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Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Titel: Girl Parts – Auf Liebe programmiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John M. Cusick
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sich in alphabetischer Reihenfolge und strömten zu ihren Plätzen auf der anderen Seite des Gangs, wobei sie beinahe – aber nur beinahe – zum Anfassen nahe waren. Es war die unweigerliche Sitzordnung jeder gemeinsamen Versammlung seit ihrem Eintritt in die Oberstufe: David Sun saß gegenüber von Vonis Summer, die begeistert war, so dicht bei dem geilsten Zehntklässler zu sitzen; weiter hinten bildete Charlie auf ähnliche Weise ein Paar mit der dicken Cynthia Nuun; und in der letzten Reihe starrte Wallace Watts gierig auf die wunderbaren Beine seiner Cousine Willow, die ihr Bestes gab, ihn zu ignorieren.
    Irgendwo im Mittelfeld entdeckte Charlie Paul Lampwicks hochgezogene Schultern. Er warf einen Blick zum entsprechenden Abschnitt bei den Mädchen hinüber und zuckte zusammen, als er merkte, dass ein schwarzes Augenpaar zurückschaute. Die dichten Wimpern blinzelten zweimal, bevor sich Rebecca mit schwingendem Pferdeschwanz abwandte. Charlie starrte auf seine Füße.
    Gauche begab sich auf das Podium. Inmitten des Chaos versuchte Mr Branch es noch einmal mit den Schnüren, und beide Herren blickten nervös nach oben. Schließlich winkte Gauche den Hausmeister hinaus. »Nun denn«, dröhnte der Schulleiter, der nie ein Mikrofon benutzte. »Dies ist eine schwierige und traurige Zeit. Sicherlich mischen sich bei Ihnen allen außergewöhnliche Gefühle: Verwirrung, Empörung, Verunsicherung, Wut, ja, ähm, auch Unsicherheit.« Anders als Droit improvisierte Gauche seine Ansprachen. »Vielleicht möchten Sie mit jemandem darüber reden. Leider ist unsere ehemalige Schulpsychologin, Dr. Lightly, in Pension gegangen.«
    »Wahrscheinlich wegen Schuldgefühlen«, zischelte irgendwer.
    »Aber an ihrer Stelle haben wir nun einen Mann, der Schüler in ganz New England psychologisch betreut hat, zuletzt in Saint John in Shrewsbury und darüber hinaus im Rahmen des staatlichen Schulsystems in Worcester. Als er von unserem tragischen Verlust hörte, bot er an, seine freiberufliche Tätigkeit aufzugeben und eine Vollzeitstelle als Schulpsychologe bei uns anzunehmen. Bahnbrechend sind seine Forschungen auf dem Gebiet jugendlicher Gefühlsstörungen, welche wahrscheinlich eine Rolle beim tragischen Ableben von Ms Vogel gespielt haben. Letztere war, soweit ich sehen kann, eine … äh, tragische Akteurin. Dr. Roger?«
    Dr. Roger erhob sich, schüttelte Gauches Hand und ergriff das Wort. Mit einem traurigen Lächeln ließ er seinen Blick über die Menge schweifen.
    »Ich bin Dr. Roger. Einige von Ihnen haben mich schon persönlich kennengelernt, und mit der Zeit hoffe ich jeden einzelnen von Ihnen kennenzulernen. Jetzt aber erst einmal eine Frage: Wie geht es Ihnen heute?«
    Schweigen.
    »Nein, ich meine es ernst: Wie geht es Ihnen heute?«
    Die Schüler schielten unsicher nach links und nach rechts.
    »Sagen Sie es mir. Wie geht es Ihnen?«
    Eintausendzweihundert Stimmen antworteten: »Gut.«
    »Das ist die einfache Antwort«, sagte Dr. Roger. »Aber ich will, dass Sie nach der schwierigen Antwort suchen, die verrät, wie Sie sich tief drinnen wirklich fühlen.«
    Danach hörte keiner mehr zu. Handys wurden heimlich zum SMS-Schreiben aus den Taschen geschmuggelt, Zettel herumgereicht, geflüsterte Anmachversuche weitergegeben. Liebespaare mit Gangplätzen (es gab derer vier) bemühten sich, die Hände über den Gang hinwegzustrecken und sich mit den Fingerspitzen zu berühren. Die weniger Date-Tauglichen stöpselten sich Kopfhörer in die Ohren oder musterten ihre Hände. Charlie fühlte, wie etwas seine Schulter traf, drehte sich um und sah Artie Stubb, der grinsend ein Gummiband festhielt. Charlie las die abgeschossene Büroklammer auf und spielte damit.
    Als die Schüler entlassen wurden, stürmten alle schwatzend, lachend und unternehmungslustig in den Mittelgang. Eine Neuntklässlerin kreischte auf und schlug eine Hand von ihrem Hintern weg. Charlie hatte es nicht eilig, in den Unterricht zurückzukehren, und trödelte herum. Er sah Rebecca auf dem Weg nach draußen, flankiert von zwei Elftklässlerinnen. Sie wurden von Mr Throat, dem Geschichtslehrer, abgefangen, der Rebecca eine väterliche Hand auf die Schulter legte. Sie lachte, zuckte die Achseln und duckte sich weg, wobei sie plötzlich die entgegengesetzte Richtung einschlug und auf die rückwärtige Tür zuging.
    Ihr Blick begegnete dem von Charlie. Ihr Grinsen war verschwunden, und aus irgendeinem Grund schien sie aufgescheucht und unangenehm berührt. Er

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