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Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Titel: Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das heilige Feuer
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ewig warten.
    Ich musste weitergehen.
    Augen beobachteten mich in der Dunkelheit, irgendjemand hinter mir folgte mir durch die Moors … Ich begann zu laufen, stolperte weiter und weiter, bis mein Atem sich in meiner Lunge in Messer verwandelt hatte und meine Beine zitterten. Ich raste weiter und weiter, bis ich die stattlichen Bäume sah, die die Hall umgaben. Ich hatte es geschafft; endlich war ich angekommen. Ich ging an dem granitenen Denkmal vorbei, das man Sebastian hinterlassen hatte und das halb in den Hügeln oberhalb seines Zuhauses verborgen war. Ich blieb nicht stehen, um einen Blick darauf zu werfen. Ich wollte die Worte nicht noch einmal lesen: In Erinnerung an einen geliebten Sohn ... Gott möge seiner Seele Ruhe schenken .
    Kurz blieb ich stehen, um die kalte Luft ein paarmal tief einzuatmen, und versuchte, mich zu beruhigen. Dann
zwang ich mich, einen Blick hinter mich zu werfen. Nein, da war sonst niemand. Ich war allein, bereit, diese letzte Aufgabe auf mich zu nehmen. Eine niedrige Mauer trennte das Gelände von den umgebenden Hängen. Es war leicht, über sie zu klettern, dann den See zu umrunden und den rückwärtigen Teil des Hauses zu erreichen, wo einst die alten Küchen und Arbeitszimmer der Dienstboten gewesen waren. Ich biss die Zähne zusammen, hob einen Stein auf und schlug die Scheibe von einem der niedrigen Fenster ein, drückte dann den Fensterflügel auf und kletterte ins Innere. Ich machte die Taschenlampe an und tastete mich vorwärts, zum stillen Treppenhaus. Während ich über die mit Teppichen ausgelegten Stufen schlich, schauten die staubigen Porträts missbilligend auf mich herab. Ich war eine Diebin, ein Eindringling, eine Fremde, aber mein Herz gehörte hierher. Ich stolperte in der Dunkelheit weiter, bis ich schließlich das untere Ende der verborgenen Stufen fand, die zu Sebastians Versteck führten.
    »Sebastian?«, rief ich leise. »Sebastian, ich bin’s, Evie.«
    Die Stille war so tief und kalt wie ein Brunnen. Ich fing an hinaufzusteigen, während ich die Stufen vor mir beleuchtete, bis ich oben angekommen war. In dem winzigen Dachzimmer herrschte das gleiche Durcheinander aus Vorhängen und Möbeln und zerbrochenen Ausrüstungsgegenständen wie zuvor, aber das niedrige Sofa war leer und die Luft abgestanden. Ich schwenkte den Lichtstrahl in die Ecke. Sebastian war nicht da. Ein Haufen Papiere verteilte sich auf dem Tisch. Ich griff nach ihnen und sah, dass es Seiten über Seiten waren, die alle an mich adressiert waren: wunderschöne, unterbrochene
Liebesbriefe, das Tagebuch seiner Qualen. Ich überflog sie ungeduldig.
    Weil ich dich liebe, musste ich dir die Wahrheit sagen.
Jetzt weißt du alles, Evie …
    Ich las eifrig, gierig, bis ich die letzte Seite umdrehte. Die Schrift war schlimm und unzusammenhängend, als wäre es für Sebastian schmerzhaft gewesen, auch nur den Stift zu halten.
    Worte sind alles, was mir geblieben ist. Hoffnung. Leben.
Freude. Nichts als Worte. Nur Schmerz und Angst sind
wirklich.
Ewiger Schmerz. Für immer. Niemals endend.
Alles ist verblasst.
Und so endet es also. Allein in der Dunkelheit … das
Ende …
    Während meine Augen die Worte verschlangen, war mir, als würde mein Herz entzweigerissen.
    Ich war also schließlich doch zu spät gekommen.

Einundvierzig

    J etzt wirkte das Haus auf einmal richtig bedrohlich, voller namenloser Gefahren. Ich war hier allein, und Sebastian war weg. Wo war er? Hatte er … hatte er wirklich das Ende seiner qualvollen Reise erreicht und war bereits ganz und gar von dieser Welt verblasst? Ich konnte es nicht glauben – ich wollte es nicht glauben. Ich hätte es gemerkt; sicher hätte ich doch irgendein Zeichen erhalten, eine Botschaft vernommen.
    Vielleicht hatte Sebastian sich wie ein Tier irgendwo in einer einsamen Ecke verkrochen, um dort auf sein Ende zu warten und die letzten Augenblicke zu verbringen, ehe seine Meister ihn in ewige Fesseln schlugen. Oder das Ende war noch gar nicht gekommen, und er lag stattdessen krank in einem anderen Zimmer, wo er mehr und mehr verblasste und hilflos zusehen musste, wie die dämonischen Geister über ihm kauerten und sich zum letzten Schlag bereitmachten.
    Ich zog den Dolch aus der Tasche und umklammerte ihn fest, dann schlich ich mich die Stufen hinunter. »Sebastian? Se-bas-ti-an!« Meine Stimme brach und wurde von der Dunkelheit verschluckt. Ich eilte zurück ins Erdgeschoss und hastete durch die großen, der Öffentlichkeit zugänglichen Räume:

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