Girl
Arbeit eingerichtet, Ihren Bart abzudecken, aber da ist wirklich nichts mehr.«
»Ah, na dann, danke«, sagte ich.
»Gern geschehen.« Sie führte mich hinaus ins Studio. Ich wurde an einen geschwungenen Tisch gesetzt, der etwas von einem Halbmond hatte. Mein Platz war außen neben Matthew Mailing. Marcie Tiphook sass zwischen ihm und Dierdre LaChatte. Ein Tontechniker kam zu mir und steckte mir ein Mikrophon ans Revers. Dann stellte sich ein anderer Mann hinter die nächste Kamera und sagte: »Aufnahme in zehn … fünf, vier …« Seine Finger zählten die letzten drei Sekunden herunter, und es ging los.
»Guten Abend«, sagte Marcie Tiphook auf ihr Startsignal. »Die
Late Show
bringt heute Abend einen Report aus Reykjavik, wo die brillante Avantgarde-Filmemacherin Gunhilde Gudmansdottir gerade ein vierstündiges Filmepos fertiggestellt hat, das vor dem Hintergrund des Kabeljaukriegs in den siebziger Jahren spielt und in dem ausschließlich Puppen agieren. Wir haben Live-Musik im Studio von A Fistful of Ayatollahs, einer Rap-Band radikaler Muslime aus Leicester. Und aus Anlass des dreißigsten Jahrestags der Veröffentlichung ihres ersten Gedichtbands
Ariel
stellen wir die Frage: ›Wie verzweifelt war Sylvia Plath wirklich?‹
Aber beginnen möchten wir mit der Frage nach dem Geschlecht, und wie man es wechseln kann. Wie die BBC heute Morgen ankündigte, wird die transsexuelle Schauspielerin Melanie Kim in Kürze bei den
Eastenders
mitspielen – eine Besetzung, die bereits in einer der Abendzeitungen mit ›die erste Silikonbraut in Albert Square* kommentiert wurde.
Dies ist nur das jüngste Beispiel eines wachsenden Trends, das Leben von Transvestiten und Transsexuellen im Film darzustellen. Um dessen kulturelle und politische Implikationen zu diskutieren, sitzen hier bei mir im Studio die amerikanische Feministin Dierdre LaChatte, der britische Journalist und Buchautor Matthew Mailing und Jacqueline Barrett, eine PR-Agentin, über deren Geschlechtsumwandlung im letzten Jahr viel in der Presse zu lesen war und die demnächst auch Thema eines eigenen Buches sein wird.
Beginnen wir bei Ihnen, Jacqueline. Sie kennen Melanie Kim persönlich – welche Auswirkungen wird ihr Auftritt auf das britische Fernsehen haben?«
»Wie ich Melanie kenne, würde ich sagen, gewaltige. Sie ist eine lebhafte, kontaktfreudige Person, und …«, für einen Augenblick wurde ich jäh in meinen Ausführungen unterbrochen. Eine Hand hatte sich auf mein Knie gelegt und wanderte weiter mein Bein hinauf.
»Ja…?«
»… und … und …«, versuchte ich verzweifelt den Satz zusammen zukriegen, den Mimi Hart für mich notiert hatte, während Matthew Mallings Hand unter meinen Rocksaum schlüpfte. Was immer ich auch sagen wollte, es war meinem Gedächtnis entfallen. Ich konnte nur noch daran denken, wie ich das letzte Mal so angefasst worden war – von Jonathan in seinem Wagen – und wie ganz anders es sich anfühlte, wenn es jemand tat, den man nicht mochte.
»Ja-a-a-a?« wiederholte Marcie Tiphook.
Ich stockte. »Äh, äh … ich bin sicher, sie wird … äh … riesig einschlagen.«
Dierdre LaChatte lächelte mir mit triumphalem Blick zu. Sie hatte mich als dummes Blondchen vorführen wollen, und ich hatte sie nicht enttäuscht. Marcie Tiphook hatte sich inzwischen ihrem nächsten Gesprächspartner zugewandt. »Matthew Mailing, was erfahren wir Ihrer Meinung nach aus dem gegenwärtig außergewöhnlichen Interesse von Film, Fernsehen und Literatur an Transsexualität über die Situation des heutigen Mannes?«
»Offenbar, dass man ihn kastriert hat«, sagte Mailing, wobei er seine Hand von meinem Bein abzog, um damit eine expressive Geste vor der Kamera zu vollführen. »Wie ich in meinem Buch AUA,
Mami, das tut weh!
eindringlich zeige, trifft das, was Jacqueline Barrett buchstäblich widerfahren ist, im metaphorischen Sinn auf uns alle zu. Wir wissen nicht mehr, wer wir sind, beziehungsweise was wir sind.
Herr im Himmel, selbst unser Körper lässt uns im Stich. Der Östrogengehalt des Trinkwassers, der durch die Urin Ausscheidungen von Frauen, die die Pille nehmen, erschreckend in die Höhe getrieben wurde, hat die Spermien an die Grenze zur Massensterilität gebracht. Emotional haben uns die Frauen, und ganz besonders die Feministinnen, in kleine Stücke zerhackt…«
»Oh, das ist doch absurd!« rief Dierdre LaChatte dazwischen. »
Mein Buch, Kampf der Geschlechter – Der weltweite Krieg gegen Frauen,
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