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Girl

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Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
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werde es schaffen.
    3. Januar
    Heute musste ich zu meiner Bank und sie bitten, meine sämtlichen Konten von Mr. Bradley Barrett auf Miss Jackie Barrett umzuschreiben. Ich kam mir total bescheuert vor, weil ich von allem anderen abgesehen noch nicht dazu gekommen bin, mir ein neues Outfit zuzulegen und immer noch als Kerl rumlaufe. Aber der Filialleiter nahm alles gelassen. »Sie werden kaum glauben, wie oft wir damit zu tun haben«, sagte er.
    Er bat mich um ein paar Unterschriftsproben – ich habe gestern den ganzen Abend lang geübt – und versicherte mir, er werde sich umgehend um alles kümmern. Zum Wochenende lägen meine Scheckkarte und meine Visa-Card für mich bereit. »Viel Glück, Miss Barrett.«
    »Vielen Dank«, sagte ich, bevor ich mich auf den Weg zur Post machte, um dort meinen Führerschein ändern zu lassen. Ich bekomme noch eine amtliche Beglaubigung über meine Namensänderung, und beim Finanzamt und der Sozialversicherung muss ich mich ebenfalls ummelden. Mit jedem Tag stirbt Bradley ein Stückchen, und Jackie rückt an seine Stelle. Es ist schon unheimlich.
    5. Januar
    Zeit für ein Bekenntnis. Als ich vor einigen Tagen vor dem Spiegel stand und mich genau inspizierte, war da etwas, das ich bisher verschwiegen habe.
    Meine Schamhaare sprießen. Ich habe jetzt also ein kleines, dunkles Dreieck zwischen den Beinen. Die Haare sind weicher als vorher, wie überhaupt mein ganzer Körper weicher geworden ist. Eigentlich will ich damit nur sagen … ich habe jetzt eine Muschi.
    Für mich eine ganz neue Betrachtungsweise. Ehrlich gesagt, gab es früher für mich nur Fotzen. Ziemlich fieses Wort, wie? Hart, böse und gehässig. Ich glaube kaum, dass Frauen es jemals benutzen. Andererseits war ich früher hart und gehässig.
    Nach der Operation hatte ich das Gefühl, verstümmelt worden zu sein. Sie hatten mir die Teile weggenommen, die mich zum Mann machten, und geblieben war nur kahle, nackte Haut, durch die dieser eklige, blutverschmierte Riss lief. Natürlich hasste ich ihn.
    Aber jetzt, wo er bedeckt ist, sieht alles viel harmloser aus. Sogar warm und freundlich. Abends im Bett streichle ich manchmal mit der Hand darüber, und es ist ein angenehmes Gefühl da unten. Kribbelig. Ich weiß noch nicht, wie ich mir Lust verschaffen kann. Aber zum ersten Mal verspüre ich, dass es möglich ist.
    Trotzdem ein komischer Gedanke. Von jetzt an bin ich Jackie Barrett. Ich bin eine Frau. Und ich habe eine Muschi.
    6. Januar
    Das Beste am Winter ist, dass alle gleich aussehen. Wenn draußen Schnee liegt, laufen alle in Stiefeln und dicken Mänteln rum. Da kann man sich bis zum Hals einpacken und unauffällig bleiben.
    Aber früher oder später werde ich Farbe bekennen müssen. Lorraine ist mir beim Training behilflich. Heute brachte sie mir einen Stapel ausrangierter Frauenzeitschriften vorbei. »Betrachte es als eine Art Hausaufgabe«, sagte sie, während ich mich daranmachte, die endlose Flut von Artikeln über Männer, Sex, Make-up und Mode zu überfliegen, um einen Vorgeschmack auf mein künftiges Leben zu bekommen.
    Eins der Magazine brachte einen großen Bericht mit dem Titel ›Fünfzig Schönheitsartikel, die Ihr Geld wert sind‹. Einige der aufgelisteten Dinge waren mir bekannt: Lippenstift, Lidschatten und ähnliches. Aber was zum Teufel war Dynamisante Moisturising Body Lotion, Advanced Night Repair oder Energising Vitality Cream?
    »Schmiert man sich das ins Gesicht, oder muss man das essen?« fragte ich Lol. »Und warum geben sie all dem Zeug diese bombastischen Namen? Chanel Teint Facettes Lumiere … das soll ein Schwein verstehen?«
    Auch die Preise waren unglaublich. Eine Dose Spezialgrundierung kostete achtunddreißig Pfund. Ein Döschen Lidschatten von Christian Dior sechsundzwanzig Pfund.
    Und achtundzwanzig Pfund eine Anti-Aging-Pflege für Hintern und Hüften. »Achtundzwanzig Eier, damit dein Arsch keine Runzeln kriegt? Das ist n Witz!«
    Lorraine fühlte sich in ihrer Berufsehre gekränkt. »Ich habe Kunden, die jeden Monat ein paar hundert Pfund für die tägliche Pflege ausgeben. Frauen aus Vorstandsetagen oder Frauen einflussreicher Männer. Die müssen gut aussehen. Das ist überhaupt nicht zum Lachen. Das ist oberstes Gebot.«
    »Yeah«, sagte ich, »aber sei mal vernünftig. Ich meine, hör dir nur den Blödsinn hier über dieses Zeug an, das sich Phyto-Aktive-Faltencreme nennt: ›Samtweiche, feuchtigkeitsgesättigte Proteine regulieren den Lipidhaushalt der Haut, stabilisieren

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