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Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Titel: Gilde der Jäger 02 - Engelszorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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weiden. »Dahariel?« Diese kalten Augen, so kalt wie die des Raubvogels, dessen Flügelmuster er trug, hatten ihr seinen messerscharfen Verstand gezeigt, der alles rechtens fand, solange es nur von Erfolg gekrönt war.
    Ein kurzes Nicken. »Ebenso hält sich Nehas Tochter Anoushka schon seit Wochen hier auf.«
    Neha, die Königin der Gifte, der Schlangen.
    Mit Schaudern dachte Elena daran, wozu Nehas Nachwuchs wohl imstande sein würde, nahm dann eines von Jessamys Büchern zur Hand und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Gegenwart, der Schönheit ihrer Umgebung zu.
    Ohne den blau geflügelten Engel, der ausgestreckt neben ihr lag, hätte sie den verwunschenen Garten nie entdeckt.
    Wildblumen umgaben fröhlich blühend den Marmorpavillon, den sie sich als Ruhestätte ausgesucht hatten. Die Bauweise des Pavillons selbst war von schlichter Eleganz: vier Säulen trugen ein Dach aus Seide, das einem arabischen Prunkzelt nachempfunden war. »Es ist doch viel zu kalt hier für diese Blumen.« Sie berührte das kürbisfarbene Blütenblatt einer Pflanze, die ihre Beine streifte, als sie sie über den Rand baumeln ließ.
    »Die Blumen haben vor einem Monat ganz unerwartet angefangen zu blühen.« Illium zuckte mit den Schultern. »Wir finden sie ganz einfach schön – warum sich sinnlose Gedanken über ein Geschenk wie dieses machen?«
    »Ich weiß, was du meinst.« Sie öffnete ihr Buch, breitete ihre Flügel auf dem kühlen Marmor aus. Da ihre Muskulatur täglich kräftiger wurde, empfand sie ihre Flügel nicht mehr als Last, sondern als natürliche Erweiterung ihres Körpers. »Hier steht, dass die Erzengelkriege sich an Gebietsstreitigkeiten entzündet haben.«
    Illium, der sich lässig auf dem Boden ausgestreckt hatte, richtete sich jetzt auf, eine Locke hatte sich gelöst und fiel ihm über ein Auge. »Das ist die Fassung für unsere Kinder«, sagte er und strich sich das Haar zurück. »Die Wahrheit ist wie immer weitaus irdischer: Es hat alles mit einer Frau angefangen.«
    »Ach ja?« Sie machte keinerlei Anstrengung, ihre Skepsis zu verbergen.
    Schalkhaft lächelte er sie an. »Ich fliege jetzt eine Runde. Wenn du mich brauchst, ruf einfach.«
    Illium lief auf den Steilhang zu und schwang sich in einer silberblauen Woge anmutig in die Lüfte. Dann dachte sie stirnrunzelnd: Raphael.
    Im Bruchteil einer Sekunde erhielt sie Antwort. Ja, sagte er, es begann alles mit einer Frau.
    Beinahe hätte Elena das Papier in ihren Händen zerknüllt. Wie lange hörst du uns schon zu? Seit ihrem stillschweigenden Übereinkommen, das sie hoch oben über der Zufluchtsstätte getroffen hatten, hatte er ihr kein einziges Mal seinen Willen aufgezwungen, aber das hier – eine Verletzung ihrer Privatsphäre, ihrer geheimen Gedanken – war mindestens genauso schlimm. Vielleicht sogar noch schlimmer. Denn sie hatte sich ihm mit ihrem Schmerz anvertraut, hatte ihm Seiten gezeigt, die sie sonst streng verschlossen hielt.
    Wir sind eins, Elena.
    »Das sehe ich aber anders.« Wenn die Gedankenübertragung in beide Richtungen ging, hätte Elena das vielleicht noch akzeptieren können. Aber das tat sie nicht. Und Elena hatte viel zu schwer darum kämpfen müssen, die sein zu dürfen, die sie war, um jetzt alles aufzugeben. Sie holte tief Luft und drängte ihn mit aller Kraft aus ihrem Kopf.
    Elena, was machst du …
    Plötzliche Stille. Raphael?
    Nichts. Der frische Regenduft war verschwunden. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie ihn die ganze Zeit gerochen hatte. Sie hatte keine Kopfschmerzen, jedenfalls nicht sofort, aber nachdem sie sich eine Stunde lang mit Kriegen befasst hatte, war sie erschöpft. Sie hatte gelesen, dass Titus sich auf die Seite von Neha und Nadiel geschlagen hatte, während Charisemnon gemeinsam mit Antonicus gekämpft hatte. Lijuan war neutral geblieben. »Nadiel, Antonicus«, flüsterte sie, diese Namen hörte sie heute zum ersten Mal.
    Elena rieb sich die pochenden Schläfen und blätterte die Seite um. Das liebevoll, detailgetreu wiedergegebene Bild nahm ihr fast den Atem. Das Gesicht der Frau verkörperte die Reinheit schlechthin, ihre Augen waren von einem solch unglaublichen Blau, wie Elena es bislang erst einmal erblickt hatte, das Haar nachtschwarz … schwarz wie das Raphaels. »Caliane«, las sie. »Erzengel von Babylonien.«
    Ein stechender Schmerz schoss ihr in den Nacken, und sie wusste, dass es an der Zeit war, den Schild fallen zu lassen. Als Engel hätte sie ihn noch länger aufrechterhalten

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