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Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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der Erde gibt ...
    (Platon , Kritias)
     
    Auf dem Mauna Kea war inzwischen das letzte Notbett belegt. Die Luft war ohnehin dünn und jeder, der zum Team Rettet-die-Welt gehörte, hatte den Eindruck, dass sie durch die vielen atmenden Menschen noch dünner wurde. Dabei war noch keinem der Wissenschaftler klar, welche Auswirkung eine Kollision des Schwarzen Loches, dessen Masse ungefähr der Erde entsprach und dessen Durchmesser damit bei knapp zwei Zentimetern lag, mit der Erde oder dem Mond hätte. Es war noch nicht einmal sicher, ob eine Kollision stattfände an diesem einundzwanzigsten Dezember.
    Sollte das Schlimmste eintreffen, so würde von der Erde wahrscheinlich wenig übrig bleiben, über das sich nachzudenken lohnte. Das Schwarze Loch könnte in sicherem Abstand vorbeirauschen und mit seinen mitgeschleppten Asteroiden aus dem Kuipergürtel im All verschwinden. Ein Durchflug der gigantischen Masse zwischen Erde und Mond hätte Auswirkungen zur Folge, die die Menschheit vielleicht kurze Zeit überleben konnte.
    Das Chaos, das darauf folgen würde, wäre allerdings unbeschreiblich. Vermutlich gäbe es einen Gezeiteneffekt auf die Meere, die mit einer apokalyptischen Springflut sämtliche Landmassen in Salzwassersümpfe verwandelten.
    Wenn das Schwarze Loch gnädig wäre, würde es im Bruchteil einer Sekunde die gesamte Atmosphäre absaugen und sie alle sofort töten. Eine Änderung der Mondbahn wäre sehr viel grausamer. Die wenigsten Menschen wussten, dass die Entwicklung des Lebens auf der Erde alleine dem guten alten Mond zu verdanken war, der vermutlich kurz nach der Entstehung des Sonnensystems durch eine gigantische Kollision aus der Erde herausgerissen wurde. Er stabilisierte die Erdrotation auf der Ekliptik und ermöglichte damit die konstante Abfolge der Jahreszeiten und Vegetationsperioden. Nur dadurch entstand die grüne Biomasse, die die heiße Kohlendioxidatmosphäre in ein kühles Sauerstoffzelt umwandelte, und die zudem zum ersten, unverzichtbaren Glied der Nahrungskette wurde.
    Auch bei kleinen Änderungen der Mondbahn konnte die Erdachse vollkommen außer Kontrolle geraten und weder Pflanzen, Tiere noch Menschen hätten die geringste Chance, sich der daraus resultierenden Klimakatastrophe anzupassen.
    Das Unschöne an diesem gesamten Projekt Rettet-die-Welt war, dass niemand die Welt retten konnte. Es ging lediglich um ein Beobachten und Abwarten gepaart mit sinnlosem Aktivismus.
    Auch Steve hatte Angst, doch dieses riesige Aufgebot an Material und Wissenschaftlern aus allen Teilen der Welt erschien ihm so absurd wie die Überlegungen einer Ameise, sich vor einen rasenden Elefanten zu werfen, damit er nicht ihren Ameisenhaufen zertrampelte.
    Ein seltsames Pärchen aus Deutschland war gerade eingetroffen. Es handelte sich um einen Geophysiker namens Lauterbach und einen Ornithologen, dessen Anwesenheit sich Steve beim besten Willen nicht erklären konnte. Andrerseits würde der Weltuntergang die Vögel ebenso betreffen, und wenn sie einen Vertreter entsandten, um ihre Interessen zu wahren, so konnte man es ihnen nicht verübeln.
    Steve lächelte in sich hinein, was ihm einen angenehmen Augenblick der Entspannung verschaffte. Die Lage war Ernst genug.
    Man hatte sich inzwischen darauf geeinigt, dass die anfangs beobachtete Strahlung zu einem oder mehreren Minilöchern gehörte, die das eigentliche UMO rasend schnell umkreisten und aufgrund der verhältnismäßig kleineren Masse zerstrahlten. Das UMO selbst war zu massereich, um Wellen und Teilchen ins All zu schleudern, die auf dem Mauna Kea detektierbar gewesen wären.
    Ein sehr vager, möglicher Ausweg aus dem Schlamassel wäre, dass eines der Minilöcher die tausend Tonnen Schwelle unterschreiten könnte und durch die gewaltige Explosion das UMO ausreichend ablenkte.
    Nun denn. Sein Kopf rauchte inzwischen von den vielen Zahlen und Spekulationen, die nahezu über vierundzwanzig Stunden des Tages in diesem aufgeregten Ameisenhaufen der Topwissenschaftler auf ihn hereinprasselten. Er gähnte herzhaft, zog sich in sein unaufgeräumtes Zimmer zurück, stopfte sich zwei Stöpsel in die Ohren, die den Lärm um ihn herum in ein entferntes Summen verwandelten, und schlief auf seiner zerwühlten Liege, die ihm als Bett diente, fast unverzüglich ein.

31.
     
    Klara hatte ihren Plan in die Tat umgesetzt. Sie hatte sich aus Tante Friedas festem Griff auf dem Weg zum Spielplatz befreit und war so schnell gelaufen, wie sie konnte. Tante Frieda hatte sie

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