Girl Parts – Auf Liebe programmiert
sonderlich gut geklappt bei David Sun. Heißt es jedenfalls.«
Dr. Roger presste die Lippen aufeinander. »Ja, davon habe ich gehört. Ich bin überzeugt, dass Fälle mit unzufriedenen Klienten eine Ausnahme sind.«
»Klingt für mich nicht nach einer Ausnahme.«
»Wie meinen Sie das?«
»Menschen lügen und betrügen. Es klingt doch so, als hätte sie sich einfach ganz menschlich verhalten.«
»Aha.« Dr. Roger trank einen Schluck Wasser. Der Roboter-Staubsauger erinnerte mit seinem Surren an ein Haustier, das auf eine Leckerei hofft. »Und was ist mit Ihnen? Gibt’s Frauen in Ihrem Leben?«
Charlie hatte Dr. Roger nur oberflächliche Details seines Dates mit Rebecca weitergegeben und den Spruch »Andere Mütter haben auch schöne Töchter« zur Antwort bekommen.
»Nein.«
»Wirklich nicht?«
»Ja.« Charlie hustete in die vorgehaltene Hand. »Warum?«
Dr. Roger zuckte mit den Schultern. »Ich habe den Eindruck, bei Ihnen ist heute Nachmittag irgendwie so ein Federn in Ihrem Gang. Ich dachte, vielleicht … aber wenn Sie sagen, da ist niemand …«
»Nein, da ist niemand«, sagte Charlie und fügte nach einer kleinen Pause hinzu: »Wissen Sie, ich würde es mir ja wirklich wünschen. Aber es gibt niemanden. Derzeit nicht.«
»Das tut mir leid. Na, und was haben Sie sonst so getrieben? Gestern Abend, beispielsweise? Was haben Sie da gemacht?«
»Gestern Abend?«
»Ja. Beispielsweise.«
Charlie folgte dem Roboboter-Staubsauger mit den Augen. »Ich war zu Hause.«
»Sie sind überhaupt nicht weggegangen? Nicht auf einen Ihrer Naturspaziergänge?«
Charlie hustete wieder. Und gleich noch einmal. »Die Luft hier drinnen ist echt trocken.«
»Tut mir leid. Möchten Sie ein Glas Wasser?«
»Ja, bitte.« Dr. Roger füllte das zweite Glas und drückte es Charlie in die Hand.
»Danke.«
»Ich werde alles tun, damit Sie sich wohlfühlen.« Dr. Rogers Augen verengten sich. »Sie wissen, wie viel mir meine Patienten bedeuten.«
»Stimmt. Also, jedenfalls …« Charlie stützte sein Glas auf der Sessellehne ab. Ein ratschendes Geräusch ertönte, als es vom Leder abglitt, gefolgt von einem lauten Knirschen. Der Roboter-Staubsauger wieselte unter Dr. Rogers Sessel hervor. Dr. Roger versuchte ihn mit einer raschen Bewegung einzufangen, aber Charlie hatte den längeren Arm. Er schnappte sich den Roboter, die winzigen Räder rotierten hilflos in der Luft. Er drehte ihn um. Neben der Seriennummer befand sich ein Abzeichen. Eine winzige rosafarbene Blüte. Die Blütennarbe war ein kleines Gitter, ähnlich wie bei einem Lautsprecher. Halt, nein, dachte Charlie. Das war kein Lautsprecher. Ein Mikrofon.
Charlies und Dr. Rogers Blick kreuzten sich. Sie standen sich gegenüber wie zwei Ringkämpfer, halb vorgebeugt, nur anderthalb Meter Perserteppich zwischen ihnen.
»Ich dachte, diese Sitzungen wären vertraulich.«
»Sind sie auch«, fauchte Dr. Roger. »Ich mache nur meine Arbeit, Charlie.«
»Ich dachte, Ihre Arbeit bestünde darin, Schülern zu helfen.«
»Schüler bezahlen nichts.« Dr. Rogers Stimme glich einem Knurren. »Was glauben Sie denn, wer Ihre Therapie bezahlt, Charlie?«
»Ich dachte, es wäre die Schule.« Er hätte gern heldenhaft geklungen, aber seine Stimme wackelte. Die Hand, die den Roboter-Staubsauger hielt, zitterte.
»Charlie …«
»Sie haben mir den Katalog gegeben. Sie haben wahrscheinlich auch David Sun sein Exemplar gegeben. Wie sieht’s aus, wandern Sie einfach so als Vorturner von Sakora von Schule zu Schule?«
»Charlie …«, sagte Dr. Roger erneut, diesmal mit einer neuen Klangfärbung in seiner Stimme. Furcht. »So ist das nicht. Ich arbeite nicht für Sakora, aber ich stimme mit ihren Methoden überein, und manchmal können Ärzte und Firmen auch zusammenarbeiten.« Er flocht seine Finger ineinander. »Ich weiß, dass die Grenzen ein bisschen unscharf sind, aber lass uns doch einfach darüber reden.«
Charlie hätte gern eine polemische Antwort gegeben. Er hätte gern das letzte Wort gehabt. Aber er hatte zu viel Angst. Er war noch nie einem Erwachsenen ernsthaft entgegengetreten. Deshalb haute er ab. Er warf den Roboter hin, rannte zur Tür, den Gang hinunter und hinaus in den grauen Nachmittag.
Auf dem Weg zum Campingplatz sah er hundertmal über die Schulter zurück, sein Fahrrad schlingerte über die nassen Straßen. Autos brausten vorbei und ließen schmutziges Wasser von der Straße aufspritzen. Charlie stellte sich Sakora-Vertreter in schwarzen
Weitere Kostenlose Bücher