Gildenhaus Thendara - 7
das jemand anders widerfahren. Er sah doch, daß sie eine Entsagende war, und entsagt hatte sie unter anderem der Stellung, die ihr unter den Comyn zugestanden hätte.
„Ich habe dich einmal gesehen, als du noch ein Kind warst” Er berührte die federigen Enden ihres kurzen Haars. „Fast meine einzige Erinnerung daran ist, daß ich dachte, wie schön doch dein Haar sei, und bedauerte, daß die Entsagenden es opfern würden”
Verwirrt reagierte Jaelle mit einem Knicks, und zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich in der Amazonenkleidung unbeholfen.
„Aber wer sind all diese Leute, mein Kind, und wie bist du unter sie geraten?”
Danvan Hastur, der hinter Lorill stand, erklärte: „Das sind die terranischen Gesandten, die wegen des auf Armida-Land abgestürzten Flugzeugs gekommen sind, Vater!’
Jaelle schob Peter nach vorn und sagte schüchtern: „Dieser Mann ist mein Freipartner, Lord Hastur. Er ist in Caer Donn geboren und hat den größten Teil seines Lebens unter Darkovanern verbracht”
„Rohana hat von ihm erzählt”, erwiderte Lorill Hastur, „und ich erinnere mich, daß er zu den Leuten gehörte, die an der Vereinbarung über die Ausbildung von Entsagenden in terranischer medizinischer Technologie mitgearbeitet haben” Er nickte Peter höflich zu. „Rohana, wenn Ihr gern mit Eurer Pflegetochter sprechen möchtet, kann ich Euch eine Weile im Rat entbehren” Damit ging er weiter.
„Bitte, bleib.” Rohana faßte Jaelles Arm. „Es gibt so vieles, was wir zu bereden haben.”
Jaelle sah unschlüssig zu Peter auf. Er verbeugte sich. „Das ist sehr freundlich von Euch, Lady Rohana, aber meine Pflichten…”
„Bleiben Sie, wenn Sie möchten”, fiel Montray ein. Die große Tür vor ihnen schwang auf, Wind fauchte herein, und der Koordinator sprang zurück. Jaelle dachte bei sich, daß sie es hätte voraussehen müssen - warum hatte sie das der Jahreszeit überhaupt nicht entsprechende Wetter nicht gespürt? Das war der plötzliche Spätfrühlings-Schneesturm, der sich unmerklich vom Paß her näherte, bis er mit voller Wucht zuschlug und die Stadt innerhalb von Minuten und ohne Warnung unter einer weißen Decke begrub. Einmal war Jaelle sogar beim Mittsommerfest davon im Freien überrascht worden. „Zandrus Kuß”, sagte sie laut, dann setzte sie Montray zögernd
auseinander: „Ich fürchte, wir müssen hier um Gastfreundschaft bitten - bei diesem Wetter können wir nicht hinaus. Mein Lord Hastur… ” Er wandte sich zu ihr zurück und nickte. Zu einem der wartenden Kadetten sagte er: „Führt bitte die terranischen Würdenträger in die Gästezimmer”, und Monty dankte ihm mit untadeliger Höflichkeit. Russell Montray hatte genug Verstand, den Mund zu halten.
„Und du, Jaelle, und dein Freipartner”, sagte Rohana, „ihr seid natürlich heute nacht meine Gäste” Sie lächelte froh. „Ich wußte nicht, daß das Wetter meinen Wünschen so entgegenkommen würde!”
Doch als die Terraner sich in Richtung der Gäste-Suite entfernten, sah Peter ihnen unruhig nach, und als er und Jaelle in den luxuriösen Gästezimmern des Ardais-Teils der Comyn-Burg allein waren, gestand er: „Ich habe dabei ein ungutes Gefühl, Jaelle. Montray weiß nicht genug über das darkovanische Protokoll, und ich sollte bei ihm sein”
„Monty wird schon zurechtkommen”, redete Jaelle ihm zu, „und ich habe Tag für Tag mit Aleki gearbeitet; wenn er nicht genug weiß, um den alten Mann aus Schwierigkeiten herauszuhalten, ist er nicht so tüchtig, wie ich ihn eingeschätzt habe”
„Das ist es ja gerade!” regte Peter sich auf. „Du verstehst das alles überhaupt nicht, wie? Du hast es nie verstanden! Ich muß dort sein, Jaelle ich darf mich nicht irgendwo im Luxus suhlen, während ein anderer die Lorbeeren erntet! Ich will Montrays Posten, so einfach ist das, und wenn ich nicht anwesend bin, schnappt ihn mir dieser Neuling, dieser Sandro Li, vor der Nase weg, und wo bin ich dann? Draußen in der Kälte, gut genug für einen Feldagenten, aber nicht der Mann, der jemals für ein Amt in der obersten Verwaltung in Erwägung gezogen wird!”
Jaelle war einen Augenblick sprachlos vor Schock. Die Vorstellung, daß jemand intrigierte, um einen der lästigen administrativen Posten zu erhalten, eine Aufgabe der Art, wie sie den Comyn durch ihre Geburt und die unausweichlichen Pflichten des adligen Standes aufgezwungen wurden, erschreckte sie dermaßen, daß Peter ihr wie ein Fremder vorkam. „Dann mußt du
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