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Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Titel: Gilde der Jäger 02 - Engelszorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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stieg die Stufen zu ihr hinab, »ist eine einzigartige Schöpfung, eine Unsterbliche mit dem Herzen einer Sterblichen.« Die Menge teilte sich vor ihr … nur ein von Ehrfurcht ergriffenes Menschen-Vampir-Paar räumte den Weg nicht schnell genug. »Adrian.« Ein kaum hörbares Flüstern.
    Der wiedergeborene Mann – der, dessen Teint an die afrikanische Savanne erinnerte – riss der Frau das Herz heraus, schlug ihr fast gleichzeitig die Reißzähne in den Hals und zerfetzte ihr die Halsschlagader. Die Frau stand noch, als Adrian sich bereits die Kehle des Vampirs vornahm, den Unglückseligen mit bloßen Händen in Stücke riss, bis er nur noch ein Haufen rohes Fleisch war. Die tote Frau war neben ihm zusammengebrochen, Dampf stieg von den warmen Eingeweiden auf; einen Moment zögerte Adrian, als sei er versucht, sich das Blut von den Händen zu lecken, bevor er schließlich ein Taschentuch hervorholte und sich damit säuberte.
    Als sei nichts geschehen, ging Lijuan an dem niedergemetzelten Paar vorbei und blieb schließlich vor Elena stehen. »Manche würden sagen, dass dieses menschliche Herz eine Schwäche ist, die Raphaels Geschenk der Unsterblichkeit zunichtemacht.«
    »Lieber ein menschliches Herz als ein kaltes Herz, das gar nichts fühlt«, sagte Elena leise.
    Mit einem beinahe unheimlichen, mädchenhaften Lächeln antwortete Lijuan: »Schön gesagt, Elena. Schön gesagt.« Sie klatschte einmal kurz in die Hände, ein wortloser Befehl. »Um diesen Augenblick, diese Begegnung zwischen dem Neuen und dem Althergebrachten zu feiern, möchte ich dir ein Geschenk machen. Es ist so besonders, so einzigartig, dass ich es selbst vor meinem eigenen Hofstaat versteckt gehalten habe.«
    Noch immer brannte der Schmerz von Lijuans letztem Geschenk ihr in der Seele, aber Elena nahm allen Mut zusammen, wich keinen Millimeter, denn sie wusste, dass sie diese Prüfung bestehen musste – sonst würde sie bis an ihr Lebensende nur als Raphaels ehemals sterbliches Spielzeug gelten.
    »Philip.« Lijuan richtete ihren Blick auf den chinesischen Vampir mit dem herzzerreißend schönen Gesicht.
    Er verschwand daraufhin in der Menge.
    »Es dauert nur einen kleinen Moment.« Lijuan wandte sich Raphael zu. »Wie geht es Keir? Ich habe ihn schon seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen.«
    Es war ein Versuch, Konversation zu machen, aber er ging völlig daneben, denn Lijuan wollte eine Rolle spielen, die ihr nicht lag. Elena hörte zwar, dass Raphael ihr antwortete, aber ihre Augen waren auf die Stelle gerichtet, an der Philip verschwunden war. Mit dumpfen Schlägen hörte sie ihr Herz gegen die Brust hämmern, eine Schweißperle rann ihr den Rücken hinab.
    Mit jedem Herzschlag spürte sie das Böse näher kommen, bis sie es förmlich auf der Zunge schmecken konnte.
    Die süße Fäulnis, die den Wiedergeborenen anhaftete.
    Ein Gewürz, dessen Namen sie nicht kannte, ein Hauch von Ingwer, goldenem Sonnenlicht.
    Elena wusste, was ihr bevorstand, noch ehe Philip mit dem attraktiven Mann mit dem rotbraunen Haar zurückkehrte, dessen dunkelbraune Augen jede Frau um den Verstand gebracht hätten. Vor seiner Verwandlung war er ein Filmstar gewesen. Junge Mädchen hatten Poster von ihm in ihren Zimmern hängen gehabt, kichernd seinen Namen geflüstert.
    Er sah ihr in die Augen.
    »Komm, kleine Jägerin. Koste.«
    Heiseres Geflüster in ihrem Kopf, tausend Schreie zu einem einzigen vereint. Lijuan sagte etwas zu ihr, aber Elena hörte nur diesen Singsang, der sie nun schon seit zwei Jahrzehnten quälte.
    »Lauf, lauf weg.« Lachend äffte er Aris verzweifelten Versuch, ihr zu helfen, nach. »Sie wird nicht weglaufen. Siehst du, es gefällt ihr.«
    Ein Abgrund tat sich vor Elena auf, der sie zu verschlingen drohte. Das Monster lachte sie mit seinen Augen aus, ein widerwärtiges Vergnügen lag darin – als wären sie für alle Zeiten aneinandergekettet, als hätte er einen Anspruch auf sie. Ihre Beine zitterten, das Herz blieb ihr stehen, im Geist war sie wieder in der Küche ihres Elternhauses, kroch rückwärts auf den blutigen Fliesen, immer wieder rutschten ihr die Hände weg – für immer eine Gefangene. Kalt und nass war der Boden, aber Aris Augen …
    Regen peitschte in ihre Gedanken, rein und unverdorben, der Duft der tosenden See, der stürmischen Winde. Elena, ich bin bei dir.
    Mit einem Schlag wurde ihr klar, dass sie nicht allein in dieser Küche war. Nicht mehr. Beseelt von diesem Gedanken trat sie von dem Abgrund zurück, der sich

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