GK0034 - Friedhof der Vampire
Ohr.
Vince Tucker wischte sich über die schweißnasse Stirn und grinste verunglückt.
Er konnte seine Augen nicht von der Frau lassen, die plötzlich im Zimmer stand.
Es war die Schwarzhaarige von vorhin, und sie war zu ihm gekommen. Nicht zu Al, der immer mehr Chancen bei den Frauen hatte.
Die Frau kam langsam näher. Sie trug ein langes Kleid, das vorne weit ausgeschnitten war und die Ansätze ihrer Brüste zeigte.
Die Schwarzhaarige lächelte. »Hat es Ihnen die Sprache verschlagen, Mister?«
»Ich heiße Vince. Vince Tucker«, krächzte der Bankräuber.
»Vince. Ein schöner Name.«
»Das hat noch nie jemand gesagt.«
»Dann bin ich eben die erste. Komm, setzen wir uns auf dein Bett, ja?«
Vince Tucker wußte gar nicht, was mit ihm geschah, denn plötzlich saß die Schwarzhaarige auf seinem Schoß.
Ihre Hände wühlten in seinem Haar. »Aber ich…«, begann er noch, da warf sie ihn auch schon auf den Rücken. Vince Tucker spürte den festen Druck der Brüste, und sein Verstand setzte plötzlich aus.
»Schließ deine Augen«, forderte Grace Winlow.
Vince gehorchte gern. Alles Weitere überließ er seinen tastenden Händen.
Vince fühlte die Fingerspitzen der Frau über sein Gesicht gleiten, und eine nie gekannte Erregung packte ihn.
Tief beugte sich Grace Winlow über ihn.
Vince spürte den Druck ihrer Lippen auf seinem Mund und zuckte plötzlich zusammen.
Die Lippen waren kalt wie Eis!
Auch spürte er einen fauligen Modergeruch in seine Nase steigen.
Vince merkte es nur im Unterbewußtsein, deshalb reagierte er zu spät.
Als Vince Tucker die Augen aufriß, bohrten sich gerade die gräßlichen Vampirzähne in seine Halsschlagader…
***
Irgendwann schlug Lilian Dexter die Augen auf.
Mein Gott, wo war sie?
Nur bruchstückhaft kehrte die Erinnerung zurück. Sie dachte an John Sinclair, an den Kampf mit dem Einäugigen und sah den Sarg vor sich, in dem ihr Mann gelegen hatte.
Lilian legte sich auf die Seite und entdeckte einen schmalen Lichtstreifen unter einer Tür hervorschimmern.
Taumelnd kam die Frau auf die Beine, wollte auf die Tür zuwanken, als diese aufgezogen wurde.
Eine schwarzhaarige Frau kam nach draußen. Lilian konnte für einen Augenblick in den Raum sehen, aus dem die Unbekannte gekommen war.
Sie sah John Sinclair am Boden liegen und einige Gestalten, die ihn umkreist hatten.
Im ersten Moment wollte Lilian aufschreien, doch dann besann sie sich.
Was war geschehen?
Lilian Dexter war beileibe keine Kriminalistin. Aber soviel war ihr klar: John Sinclair mußte von diesen Leuten überwältigt worden sein. Er war in Gefahr. Er brauchte Hilfe.
Die Frau hatte die Tür wieder geschlossen, und abermals umgab Lilian tiefschwarze Finsternis.
Lilian hörte, wie die Frau eine Treppe hochstieg. Das war direkt über ihr. Und dann drang das Spiel einer Harfe an ihre Ohren.
Es war eine wunderschöne Melodie. Lilian hätte ihr stundenlang lauschen können.
Fast gewaltsam riß sie sich von den Klängen los und schlich in Richtung Ausgang.
Sie holte ihr Feuerzeug aus der Tasche und knipste es kurz an.
Die flackernde Flamme reichte aus, um sich einigermaßen orientieren zu können.
Ohne Schwierigkeiten erreichte Lilian die Tür.
Sie war nicht abgeschlossen.
Lilian zog sie auf und schlüpfte nach draußen.
Der Nebel schien noch dicker geworden zu sein. Wie eine schwarzgraue Wand lag er über dem Land.
Lilian Dexter hatte Angst, den Pfad, der nach Bradbury führte, zu verfehlen.
Schritt für Schritt ging Lilian Dexter weiter. Sie merkte gar nicht, daß sie die falsche Richtung einschlug und plötzlich vor dem Buggy stand.
Keuchende Geräusche drangen an ihr Ohr.
Lilian bückte sich und erkannte den Einäugigen, der unter dem Wagen lag und sich vergeblich bemühte, seine Fesseln abzustreifen.
Unwillkürlich trat Lilian zurück.
Plötzlich erfaßte sie die Panik. Angstschauer schüttelten ihren Körper. Ihr wurde auf einmal klar, daß sie den richtigen Weg allein nie finden würde. Nicht in diesem Nebel.
Lilian lief weg, begann zu rennen, setzte Schritt für Schritt in dumpfer Verzweiflung.
Der Boden unter ihren Füssen wurde sumpfiger, schien sich an ihren Schuhen festzusaugen.
Das Laufen bereitete Lilian immer mehr Mühe.
Plötzlich rutschte sie mit dem rechten Bein ab, verschwand bis zu den Knien in einer wabernden Brühe.
Lilian Dexter schrie auf.
Sie wollte ihr Bein aus dem Sumpf ziehen, doch sie geriet nur noch tiefer hinein.
Ich bin verloren!, schoß es ihr durch
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