GK0010 - Mörder aus dem Totenreich
Goran die Chance genutzt. Seine riesige behaarte Pranke hatte sich um den Fackelstiel gekrallt. Brüllend taumelte Goran auf John zu.
»Stehenbleiben!« schrie John.
Goran wankte weiter.
John blieb keine andere Möglichkeit mehr. Er drückte ab. Zweimal.
Die Kugeln stoppten Goran kaum. Sie hatten ihm zwar die Schultern durchschlagen, konnten ihn aber nicht aufhalten.
Seine Hand mit der Fackel schnellte vor.
Im letzten Augenblick ließ sich John auf die Knie fallen.
Der Schlag pfiff über ihn hinweg, und die Fackel prallte gegen die Felswand. Funken stoben auf.
John rollte sich zur Seile und schnellte sofort wieder hoch.
Er packte Gorans Handgelenk, riß es herum.
Das Ungeheuer brüllte auf, ließ die Fackel fallen.
Blut lief an seinen Armen herab. Die Wunden mußten schmerzen. Jeder normale Sterbliche wäre schon erledigt gewesen.
John nahm Gorans Arm in den Polizeigriff. Das Ungeheuer ging in die Knie. John ließ Goran plötzlich los.
Das Ungeheuer taumelte. Und genau darauf hatte John gewartet. Ein mit unheimlicher Wucht geführter Handkantenschlag traf Gorans ungeschützten Nacken.
Das Untier brach zusammen.
John atmete auf und bückte sich nach seiner Pistole. Er lud sie sofort nach.
Reservemunition hatte er bei sich. John schnappte sich auch seine Taschenlampe. Ihr starker Strahl leuchtete die Höhle aus.
Die beiden Indios hatten sich angsterfüllt in eine Ecke verkrochen. Für sie war John wohl eine Art Fabelwesen, denn Goran hatte noch niemand besiegt.
Viola Wayne und Kenneth Hawk sahen John aus weit aufgerissenen Augen an.
Der Scotland-Yard-Inspektor versuchte zu lächeln, doch es wurde nur eine Grimasse daraus.
»Wer – wer sind Sie?« stammelte Kenneth Hawk.
»Das wissen Sie nicht? Wir haben uns doch in London kennengelernt.«
Kenneth Hawk senkte den Kopf.
»London – was ist das? Mein Gott, wie lange war ich schon nicht mehr da. Welchen Monat haben wir? Welches Jahr?«
Viola Wayne hockte am Boden und sagte nichts. Heftiges Schluchzen schüttelte ihren Körper.
Kenneth Hawks Aussage schockierte John Sinclair. Er dachte blitzschnell nach. Dann sagte er: »Mr. Hawk, ich erzähle Ihnen jetzt eine Geschichte, die Sie mir glauben müssen. Sie hat sich so zugetragen.«
Hawk nickte.
John berichtete etwa zehn Minuten lang. Er sah, daß Hawks Gesicht immer mehr zusammenfiel, wie sich namenloses Entsetzen in seinen Augen widerspiegelte.
»Hören Sie auf!« schrie er plötzlich. »Das gibt’s nicht. Nein, ich war immer hier. Ich – ich…« Er versuchte John an die Kehle zu fahren.
John Sinclair schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Zweimal. Das war die wirkungsvollste Methode.
Kenneth Hawk wurde plötzlich ganz ruhig. Schweißgebadet ließ er sich zurücksinken. John überzeugte sich, daß ihm von den Indios keine Gefahr drohte und auch Goran noch bewußtlos war, und wandte sich wieder an den völlig gebrochenen Hawk.
John hatte seine Lampe längst ausgeknipst. Nur noch die auf dem Boden liegenden Fackeln brannten.
John Sinclair faßte Hawk an beiden Schultern. Eindringlich redete er auf ihn ein.
»Materialisation… Was ist das?« flüsterte der Mann leise.
»Das versuche ich Ihnen jetzt zu erklären. Wie weit können Sie sich zurückerinnern?«
»Wir waren in einem Hotel. Unsere Gruppe, sieben Leute. Wir warteten auf die Jeeps, damit wir unsere Reise starten konnten. Dann, mitten im Gebirge, wurden wir überfallen. Von Indios. Sie verschleppten uns in diesen Berg. Sie sprachen immer vom Herrn der Toten. Ich lernte ihn hier kennen. Und von da ab weiß ich nichts mehr. Ich hatte plötzlich starke Kopfschmerzen und wachte schließlich in irgendeiner Höhle wieder auf. Dann kam dieses Ungeheuer und schleppte uns ab. Wir waren die letzten, die noch übriggeblieben sind. Die anderen wurden schon geköpft. Ihre Schädel hängen hier.« Hawks Stimme versagte.
John nickte bestätigend. Genauso hatte er sich die Sache vorgestellt.
John ließ dem Mann ein wenig Zeit, um sich zu beruhigen. Dann fuhr er fort. »Nach der Hypnose, Mr. Hawk, hat dieser Herr der Toten Sie völlig in seinen Bann gehabt. Er hat sie durch Gedanken wieder nach London materialisiert, allerdings waren sie nicht mehr Sie selbst, sondern in Ihnen steckte das Böse. Nur dem Äußeren nach waren Sie noch Kenneth Hawk. Ihre Seele, Ihr Innerstes, war dem Teufel geweiht. Es brauchte nur ein gewisses Ereignis einzutreten, um die Umwandlung bei Ihnen zu vollziehen. Dieses Ereignis war das kalte blaue Feuer. Sie
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