Girl Parts – Auf Liebe programmiert
richtig oder falsch. Ich bin mir sicher, dass Sie Listen schreiben. Vielleicht in einem Tagebuch? Oder vielleicht auch nur in Ihrem Kopf, wenn Sie allein sind. Listen mit Grundsätzen. Prinzipien. Dingen, auf die Sie sich stützen, die Sie für sich allein entscheiden.«
Charlie dachte an seine Liste glücklicher Momente, sagte aber nichts. Dr. Roger redete weiter.
»Die meisten Menschen haben nie eigenverantwortlich handeln müssen, deshalb sind sie nicht klug genug, nicht stark genug. Was sie wiederum ichbezogen und rücksichtslos macht. Und manchmal hat man den Eindruck, dass es … das Beste ist, Menschen und ihren zweifelhaften Grundsätzen einfach aus dem Weg zu gehen. Allein zu sein wird selbst zu einem Grundsatz, nicht wahr?«
Charlie spürte einen Kloß im Hals. Er versuchte zu schlucken, konnte aber nicht.
»Doch Alleinsein ist hart. Es ist einsam, und es ist traurig. Hin und wieder stoßen Sie vielleicht auf jemanden, der anders ist. Anders, so wie Sie. Dennoch müssen Sie allein sein. Denn wenn Sie nicht müssen , sind Sie womöglich völlig grundlos allein. Dann ist es womöglich nicht aus freien Stücken.« Dr. Roger beugte sich vor und sah Charlie in die Augen. »Charlie, ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass Sie nicht allein sein müssen. Niemand sollte jemals allein sein. Das ist ein Grundsatz, den ich habe.« Er faltete die Hände. »Glauben Sie, Sie könnten einen Grundsatz von mir übernehmen?«
Charlie blinzelte. Er spürte etwas Kaltes auf seinen Wangen. Er berührte sie mit den Fingerkuppen, und als er die wegnahm, waren sie feucht. Entsetzt starrte er auf die Tränen.
»Charlie, ich glaube nicht, dass Sie Depressionen haben.« Dr. Roger klappte Charlies Akte zu und schob sie beiseite. »Was plausibel scheint, ist, dass Sie sich isoliert fühlen. Ihre Beziehungen zu der Welt um Sie herum sind gestört, weil diese Sie im Großen und Ganzen enttäuscht hat.« Dr. Roger lehnte sich wieder zurück und legte die Fingerspitzen seiner aufgestellten Hände gegeneinander. »Wenn ich Ihnen eine Behandlung empfehlen könnte, wären Sie bereit, sich darauf einzulassen?«
David musste den ganzen Tag an Rose denken. Er beschloss, in der letzten Stunde Sport zu schwänzen und nach Hause zu gehen. Er verdrückte sich durch die Hintertür und lief im Laufschritt zum Parkplatz. Eine Reihe Autos stand auf der Wiese hinter der Aula, einer davon war ein weißer Ford Taurus mit dem Kennzeichen WATTSI. Eine Frau im Rentierpulli ließ gerade einen Wortschwall auf zwei müde Bühnenhelfer los. Es war Mrs Hynes, Saint Marys Theaterregisseurin.
»Also, wir können die Ascot-Szene nicht ohne Mrs Higgins spielen! Wieso hat sie sich einfach verdrückt? Sie weiß doch, dass wir heute Probe haben.«
David wollte quer über das Gelände laufen, aber Mrs Hynes hatte ihn schon entdeckt. Sie winkte in seine Richtung, und ihre finstere Miene zerfloss in ein honigsüßes Lächeln. Ihre violetten Absätze versanken im Dreck, während sie zu ihm herüberhoppelte.
»David! Ach, was bin ich froh, dass ich Sie erwischt habe. Hören Sie, die Badesaison fängt erst in ein paar Wochen an. Was halten Sie davon, sich für My Fair Lady um eine Rolle zu bewerben?«
David rückte seine Tasche zurecht und warf einen sehnsüchtigen Blick auf sein Motorrad, das nur ein paar Meter entfernt stand. Mrs Hynes war ihm unheimlich. Sie war ja ganz nett, aber sie schien unter schwerem Sexmangel zu leiden. Letztes Jahr hatte er ihre Titten gesehen, als sie sich nach einem heruntergefallenen Kaffeebecher bückte, und er fragte sich manchmal, ob das ein Versehen gewesen war. Das Erlebnis hatte bei ihm Spuren hinterlassen.
»Ist die Bewerbungsfrist nicht vorbei?«
»David, mein Schatz, das Ganze ist eine Katastrophe. Meine Mrs Higgins ist VERMISST. Alle Mitwirkenden sind total gefühlsduselig, seit dieses Mädchen gestorben ist. David, Sie wissen, dass sie auch eine Rolle haben wollte, oder? Sie hatte keine Bühnenqualitäten, und das hab ich ihr gesagt. Gestörte Persönlichkeit, klare Sache, armes kleines Ding. Und diese gefärbten Haare, pfui Teufel. Egal, jedenfalls ist Orson ausgestiegen, was ein Trauerspiel ist, denn er ist der beste Tänzer der Schule, und ich erinnere mich, dass Sie letztes Jahr für die Rolle des Anthony vorgesprochen haben, und Sie hatten eine sehr passable Singstimme, also, was meinen Sie, na? Machen Sie’s?« Sie klimperte mit ihren falschen Wimpern.
»Ich würde ja gern, Mrs Hynes, aber ich hab sehr viel für
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