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Gildenhaus Thendara

Gildenhaus Thendara

Titel: Gildenhaus Thendara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Augenblick zubewegt hatten.
Ich habe meinen Eid nicht gebrochen, Camilla hat mich davon befreit. Aber ihr war klar, daß sie andernfalls ihren Eid bedenkenlos gebrochen und von sich geworfen hätte, als sei er ein Paar alte Schuhe, die ihr zu klein geworden waren und aus denen sie hinausgewachsen war.
Camilla weiß es nicht, aber ich bin nicht mehr an die Gilde gebunden, ebenso wie ich keine Terranerin mehr bin. Aus all dem bin ich hinausgewachsen. Ich weiß nicht, was ich jetzt bin. Vielleicht, wenn ich Jaelle finde, wenn ich sie einhole, wird sie es mir zeigen.
Sie war Terranerin. Sie war eine Entsagende. Sie war Darkovanerin. Sie war eine Liebhaberin von Frauen geworden. Sie war eine Leronis, denn zweifellos war es Laran, gegen das sie den ganzen Tag angekämpft hatte. Und jetzt mußte sie es benutzen, um Jaelle auf ihrem Weg zu folgen. Aber sie war nicht mehr einfach eins von diesen Dingen. Ihr Leben lang hatte sie geglaubt, sie müsse sich entscheiden, ob sie Terranerin oder Darkovanerin sein wolle, Magda oder Margali, Agentin des Nachrichtendienstes oder Entsagende, Liebhaberin von Männern oder von Frauen, kopfblind oder Leronis. Und jetzt wußte sie, daß sie sich nicht als das eine oder das andere bezeichnen konnte, sie wußte, daß sie alles war und daß das Ganze mehr war als die Summe seiner Teile.
Ich weiß nicht, wer oder was ich bin. Ich weiß nur, daß ich tue, was ich tun muß, nicht mehr und nicht weniger. Sie ritt aus dem Stadttor hinaus, ohne zurückzublicken.

4. Kapitel
    Jaelle lief den langen Korridor entlang, der aus den Quartieren für das verheiratete Personal führte. Sie erinnerte sich nicht einmal mehr, warum ihr vor Betrunkenheit so grauste. Sie wußte nur, daß Peter ihr in diesem Augenblick widerwärtig war. Nun, sie brauchte nicht zurückzukehren, ausgenommen ein einziges Mal, und da würde sie es kurz machen. War ihre Ehe erst offiziell aufgelöst - und aufgelöst werden mußte sie, denn sie lag jetzt so weit in ihrer Vergangenheit zurück wie das Große Haus Jalaks von Shainsa -, würde man ihr sicher erlauben, daß sie ebenso wie die Entsagenden, die in der Medizinischen Abteilung arbeiten würden, außerhalb des HQ wohnte. Und wenn man darauf bestand, daß sie in jeder Beziehung Magdas Platz ausfüllte - als ob sie das könnte, als ob irgendwer jemals ein genaues Gegenstück für einen anderen sein könnte, es war Wahnsinn gewesen, ihr das vorzuschlagen -, dann mußte man ihr eine Wohnung im Quartier für unverheiratetes Personal zugestehen. Schließlich hatte Magda auch eine gehabt.
In dem Stockwerk angekommen, wo sich die Haupt-Cafeteria befand, sagte sie sich, daß sie etwas essen müßte. Hier gab es Speisen, die sie hinunterbrachte, und später würde sie nichts anderes mehr bekommen als die faden synthetischen Nahrungsmittel der kleinen Cafeteria oben in der Kommunikationsabteilung. Jaelle erinnerte sich, daß Marisela den schwangeren Frauen im Gildenhaus gesagt hatte, sie müßten essen, ob ihnen danach zumute sei oder nicht… Sie seien nicht länger Herren ihres eigenen Geschicks, sie hätten den Entschluß gefaßt, ein Kind zur Welt zu bringen, und so seien sie ein Jahr lang verpflichtet, das Wohlergehen des Kindes vor ihr eigenes zu stellen.
Also bin ich nichts Besseres mehr als irgendeine von Jalaks Konkubinen, eine Zuchtstute, die die nächste Generation hervorzubringen hat. Nichts Besseres als Rohana, trotz all meiner kühnen Reden
    über persönliche Freiheit. Im Geist hörte sie Kindra sagen, eine Frau könne sich nicht von allgemeingültigen Emotionen lösen, indem sie Amazone werde. Aber sie wies den Gedanken mit bösartiger Selbstverachtung zurück. Jetzt muß ich also in diese ekelerregende Cafeteria gehen und meinen widerwärtigen Körper mit Nahrung vollstopfen, gegen die er revoltiert, nur weil mein elendes Kind, Peters Kind, das ich gar nicht haben wollte, gefüttert werden will… Kalt entpersönlichte sie das Ungeborene als „das Kind”; sie sah in ihm nicht die Tochter, die sie gebären würde, wie Rohana ihr gesagt hatte… Soll es ruhig schreien. Mach schon, schrei, Baby, im Augenblick wird dir niemand etwas geben. Entschlossen kehrte sie den Gerüchen der Cafeteria, bei denen sich ihr der Magen umdrehte, den Rücken und hatte dabei das Gefühl, wenigstens einen Tag lang wieder selbst über sich bestimmen zu dürfen.
Oben im Kommunikationsbüro - denn, es war zum Verrücktwerden, die langsame HQ-Verwaltung hatte dem Personal des Nachrichtendienstes

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