Girl
klarstellen, dass Melanie und ich weder Symbole noch Metaphern für irgendwen oder irgendwas waren. Wir waren einfach zwei Menschen, die ihr Möglichstes taten, so zu leben, wie sie es wollten.
Wenn Autoren wie Dierdre und Matthew mehr an Menschen als an Theorien interessiert wären, würden sie der Wahrheit vielleicht ein Stück näher kommen.
»Vielen Dank«, sagte Marcie Tiphook, »und jetzt kommen wir zu Island und zu dem Werk von Gunhilde Gudmans-dottir…«
Sie beendete ihre Überleitung und lehnte sich dann mit einem Seufzer totaler nervöser Erschöpfung in ihrem Stuhl zurück. Wir wurden ausgestöpselt und von den Kabeln befreit und begannen uns aus dem Studio zu bewegen.
»Sie müssen nicht zufällig zurück ins West End?« wandte sich Matthew Mailing an Dierdre.
»Klar doch, Süßer. Ich nehme Sie gerne in meiner Limo mit.«
Mit einem Fingerschnippen befahl Dierdre ihre PR-Agentin zu sich, die während der letzten halben Stunde schweigend in der Ecke gesessen hatte. »Ihnen macht es doch nichts aus, mit der U-Bahn zurückzufahren, oder?«
»Äh … natürlich nicht, Dierdre, sehr gern.«
»Nichts für ungut«, wandte ich mich tröstend an sie. »Ich glaube, sie schicken mir ein Taxi für den Heimweg nach South Kensington. Sie können gerne bei mir mitfahren.«
Ihr Name war Kelly, wie sie mir beim Verlassen des TV-Centre-Gebäudes sagte. Im Taxi unterhielt sie mich mit Horrorstories über Autorinnen und Autoren, die sie bei Laune halten musste, dass die Frauen ausnahmslos Egomaninnen seien und die Männer alle ausgemachte Quartalssäufer.
»Da sollten Sie mal ein paar Mode-Designer kennenlernen«, sagte ich. »Sie würden sich gleich zu Hause fühlen.«
Wir quengelten uns also beide über die alptraumhafte Existenz eines Lebens als PR-Agentin die Ohren voll, bis wir in South Ken ankamen. Kelly machte sich auf zur U-Bahn, und ich rannte so schnell es ging die Treppe hoch und ließ mich in die Badewanne fallen.
Was für ein Tag. Die
Late Show
läuft lustiger weise gerade im Fernsehen. Aber sie wäre das letzte, was ich jetzt sehen möchte.
8. September
Im Büro äußerten sich alle sehr anerkennend über die
Late Show,
und Mimi war begeistert, als ich ihr die ganze Geschichte von Matthew Mailing und seiner verwundeten, vorwitzigen Hand erzählte. Kurz vor Mittag klingelte das Telefon. Es war Clive Horrocks, und er war außer sich.
»Gehen Sie niemals wieder zu einer Fernsehshow, ohne mich vorher zu konsultieren«, schrie er mich an.
Ich kam mir vor wie ein kleines Mädchen, das vor dem Lehrer aus der Bank treten muss. »Ich hatte wirklich keine Zeit, Sie anzurufen. Das Telefon klingelte ununterbrochen, und keiner konnte mehr arbeiten. Mimi sagte, sie würde sich um alles Weitere kümmern.«
»Yeah, der habe ich auch noch das eine oder andere zu sagen.« Dann beruhigte sich seine Stimme etwas. »Hören Sie zu: Ich habe die letzten zwei Stunden damit verbracht, die Nachrichtenredakteure der halben Regenbogenpresse in Fleet Street sowie sämtliche Klatschkolumnisten der seriösen Blätter dazu zu überreden, nichts über Ihre nächtliche Eskapade mit diesem Matthew Mailing und seiner amerikanischen Mätresse zu bringen …«
»Seiner Mätresse?«
»Yeah, diese Dierdre Soundso … die auf radikale Feministin macht. Hübsche kleine Nummer, die die zwei da laufen haben. Eine echte Goldgrube. Aber das gehört jetzt nicht hierher. Tatsache ist, dass ich der Klatschpresse drei Wochen eher als geplant einen Callboy zuspielen musste, der es nach eigenen Angaben mit einem Bischof getrieben hat. Ich hab’ so was nicht gern. Und das letzte, was Sie jetzt gebrauchen können, sind Berichte in der Presse, dass Sie sich im Fernsehen zu Schlammschlachten hinreißen lassen. Nicht gerade gut fürs Image, oder?«
»Ich denke nicht«, stimmte ich zögernd zu. »Aber er war mit seinen Händen überall.«
»Und?«
»Und das kann ich nun mal nicht leiden.«
»Natürlich nicht. Aber das ist kein Grund, den alten Schweineigel niederzustechen.«
»Es war doch bloß eine Sicherheitsnadel…«
»Nicht für die ›Sun‹ oder den ›Mirror‹. Nach deren Version haben Sie ihm mit einem versteckten Schweizer Armee Messer praktisch den Arm abgeschnippelt. Ich will die Details gar nicht wissen, aber das ist einfach nicht die korrekte Art. Wenn Ihnen irgendwer etwas antut, lächeln Sie und überlassen Sie alles Weitere mir. Achtundvierzig Stunden später habe ich seine minderjährige Gespielin, oder seinen Lover, oder
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