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Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition)

Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition)

Titel: Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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der Uniform der Wache mitsamt Waffen – wenn es auf Begabung und Können ankam, machte Neha keine Unterschiede.
    Alle sahen Jason an und erwarteten, ihm vorgestellt zu werden, doch Mahiya ignorierte die unausgesprochenen Fragen und setzte ihren Weg fort, war sie sich doch deutlich bewusst, dass ein Mann wie er sich nicht an die höfischen Spielregeln halten würde. Sie war froh, als sie den Durchgang hinter sich lassen konnten und den öffentlichen Thronsaal erreichten, der eigentlich ein großer, nach drei Seiten offener Steinpavillon war. Sechs Reihen von je sieben Säulen verliefen durch den Raum und trugen das geschwungene Dach und die darüber liegende große Terrasse.
    Zu ihren Bittstellern sprach Neha stets von einem erhöhten Thron aus, der bereits an seinem Platz stand, im Augenblick jedoch leer war. Mahiya wusste, dass hinter einer der Türen eine Treppe zur Terrasse hinaufführte, doch anstatt sich an den Wachmann zu wenden, der davor stand, trat sie ins Freie und flog hinauf. Ihre Flügel schmerzten von der Anstrengung des Senkrechtstarts, während Jason damit natürlich keine Probleme hatte und noch vor ihr auf der Terrasse landete.
    Ihr Instinkt hatte sich als richtig erwiesen – Neha stand ganz am Rand der Terrasse; hier war das ursprüngliche Holzgitter entfernt worden, um die Aussicht nicht zu behindern. Sie hielt ihren Blick auf die Berge gerichtet, die goldbraun und nur spärlich bewachsen im Licht des frühen Morgens vor ihnen lagen.
    »Morgen wird sein Scheiterhaufen brennen«, sagte sie, als Mahiya bei ihr anlangte. »Du wirst kein Weiß tragen. Niemand wird Weiß tragen.«
    Mahiya machte es nichts aus, nicht die Farbe der Trauer zu tragen – Eris war für sie noch weniger ein Vater gewesen als ein Kater für seine Jungen. Was Nehas Gründe dafür anging, kannte nur der Erzengel selbst die Wahrheit, aber Mahiya hatte sie neben Eris’ verstümmeltem Leichnam gesehen und ihr verzweifeltes Wehklagen gehört. Ganz gleich, was sie in ihrem Stolz vorzugeben versuchte – derselbe Stolz, der Eris drei Jahrhunderte als Gefangener eingebracht hatte – Neha trauerte.
    »Mylady«, sagte Mahiya und spürte in sich eine Anteilnahme, die sie nicht gewaltsam zerstören wollte. Dass sie noch immer fähig war, den Schmerz anderer Lebewesen zu spüren, war ein wichtiger Teil von ihr – gerade dann, wenn dieses Lebewesen der Erzengel war, der in ihr nichts als ewige Vergeltung sah. Mit grimmiger Entschlossenheit nährte sie diese Zartheit in ihrem Herzen, obwohl es einfacher gewesen wäre, sich einen undurchdringlichen Panzer aus Härte zuzulegen.
    Neha wandte sich Jason zu und beachtete Mahiya so wenig, wie andere ein Insekt beachtet haben würden. »Was hast du herausgefunden, Meisterspion?«

10
    »Eris’ Palast mag gut bewacht gewesen sein«, sagte Jason, »aber er war nicht unbezwingbar.«
    Neha verzog die Lippen zu einem humorlosen Lächeln. »Nur jemand, dem sein Leben nicht lieb ist, hätte gegen die Regeln verstoßen. Willst du mir damit sagen, es war mehr als einer?«
    »Noch kann ich gar nichts sagen.« Jason hielt Nehas Blick auf eine Weise stand, wie es in Mahiyas Beisein noch nie jemand am Hof gewagt hatte, nicht einmal die vertrautesten Berater des Erzengels.
    Ihr Magen zog sich zusammen, weil er ein solches Risiko einging. Obwohl er ein Fremder war und nichts getan hatte, um sich ihre Loyalität zu verdienen, stellte Mahiya fest, dass sie Jason nicht blutüberströmt vor sich liegend sehen wollte. Es würde diese schöne, wilde Kreatur entweihen, die niemals eingesperrt oder verletzt werden durfte.
    Neha jedoch lachte, und in ihrem Blick lag ein anerkennendes Funkeln. »Ihr Sieben seid alle so hochmütig.«
    Als Neha und Jason sich in Bewegung setzten, folgte Mahiya ihnen mit dem Gefühl, irgendetwas Wichtiges verpasst zu haben, doch sie kam nicht dahinter, was es war. Nehas fast vollkommen eisig weiße Schwingen standen zu Jasons schwarzen Flügeln in ebenso scharfem Kontrast wie zu dem schimmernden Korallenrot des einfachen, aber exquisit geschnittenen Gewandes, das der Erzengel trug.
    »Wie geht es Dmitri?«, fragte Neha jetzt, und in ihrer Stimme lauerte die Schärfe eines Skalpells.
    Jasons Antwort war unerwartet. »Haben Sie ihm noch immer nicht vergeben, dass er zu Raphael zurückgekehrt ist?«
    Neha lachte wieder, und die schimmernde Klinge in ihrem Ton wich der ersten wirklichen Erheiterung, die Mahiya seit Anoushkas Hinrichtung von ihr gehört hatte. »Ich fand, die beiden wilden

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