Gildenhaus Thendara - 7
Fäuste so fest geballt, daß sich die Fingernägel in die Handflächen bohrten. Welch ein Unsinn! Ließ sie sich von einer Mischung aus alten Alpträumen ängstigen? Peter würde sich so freuen, wenn sie es ihm erzählte! Sie stellte sich das Entzücken vor, das sich auf seinen Zügen ausbreitete, die Zärtlichkeit und der Stolz, die ihm aus den Augen leuchteten.
Stolz. Die Worte des Eides hallten in ihrem Kopf wider:… weder Fragen der Erbfolge noch sein Stolz oder sein Wunsch nach Nachkommenschaft… Ach, Quatsch. Peter war kein Comyn, auch wenn er Kyril so ähnlich sah, ihn interessierten Fragen der Erbfolge, ein so wichtiger Bestandteil im Leben der Comyn, überhaupt nicht. Ein weiterer Gedanke schlich sich ein: Auch Rohana wird sich freuen, daß ich mich entschieden habe, der AillardDomäne ein Kind zu gebären. Sie verjagte ihn ebenfalls. Nicht für Aillard. Nicht für Peter. Für mich selbst, weil wir einander lieben und dies die Bestätigung unserer Liebe ist! Für mich selbst, verdammt noch mal! Aber sie schob die Schublade schnell zu - und fast hatte sie ein schlechtes Gewissen dabei -, als sie Peters Schritt hörte.
„Jaelle? Liebes, ich dachte, du wolltest ins Gildenhaus gehen.. ” „Ich bin schon fast weg”, antwortete sie und versuchte, nicht schuldbewußt nach der Schublade hinzuschielen. Wäre er Telepath wie Kyril, würde er es wissen, ohne daß ich es ihm sagte, ja, ohne
die Perlen zu sehen. Sie hatte ihm das Gerät einmal erklärt, aber er hatte nie viel Aufmerksamkeit dafür gehabt, wenn er auch einräumte, so etwas auf dem Markt als Verkaufsartikel gesehen und sich gefragt zu haben, ob es sich um eine Art Abakus handele. Er hatte ihr gezeigt, wie man mit einem Abakus rechnet, und ihr erzählt, es sei die älteste terranische Spielart einer Rechenmaschine.
„Du willst doch sicher nicht in diesem Blizzard ausgehen, Jaelle…” „Du bist zu lange in der terranischen Zone gewesen, wenn du das bißchen Schneegestöber einen Blizzard nennst”, erwiderte sie fröhlich. Sie wollte sich hineinstürzen in die erfrischende Kälte, nicht hier in der verweichlichenden künstlichen Wärme der HQ-Gebäude herumlungern. „Laß mich mitkommen”, sagte Peter und griff nach Stiefeln und Jacke für draußen. Sie zögerte.
„Schatz, in Amazonenkleidung sollte ich nicht mit dir durch die Straßen gehen, und es wurde dich zudem häßlichen Bemerkungen aussetzen.. ” Auf seinen verständnislosen Blick hin setzte sie erläuternd hinzu: „Du bist noch in Uniform!’
„Ach so. Das. Ich kann mich umziehen”, bot er an. Jaelle schüttelte den Kopf.
„Mir wäre es lieber, du tätest es nicht. Sei nicht böse, Peter, ich möchte gern allein gehen. Wenn ich in der Gesellschaft eines Terraners - oder überhaupt eines Mannes - ins Gildenhaus komme, gibt es Gerede, das mir meine Aufgabe erschweren wird”
Er seufzte. „Wie du willst” Er zog sie an sich und küßte sie. Der Kuß wurde zur Aufforderung.
„Möchtest du nicht lieber hierbleiben, wo es warm und gemütlich ist?” Es war eine Versuchung. Hatte sie schon die terranische Gewohnheit angenommen, nach der Uhr zu lieben, ohne Raum für emotionale Spontaneität? Entschlossen löste sie sich aus seinen Armen.
„Ich bin im Dienst, Liebling. Ich muß gehen. Du erinnerst mich so oft daran, daß Montray dein Vorgesetzter ist. Meine Vorgesetzte ist Cholayna” Er gab sie fast zu schnell frei. „Bist du vor dem Dunkelwerden zurück?” „Vielleicht verbringe ich die Nacht im Gildenhaus”, antwortete sie. „Was wir zu besprechen haben, läßt sich nicht in einer Stunde erledigen” Er sah so niedergeschlagen aus, daß sie lachen mußte. „Piedro, Schatz, es bedeutet nicht das Ende der Welt, wenn wir eine einzige Nacht getrennt schlafen”
„Das wohl nicht”, knurrte er. „Aber du wirst mir fehlen”
Das machte sie weich. „Du mir auch”, flüsterte sie an seinem Hals und schmiegte sich von neuem an ihn. „Es wird jedoch Zeiten geben, wenn du draußen im Feld bist und ich allein schlafen muß. Vielleicht ist es ganz gut, wenn wir uns schon einmal daran gewöhnen”
Der verletzte Ausdruck in seinen Augen verfolgte sie die Treppe hinunter, hinaus ins Freie, vorbei an den Wachtposten der Raumpolizei, die das HQ von der Handelsstadt trennten. Jaelle fühlte die willkommene Kälte des Schnees auf ihren Wangen und wünschte, sie hätte der Trennung mit ihrer guten Nachricht den Stachel genommen.
Nun, sie konnte es ihm immer noch sagen.
Würde man sie
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