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Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Titel: Girl Parts – Auf Liebe programmiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John M. Cusick
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zu den Eingangstüren, vorbei an der abstrakten Statue des heiligen Sebastian auf dem Rasen – ein drei Meter hohes Bleirohr, gekreuzt von einhundert Metallstangen. Jemand hatte einen roten Schlips oben festgebunden, der im Wind flatterte.
    »Kommst du heute Abend?«, fragte Artie.
    »Jep, ich schau später vorbei.«
    Artie warf einen Blick über die Schulter. Er schaffte es, schuldbewusst auszusehen, selbst wenn er nichts angestellt hatte. »Wer ist dran und bringt Bier mit?«
    »Clay«, sagte David und stopfte sich eine Ladung Mini-USB-Sticks in die Tasche.
    »Wir haben heute eine Versammlung wegen der Sache mit dem Selbstmord-Video«, sagte Artie. »Ich bin total paranoid, seit dein Vater dich erwischt hat. Ich hab meine Chronik seitdem ungefähr zehnmal gelöscht.«
    Das Grinsen verschwand von Davids Gesicht. »Wennschon. Ich will nicht drüber reden, okay?«
    »Warum machst du so einen Aufstand deswegen?«
    David knallte seine Spindtür zu und verriegelte das Schloss. »Ich mache keinen Aufstand. Ich hab einfach keine Lust, drüber zu reden.«
    Artie zuckte mit den Schultern.
    Um zwölf Uhr mittags öffneten sich die Türen der Aula, und die Oberstufe von Saint Mary kam in Reih und Glied hereinmarschiert. Die Mädchen setzten sich in alphabetischer Reihenfolge auf die linke Seite – das Übliche bei gemeinsamen Versammlungen. Die Seite der Jungs war leer, was allgemeine Enttäuschung auslöste. Auf dem Podium saß das Lehrerkollegium mit gefalteten Händen auf Klappstühlen. Mr Branch, der Hausmeister, kämpfte mit einem verhedderten Seil in der Bühnentechnik. Er warf einen Blick nach oben in die Traversen und zerrte an dem Seil, was aber nichts nützte. Als er sah, dass die Mädchen bereits saßen, zuckte er die Achseln und schlurfte davon.
    Schulleiterin Droit, mit frischem Eyeliner unter den roten Augen, klopfte gegen das Podiumsmikrofon. Die Rückkopplung kreischte. Die Mädchen hielten sich die Ohren zu.
    »Meine Damen, Ruhe bitte. Sie dahinten, Ms Pigeon, Augen auf. Es gibt keine Nickerchen während einer Versammlung.« Die Schulleiterin räusperte sich und warf einen Blick auf ihre Notizen. »Wie Sie alle wissen, ist vergangene Woche eine große Tragödie über unsere Schule hereingebrochen. Die Einzelheiten haben Sie dem Brief entnommen, der Ihnen am Montag an Ihre Privatadressen geschickt wurde. Die Jungen werden jeden Moment zu uns stoßen, und unser neuer Schulpsychologe Mr Rogers … Verzeihung, Dr. Rogers … wird sprechen. Zunächst aber möchte ich mich wegen dieses entsetzlichen Geschehens an Sie, Noras Klassenkameradinnen, wenden.«
    Sie wechselte die Karteikarten.
    »Einige Mädchen haben sich wegen eines öffentlichen Gedenkens an mich gewandt.« Die Mädchen warfen sich gegenseitig Blicke zu und fragten sich, wer das gewesen war. »Aus diesem Geist heraus hat unsere Kunstlehrerin, Mrs S., mit viel Überlegung eine bewegende Würdigung geschaffen. Bitte sehen Sie unter Ihren Sitzen nach.«
    Jedes Mädchen fand dort einen kleinen Umschlag. Darin befanden sich ein Text in eleganter Schrift und ein schwerer Anstecker aus Metall, dessen Bemalung ein Rotkehlchen darstellen sollte.
    »Um unsere Solidarität mit der Familie Vogel zu bekunden«, las die Schulleiterin laut vor, »fordern wir Sie auf, diese Anstecker in Erinnerung an unsere liebe Nora zu tragen. Diese kleinen Vögel sollen nicht davonfliegen, sondern stecken für immer fest …« – sie blickte stirnrunzelnd auf die Karteikarte, drehte sie dann um – »… an unseren Herzen.«
    Dünner Applaus ertönte. Ein Mädchen in der ersten Reihe befestigte die Brosche an ihrer Bluse, wodurch der Stoff nach unten gezogen wurde und ihren BH-Träger freilegte. Sie verdrehte die Augen, nahm den Anstecker ab, ließ ihn in ihre Handtasche fallen und zog den Reißverschluss zu.
    »Und jetzt«, fuhr die Direktorin fort und steckte ihre Notizen weg, »möchte ich Sie dazu einladen, Ihre Erinnerungen mit allen zu teilen …«
    Genau in diesem Augenblick flogen die Türen am hinteren Ende der Aula auf und gaben den Blick auf Mr Gauche frei, den Schulleiter von Saint Seb, gefolgt von vierhundert drängelnden, schwadronierenden, mit grauen Jacketts bekleideten Jungen in loser Aufstellung. Der Schulleiter rief: »Meine Herren, Ruhe. Ruhe, verdammt noch mal! Bei Gott, ich hau Sie durch diese Wand, Stubbs. Luther! Ist das Kaugummi?«
    Die Mädchen verdrehten die Köpfe und bemühten sich, ihre Favoriten ausfindig zu machen. Die Jungs sortierten

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