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Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Titel: Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das heilige Feuer
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Korridors schienen um mich herumzuwirbeln, und das Licht der Lampen zersplitterte in hundert Farben …
    Ich stolperte weiter und öffnete die Tür zum Schlafsaal. Das offene Fenster knallte immer wieder gegen die Wand, und die dünnen Vorhänge um die Betten herum flatterten wie Segel im eisigen Wind. Ich schloss das Fenster, dann kniete ich mich auf die Bank und ließ den Blick über die gefrorenen Hügel schweifen. Die Sonne stand bereits tief und rot am klaren Winterhimmel, und der Schnee war karmesinrot gefärbt, als würde die ganze Welt in Flammen stehen.
    »Ist das nicht wunderschön, Evie?«, fragte jemand hinter mir.

    Ich drehte mich um, und da war er, ein Engel in den Schatten, mit seinen langen dunklen Haaren und den tiefblauen Augen und dem Lächeln, das nur mir galt.
    »Sebastian!«
    Ich flog durch den Raum in seine ausgebreiteten Arme. Er fing mich auf, drückte mich an sich, und ich wusste, dass der Alptraum endlich vorüber war.
    Wir klammerten uns aneinander; dann löste ich mich, zwischen Weinen und Lachen hin- und hergerissen.
    »Ich wusste nicht, wo du warst. Oh, Sebastian, ich habe mich so danach gesehnt, dich zu sehen. Wo warst du?« Hundert andere Fragen schossen mir durch den Kopf, wirbelten umeinander, aber ich konnte nicht aufhören zu lächeln, denn ich war glücklicher als jemals zuvor in meinem ganzen Leben.
    »Da ist etwas, das du wissen solltest«, sagte Sebastian ruhig, und der Blick in seinen Augen machte mir Angst. Jetzt sah ich, wie krank er aussah, und wie locker und zerknittert seine Kleidung um seine schlanke Gestalt hing.
    »Sebastian, was stimmt nicht?«
    »Mir läuft die Zeit davon.«
    Also war dies doch nicht das Wunder, das ich erhofft hatte. Die Kirchenglocke begann zu läuten, und das Echo hallte wie verrückt durchs Zimmer. Zeit . . . Zeit . . . keine Zeit mehr . . . Die Wände schienen zu beben. Ich griff nach Sebastians Hand, und er zog mich sanft an sich.
    »Evie, ich bin schon so lange krank und erschöpft, aber ich musste dich finden. Ich muss dir etwas sagen.«
    »Was denn?«, fragte ich, voller Angst vor seiner Antwort.
    »Dass du das hübscheste Mädchen bist, das ich jemals
gesehen habe.« Er lächelte, und mein Herz machte einen Sprung, aber die Uhr schlug und rief Sebastian von weither. Trotzdem konnte ich nicht traurig sein, nicht jetzt, noch nicht. Ich würde später traurig sein, wenn die Uhr nicht mehr schlug. Aber jetzt, in diesem Augenblick, war Sebastian da, neben mir, und ich konnte die süße Wärme seines Körpers riechen, während er sich nach vorn beugte, um mich zu küssen …
    Es gab einen Knall, dann klopfte es an der Tür, und Miss Scratton trat ein. Sie trug ein langes, schwarzes Gewand und streckte eine Hand aus. »Deine Halskette, Evie, gib mir deine Halskette«, sagte sie kalt.
    Die Lichter wirbelten wieder, und ich spürte, wie Sebastian meinen Armen entglitt. »Nein«, rief ich. »Nein, nein, nein!«
    »Der Anhänger, Evie«, rief er. »Ich muss es dir sagen … verstecke ihn. Sie dürfen ihn nicht sehen … sie kommen.«
    Er schien sich im roten Glühen der untergehenden Sonne aufzulösen, und alles, was ich hören konnte, war Miss Scrattons schroffe Stimme: »Deine Kette … deine Kette … deine Kette …«
    Ich wachte auf und merkte, wie ich leise vor mich hin schluchzte. »Nein, nein, nein!« Das Geräusch der Kirchenuhr trieb klar und hell durch das eisige Tal. Drei … Vier … Fünf … Sechs …
    Ein weiterer Tag ohne Sebastian dämmerte heran. Ich setzte mich auf, dann schleppte ich mich aus dem Schlafzimmer den Korridor entlang ins Bad. Kaum hatte ich die Tür von einer der Kabinen aufgerissen, erbrach ich mich auch schon heftig ins Waschbecken. In meinen
Träumen mit Sebastian zusammen zu sein, ihn zu hören, zu berühren und zu halten und dann in die leere Welt unserer richtigen Wirklichkeit zurückgestoßen zu werden, war mehr, als ich ertragen konnte. Mir war wieder übel, doch der Schmerz in meinen Eingeweiden war nichts im Vergleich zu dem in meinem Herzen. Sebastian war irgendwo da draußen, verschwand mehr und mehr von dieser Welt und versank im Abgrund, und ich hatte immer noch nicht herausgefunden, wie ich es aufhalten konnte.
    Ich wusch mich mit kaltem Wasser und versuchte, meinen Körper und meinen Geist zu erfrischen. Wasser, mein wunderschönes, durchscheinendes Element: so schnell wie Feuer, so sanft wie Luft, so gewichtig wie Erde …
    Versteck den Talisman, hatte Sebastian gesagt. War wirklich er es gewesen,

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