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Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Titel: Gillian Shields - Der Zauber der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Band 3
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verzeihen. Aber da waren auch die geheimen Mitglieder des Hexenzirkels, die rundliche Geografielehrerin Miss Dalrymple zum Beispiel, die unseren Treffpunkt nur zu gerne kennen würden.
    »Wir sollten uns jetzt entscheiden«, sagte ich. »Helen könnte noch ein letztes Mal versuchen, durch die Tür zu kommen, um das Buch zu holen, was meint ihr? Dann wüssten wir wenigstens, ob dort etwas über die Bedeutung des Zeichens auf ihrem Arm steht.«
    »Einverstanden«, sagte Helen.
    »Und du, Evie?«, fragte ich. »Was meinst du?«
    »Wenn es sein muss«, presste sie heraus und dann, etwas überzeugter: »Ja, lasst es uns versuchen.«
    »Wir sollten den Kreis bilden«, schlug ich vor, »das bündelt unsere Kräfte.«
    Ich beugte mich nach unten und zeichnete mit dem Finger einen Kreis auf den staubigen Boden. Dann richtete ich mich wieder auf und flüsterte: »Allmächtiger Schöpfer, wir zeichnen diesen Kreis, rund und unbeschädigt wie die von dir geweihte Erde. Gott, beschütze uns. Dieser Kreis sei ein heiliger Ort, wir suchen nichts als die Wahrheit.«
    Wir traten in den Kreis und fassten uns an den Händen.
    »Wir sind Schwestern des Mystischen Weges«, sagte Helen, »wir stellen unsere Gaben in den Dienst des Lichts.«
    Im Chor sangen wir den vertrauten Text: »Die Luft unseres Atems, das Wasser unserer Adern, die Erde unseres Körpers, das Feuer unserer Begierden …« Als der Gesang in unseren Ohren verklungen war, tauchten wir tief in unser Inneres hinein, dort, wo alle Geheimnisse verborgen sind. Dann setzte Evie die Beschwörung fort und sprach: »Wasser … Feuer … Erde … Luft … wir bitten die Mystischen Elemente, durch uns zu wirken, zum Wohle aller.«
    Als die Beschwörungsformel gesprochen war, schloss Helen die Augen, murmelte geheimnisvolle Worte und wiegte sich dabei sanft hin und her. Die Luft auf dem stickigen Dachboden begann zu zirkulieren, und Helens Haare umspielten ihr Gesicht. Sie schien zu brennen, ein silbernes Licht hüllte sie ein, so gleißend hell, dass es in meinen Augen schmerzte. Im nächsten Moment war sie verschwunden. Evie umklammerte meine Hand und flüsterte: »Oh Sarah, ich hoffe, dass ihr nichts passiert.«
    Ich konzentrierte mich auf jedes noch so kleine Geräusch. Ich glaubte zu hören, dass Helen durch die Tür ins Zimmer gelangt war und von innen den Riegel zurückschob, um uns hineinzulassen. Aber war das nicht nur Einbildung? Die Stille war schier unerträglich. Was, wenn etwas schief ging? Meine Gedanken rasten. Ich hatte keine Ahnung, wie Helens Gabe genau funktionierte. Als sich Helen eines Tages in Luft aufgelöst hatte und irgendwo anders wieder aufgetaucht war, hatten wir es einfach hingenommen. Es war nur ein Wunder unter vielen, die uns auf dem Mystischen Weg begegnet waren. Aber jetzt war ich beunruhigt. Was war passiert? Was, wenn sie im Niemandsland steckengeblieben war? Was, wenn Mrs Hartles Geist in diesen geheimen Ort eindringen und Helen hypnotisieren könnte? Ich starrte auf die kreisrunde Linie im Staub und sagte immer wieder: »Beschütze sie, beschütze sie, beschütze sie …«
    Die Zeit verstrich, es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Dann stürzte uns Helen entgegen, sie hustete und rang nach Luft. Auf ihrem Gesicht waren Blutspritzer, über ihrem Auge klaffte eine Wunde. »Ich konnte … ich konnte den Weg nicht finden. Da war plötzlich ein Widerstand …« Wir warteten, bis sie wieder zu Atem gekommen war. »Ich ging von vorne in den Windtunnel hinein, wie immer, aber ich konnte ihn nicht kontrollieren und stürzte am anderen Ende wieder heraus, weit oben auf den Hügeln, bei den gewaltigen Felsen am Blackdown Ridge.«
    »Du blutest!«
    »Ach, das. Ich bin gegen einen der Felsen geprallt.«
    »Aber wie bist du bis zum Blackdown Ridge gekommen?«, fragte Evie ängstlich.
    »Jemand hat mich dorthin gelenkt«, Helens Stimme klang wie betäubt, »und dann wurde ich wieder hierher zurückgeschleudert.«
    »Hier bist du in Sicherheit«, sagte ich betont ruhig.
    »In Sicherheit?« Helens gelb-grüne Augen wirkten im Dämmerlicht irgendwie sonderbar. »Ich habe dort draußen in den Moors etwas gehört. Es klang wie … ich weiß auch nicht, wie Stimmen aus weiter Ferne. Und dann …«
    »Was dann?«
    »Dann rief jemand meinen Namen.« Helens Kopf sank nach unten. »Vielleicht habe ich es mir auch nur eingebildet. Man hält mich ja ohnehin für verrückt. Es tut mir leid, aber ich kann die Tür nicht öffnen.«
    »Habt ihr noch andere Ideen?«, fragte ich.

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