auf die Beine, schnappte sich das Kukri und schleuderte es dem Vampir in den Hals.
    Raphael fing die Klinge im Flug, aus seiner Hand tropfte Blut auf die übel zugerichtete Brust des Vampirs. »Favashi, Titus, schnappt euch seinen Geist.«
    Der stille persische Engel schloss die Augen, der massige schwarze Erzengel tat es ihm gleich.
    »Schuldig«, sagte Favashi leise und schaute Neha dabei an. »Selbst wenn Astaad ihr vergeben sollte, dass sie seine Mätresse ermordet, Titus, dass sie eine Bewohnerin seines Landes getötet, und Raphael, dass sie einen seiner Männer gefoltert und versucht hat, seine Gefährtin zu töten, kannst du sie nicht retten.«
    »Sie hat unser oberstes Gesetz gebrochen.« Für einen Mann mit seiner Statur, dessen muskulöse Arme aus dem stahlgrauen Brustpanzer hervortraten, hatte Titus eine ungewöhnlich sanfte Stimme.
    »Kindesmisshandlung«, murmelte Astaad in einem geradezu schulmeisterlichen Ton und strich sich dabei mit zwei Fingern über sein gepflegtes Bärtchen, »ist vielleicht das letzte Tabu, was wir noch haben. Wenn wir diese Grenze auch noch überschreiten, dann werden wir untergehen in unserer

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