Girl
mit in der Sendung sein.«
»O ich verstehe«, sagte sie und sah mich mit ihrem Röntgenblick an. »Sie hatten also die Geschlechtsumwandlung, ja? Nun, reden Sie sich bloß nicht ein, Sie wären eine echte Frau. Die Medaille können Sie sich erst anstecken, wenn sie geblutet haben.«
Eine quälende, peinliche Stille senkte sich auf den Raum. Fick dich, dachte ich, und sagte mit charmantem Lächeln: »Nun, zumindest bin ich eine echte Blondine.«
Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, wie LaChattes Lakai krampfhaft ein Grinsen zu unterdrücken versuchte. Aber die Dame selbst erstarrte zur Eisprinzessin. »In dem Fall«, sagte sie gedehnt, »werde ich mein Bestes tun, möglichst langsam und deutlich zu sprechen.«
In dem Augenblick platzte ein Mann ins Zimmer. An dem Bart und den ausgedünnten Haaren erkannte ich sofort, dass es Matthew Mailing sein musste, aber er wirkte Größer und kräftiger, als ich ihn mir vorgestellt hatte. »Hallo Dee-Dee!« rief er und klopfte Dierdre auf die Schulter.
Mit seinem Eintreten fand eine höchst wundersame Verwandlung statt. Urplötzlich wurde aus der Eisprinzessin ein schüchternes Schulmädchen. »Aber, Matty«, sagte sie errötend. »Ich möchte doch bitten … Wissen Sie nicht, dass es unhöflich ist, in eine Damengarderobe hineinzuplatzen?«
Mailing lachte herzhaft. »Entschuldigung. Entschuldigung. Ich werde meine Augen fest verschlossen halten. Ehrenwort. Ich wollte nur unsere weiteren Termine für die nächsten Tage abchecken. Morgen sind wir bei Anne und Nick, am Abend darauf bei der ›Sunday-Times‹-Diskussion, und bei
Kaleidoscope
und der Oxford Union am Freitag. Alles korrekt?«
»Weiß der Himmel, Darling«, erwiderte La Chatte. »Fragen Sie die Munchkin.«
»Ähm, ja«, piepste die Frau mit dem Klemmbrett. »Ich glaube, es war alles völlig richtig.«
»Ausgezeichnet«, sagte Mailing. »Ich habe gerade meine neue 1000er Suzuki bekommen. Da werde ich gleich mit nach Oxford rüber brettern. Wie wär’s, wenn Sie sich hintendrauf schwingen, Dee-Dee?«
LaChatte machte ein Gesicht, als würde sie das am liebsten sofort tun. Aber bevor sie einen Ton sagen konnte, war Miss Klemmbrett zur Stelle: »Ich befürchte, das geht nicht, Dierdre. Freitagnachmittag sind wir bei Waterstones in Birmingham.«
»Ah, schade«, seufzte Mailing, während Dierdre vor ihrem Spiegel kochte. »Da muss ich mich wohl nach einer anderen Sozia umsehen.« Er blinzelte in meine Richtimg.
»Sehr nett von Ihnen«, sagte ich süßlich. »Wenn ich irgendwo hin muss, schaffe ich das bestimmt auch ohne fremde Hilfe.«
»Dessen bin ich mir sicher«, säuselte Mailing. Dann ließ er sich in den Stuhl neben Dierdre plumpsen und begann, sein spärliches Haar im Spiegel zu untersuchen, wobei er seinen Kopf in allen möglichen Verrenkungen gegen das Licht hielt.
»Keine Angst, Darling«, sagte LaChatte, »die kahle Stelle ist nicht zu sehen.«
»Ich weiß. Genau wie deine Krähenfüße mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind«, gab er zurück.
»Alle mal herhören«, krähte Andy Pallister, »in fünf Minuten geht’s los. Wie weit sind wir mit Miss LaChattes Make-up, Janice?«
»Fast fertig«, erwiderte die Maskenbildnerin, während sie Dierdre die Lockenwickler abzog.
»Können Sie auch mit mir noch etwas machen?« fragte ich zögerlich.
»Also wirklich, Süße«, sagte LaChatte. »Sie liegen mir gegenüber mindestens zwanzig Jahre im Vorteil. Haben Sie das Make-up nötig?«
Bevor ich antworten konnte, trat eine dunkelhaarige Frau Mitte Dreißig in grellbuntem Strickkostüm und einer strahlend blauen Brille in den Raum und verkündete: »HI, Leute. Ich bin Marcie Tiphook. Wir sehen uns gleich im Studio. Es wird bestimmt großartig.«
Sie verschwand wieder, während Pallister auf seine Uhr starrte. »Ich denke, wir gehen jetzt mal rüber ins Studio.«
Alle setzten sich in Bewegung. »Eine Sekunde noch«, sagte Janice und bedeutete mir, auf ihrem Stuhl Platz zu nehmen. »Ich gebe Ihnen nur etwas Puder und zieh Ihren Lippenstift nach, und noch ein wenig Eyeliner vielleicht, damit Ihr Gesicht mehr Kontur bekommt.«
Kurz darauf war sie mit meinem Gesicht fertig und sprühte mir Haarspray auf die Frisur. »Das ging aber schnell«, sagte ich.
»Wie die Dame schon sagte, bei Ihnen hatte ich zwanzig Jahre weniger abzudecken. Übrigens«, fügte sie mit anerkennendem, professionellem Blick hinzu, »bei Ihrer Elektrolyse war ein echtes Genie am Werk. Ich hatte mich schon auf stundenlange
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