Gilde der Jäger 02 - Engelszorn
Elena, wie das Brennen seiner Macht immer stärker wurde, bis schließlich ihr ganzer Körper davon durchdrungen war. Eine Mahnung, dass sie trotz ihrer Flügel im Vergleich zu diesem Erzengel sehr sterblich war.
Seine Energie umgab sie, drang in jede Pore ein, und seine Lippen verzehrten sie auf grausam-schöne Art. Dabei wollte er ihr nicht schaden, ihr nicht wehtun. Raphael küsste sie einfach wie ein Unsterblicher, küsste sie mit dem kalten Geschick eines Mannes, der im Verlauf der Jahrhunderte schon so viele Frauen geküsst hatte, dass er sich an ihre Gesichter nur noch verschwommen erinnern konnte. Unmissverständlich machte Raphael ihr deutlich, dass in seiner Brust ein grausames Herz schlug.
Ich habe keine Angst vor dir, dachte sie.
Du lügst, Gildenjägerin. Dein Herz rast wie das eines Hasen in der Falle.
Ich wäre ja auch dumm, wenn ich vor dir keine Angst hätte. Aber ich mache keinen Rückzieher, nur weil du heute ein wenig die Zähne fletschst.
Für einen winzigen Moment hörte er auf, sie zu küssen, und sie spürte, wie sich seine Mundwinkel nach oben zogen und seine Hand von ihrer Kehle zu ihrer Wange wanderte. Das weiße Glühen seiner Energie erlosch, und pure Sinnlichkeit trat an ihre Stelle. Nur du würdest es wagen, mir so etwas ins Gesicht zu sagen.
Elena löste sich von seinen Lippen und schnappte nach Luft, ihr ganzer Körper stand in Flammen. Das musste man ihm lassen, küssen konnte er unglaublich gut. »Wir müssen aufbrechen.«
Er nickte kurz, und eine schwarze Strähne fiel ihm in die Stirn, bevor der Wind sie wieder zurückblies. »Wo möchtest du anfangen?«
»Wie wäre es mit der Schule? Vielleicht hat er Sam und die anderen Kinder dort beobachtet, um sich für eines von ihnen zu entscheiden.«
Aus Raphaels Gesicht wich jeglicher Ausdruck, seine Augen leuchteten von innen heraus in einem tiefen Indigoblau, doch er hielt seine Macht im Zaum. »Ich fliege dich zum Schulgelände.«
Obwohl Elena bis in die frühen Morgenstunden suchte, als der Schnee dann in dicken Flocken vom Himmel fiel, fand sie nicht die geringste Spur von dem Vampir, der Sam an dem Ort brutal misshandelt hatte, der der sicherste aller Häfen sein sollte. Enttäuscht und verärgert betrat sie das Schlafzimmer und begann ihre nassen Sachen auszuziehen, ihre mit blauen Flecken übersäten Glieder waren steif gefroren.
»Lass mich das machen«, Raphael legte ihr die Hände auf die Schultern. »Deine Flügel schleifen ja am Boden.«
»Ich bin todmüde«, gab sie zu und ließ sich von ihm aus den Ärmeln herausschälen, ihr Oberteil öffnen und ausziehen. »Ich bin es gewöhnt, stärker als alle anderen in meiner Umgebung zu sein. Hier bin ich erbärmlich schwach.«
Er küsste sie auf die bloße Schulter, umfing ihren Bauch mit seinen warmen Händen. »Stärke hat viele Gesichter, Jägerin. Deine reicht tiefer, als du denkst.«
Vertrauensvoll lehnte sie sich an ihn, entspannte ihren Körper. »Das ist schön. Jemand, der für mich da ist, wenn ich müde und fertig bin.« Zwischen ihnen herrschte auf einmal eine große Vertrautheit, ein unverhofftes Geschenk, das Elena als großes Glück empfand.
Lange Zeit schwiegen sie. Dann küsste er sie nochmals auf die Schulter, seine Hände wurden unmerklich fordernder. »Ja.«
Ihm einzugestehen, dass sie sich mehr und mehr auf ihn verließ, war ein Wagnis gewesen – sie hatte sich als Frau auf keinen Mann mehr verlassen, seit ihr Vater sie auf die Straße gesetzt hatte –, doch Elena hatte nicht zu träumen gewagt, dass Raphael ihr Vertrauen mit dem seinen vergelten würde. Dankbar drückte sie seine Hand und neigte den Kopf zur Seite, bot ihm den bloßen Hals dar.
Raphael verstand den Wink und bedeckte ihn mit Küssen. »Dusche?«
»Badewanne.« Unmöglich konnte sie sich alleine aufrecht halten.
»Da schläfst du doch gleich ein.« Er presste seine Lippen auf ihre pochende Halsschlagader, die Nähe seines männlichen Körpers weckte ihre Lebensgeister wieder. Aber ich halte dich doch.
Und auf dieses Angebot folgte ein weiterer Kuss »Versprochen?«
»Versprochen.«
Mit entblößtem Oberkörper verharrte sie ganz still, fühlte ihn hinter sich stehen.
»So viele blaue Flecke.« Sanft fuhr er mit den Händen darüber, leiser Zorn stieg in ihm auf.
»Gewöhn dich lieber daran«, sagte sie lachend. »Ich scheine das Unglück förmlich anzuziehen.«
Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen glitten seine Hände zu ihrem Hosenknopf. »Wie bei unserer ersten
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