Gilde der Jäger 02 - Engelszorn
noch bevor sie die Finger um sein hartes Glied schließen konnte. »So schwach bin ich nun auch wieder nicht«, protestierte sie.
»Aber auch noch nicht kräftig genug.« Macht funkelte in seinen Augen. »Jedenfalls nicht für das, was mir vorschwebt.«
Sie erstarrte. »Und was ist das?«
Alles. Die See und der Wind. Rein und ungestüm … tief in ihrer Seele.
»Ich schenke dir mein Herz und mein Verlangen«, sagte sie; sie würde darum kämpfen, ihre Unabhängigkeit und Freiheit zu bewahren, um die Grundlage für eine Beziehung zu schaffen, die eine Ewigkeit währen sollte. »Aber meine Seele und mein Geist gehören mir allein. Das musst du akzeptieren.«
»Und wenn nicht?« Die unverfrorene Frage eines Wesens, das gewöhnt ist, immer alles zu bekommen.
»Das wirst du schon sehen.« Sie lehnte sich an das Geländer, ihr Körper schmerzte vor unerfüllter Lust. Sie begnügte sich damit, ihn anzusehen, die empfindliche Balance aus Schönheit und Grausamkeit, Vollkommenheit und Dunkelheit zu bewundern. Sein eigenes ungestilltes Verlangen ließ sein Gesicht hart aussehen, die Kieferknochen traten deutlich hervor. Aber er machte keine Anstalten, sie wieder zu küssen.
»Ich könnte dich allzu leicht verletzen.«
Ihr kam wieder in den Sinn, was er zuvor gesagt hatte, und seine Worte bildeten eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen. Doch sie wusste, dass er recht hatte, und so seufzte sie nur tief und sagte dann: »Ich möchte dich gerne etwas fragen.«
Geduldig wartete er – als hätte er alle Zeit der Welt und sie wäre die einzige Frau im Universum. Wie kam es nur dazu, dass sie, Elena Deveraux, eine gewöhnliche Jägerin, wenn man den Worten ihres Vaters glaubte, das Recht besaß, einem Erzengel Fragen zu stellen?
»Was weißt du über Lijuans Lieblinge?«
Abgesehen von einem kurzen Blinzeln ließ er sich seine Überraschung nicht anmerken. »Dürfte ich wissen, wie du zu dieser Frage kommst?«
Sie lächelte.
Nun änderte sich der Ausdruck in seinem Gesicht, und die Intensität, mit der er sie ansah, ging ihr durch Mark und Bein. »Wie ich bereits sagte« – seine Augen leuchteten stahlblau – »mit dir wird die Ewigkeit richtig spannend.«
In diesem Moment fiel ihr das Strahlen auf, das von seinen Flügeln ausging. Gerade hell und tödlich genug, um zu offenbaren, was er war: ein Unsterblicher, dessen Energiereservoir es mit einer ganzen Stadt aufnehmen konnte. Instinktiv spannten sich ihre Muskeln an, ihr ganzer Leib richtete sich auf Flucht aus, der Adrenalinstoß machte es schwer zu sprechen. »Du leuchtest.«
»Tue ich das?« Finger lösten ihren Zopf, kämmten durch ihr Haar. »Lijuans Lieblinge sind die Wiedergeborenen.«
Verblüfft über diese ehrliche Antwort, atmete sie tief ein, bis sich ihre Lungen sträubten – so bedrückend war allein Raphaels Anwesenheit, seine Macht. Sie wies ihn nicht darauf hin, denn ihr war sehr wohl bewusst, dass er sie damit nicht absichtlich einschüchtern wollte. Das war einfach sein Wesen. Und wenn sie mit einem Erzengel tanzen wollte, dann musste sie lernen, damit umzugehen. »Geht es dabei um Vampire?«
»Nein. Wenn Erzengel altern, gewinnen sie an Macht«, sagte er, langsam verblasste das Leuchten, obgleich die Augen immer noch ihren metallischen Glanz behielten, einen Glanz, den die Augen eines Menschen niemals besitzen würden.
»Wie deine mentalen Fähigkeiten«, murmelte sie, ihr Herz raste noch immer. »Und der Zauber.« Wenn bekannt würde, dass sich manche Erzengel unerkannt und ungesehen unter das Volk mischen konnten, wäre schnell ein Tumult ausgebrochen.
»Ja. Lijuan ist die Älteste von uns und hat dementsprechend auch die meisten Fähigkeiten.«
»Und nur sie kann diese Wiedergeborenen schaffen?«
Er nickte, und eine kohlrabenschwarze Haarsträhne fiel ihm über die Stirn.
Elena schob sie wieder zurück und verweilte mit der Hand noch ein wenig in seinem schweren, seidigen Haar. »Was sind das denn für Kreaturen?«
»Lijuan«, sagte er, und seine Stimme färbte sich nachtschwarz, »kann Tote auferstehen lassen.«
Ihr Herz setzte aus, als sie die Bestätigung für diese Ungeheuerlichkeit in seinen Augen fand und deren Abscheulichkeit zu begreifen suchte. »Du willst doch nicht sagen, dass sie Menschen wirklich wieder zum Leben erwecken kann, oder?«
»Leben würde ich das nicht nennen.« Er senkte den Kopf und presste seine Stirn an ihre.
Sie ließ die Hand in seinen Nacken gleiten und drückte ihn an sich, als er ihr Dinge erzählte,
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