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Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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Moment die Konsequenz daraus verdrängt.
    Carolin sah die Panik in seinem Gesicht und verstand schlagartig, was sie da sah.
    „Wo ist sie?“, schrie sie ihn zornig an.
    „Ich weiß es nicht“, erwiderte er so leise, dass sie ihn kaum hören konnte.
    In seinem Gesicht standen Verzweiflung und eine Erschöpfung, die ihn in diesem Augenblick um Jahre altern ließ. Mit einem Mal tat es ihr leid, dass sie ihn angeschrien hatte.
    Sie wollte sich aber nicht beherrschen. Auch sie war verzweifelt und musste den angestauten Gefühlen endlich Luft machen. Sie trommelte mit ihren Fäusten gegen seine Brust und schrie ihm ins Gesicht:
    „Ihr verdammten Bullen. Sagt mir, wo sie ist…!“
    Ihre Wut ging in ein hemmungsloses Schluchzen über und Sven schloss sie in seine Arme.
    Der Beamte vor den Monitoren schaute beschämt zu Boden. Auch er war auf den Trick der Saturnbrüder hereingefallen. Er verließ leise den Raum und schloss die Türe hinter sich. Carolin legte ihren Kopf unter Svens Hals und spürte seine Tränen, die auf ihr Haar fielen. Es war ihm peinlich, und er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
    Sven hatte sich wieder gefasst. Er hielt sie auf Armeslänge vor sich und schaute ihr in die Augen.
    „Jetzt ist mir auch eingefallen, warum mir der Verdacht kam, dass das Mädchen nicht Klara ist. Sie hat das Kindermädchen nach der Uhrzeit gefragt. Klara hätte die Uhrzeit auf der großen Standuhr im Raum selbst abgelesen. Du hast mir erklärt, dass sie das bereits sehr gut kann“.
    Carolin hatte sich gefasst und erwiderte leise:
    „Sie hat mit drei Jahren eine Kinderarmbanduhr von Christopher bekommen. Klara war nicht zu bremsen. Sie hat uns monatelang alle paar Minuten nach der Uhrzeit gefragt und sich die Stellungen der Zeiger eingeprägt“.
    Carolin lächelte bei dem Gedanken an ihre kleine Tochter.
    „Die Communitas Saturni hat uns alle getäuscht. Auf dem Mitschnitt, den Du bei Deiner Mutter vom Gespräch mit dem Entführer gemacht hattest, waren Hintergrundgeräusche, die nicht zum Haus auf dem Österberg passten. Man musste nur eins und eins zusammenzählen. Wie konnte ich so dumm sein. Ich habe sie unterschätzt.
    Dennoch ändert sich für Klara nichts. Sie wird von diesen Leuten an einem anderen Ort versteckt gehalten, und es geht ihr gut. Ich verspreche Dir, dass ich es herausbekomme, und wenn ich einen von ihnen hier unten foltern muss“.
    Er blickte sie grimmig an.
    „Komm, ich bringe Dich zurück. Ich habe mit Christopher ein langes Gespräch geführt“.
    Er machte eine Pause, um die richtigen Worte zu finden, für das, was er ihr sagen wollte.
    „Du weißt, dass ich Dich liebe“, er schaute ihr in die Augen, „und ich würde mir nichts mehr wünschen, als den Rest meines Lebens mit Dir zu verbringen“.
    Seine Augen füllten sich mit Tränen und er schluckte. Dann hatte er sich wieder unter Kontrolle.
    „Christopher ist ein anständiger Kerl, und er ist Dein Mann“.
    Carolin schaute ihn skeptisch an.
    „Er ist ein anderer Mensch geworden. Vielleicht hat er erst durch diese Krise erkannt, was er an Dir und den Kindern hat. Ich kannte ihn als kühlen, distanzierten Kopfmenschen, doch das ist er nicht mehr“.
    Er rang um die richtigen Worte, dann fuhr er leise fort:
    „Ich hatte vor vielen Jahren meine Chance und habe sie verpasst. Ich war ein Dummkopf. Ich hätte um Dich kämpfen sollen. Du weißt so gut wie ich, dass wir die Zeit nicht zurückdrehen können. Wir haben ein paar sehr schöne Erinnerungen. Lass sie uns im Guten bewahren“.
    Carolin sah ihn schweigend an. Dann umarmte sie ihn und gab ihm einen langen Kuss auf den Mund. Er erwiderte ihre Zärtlichkeit, doch beide wussten in diesem Moment, dass es ein Abschied war, ein Abschied von einem Traum. Er würde sich nie erfüllen, weil es keine Zukunft für sie geben konnte.
    Er hatte einen Beruf gewählt, mit dem ein normales Familienleben nicht zu vereinbaren war, und sie hatte eine Familie mit vier Kindern, die seine Liebe zu ihr zerstören musste.
    Sie standen noch einen Moment lang eng umschlungen da. Dann verließen sie schweigend den Raum, und er fuhr sie zurück zum Haus ihrer Mutter.
    „Willst Du nicht in Euer Haus nach Calw zurückkehren?“, fragte er und bot ihr an, beim Umzug behilflich zu sein.
    „Lass mir ein wenig Zeit. Ich rufe Dich an, wenn ich so weit bin“.
    Die Tränen standen ihr in den Augen und Sven nickte mit einem traurigen Lächeln, ohne sie noch einmal zu berühren. Carolin winkte noch so lange,

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