GK0057 - Die Bräute des Vampirs
einer Hand den Kerzenleuchter und die andere klauenförmig nach vorn gestreckt.
Der weite Umhang spannte sich um seine Schultern und gab Dr. Barow das Aussehen einer riesigen Fledermaus.
Ein unheimliches Bild.
Plötzlich wurde die Stille des Hauses von gräßlichen Schreien unterbrochen.
Sie kamen aus dem Keller und hörten sich an wie die letzten verzweifelten Laute einer sterbenden Kreatur.
Es waren Schreie nach Blut.
Die Vampire hielten es nicht mehr aus. Sie wollten den roten Lebenssaft, brauchten ihn, um existieren zu können und um ihre Sucht zu befriedigen.
Immer schriller wurden die Schreie.
Dr. Barow ging nach unten.
Ein gräßliches Bild bot sich ihm.
George Baker, der an Ketten gefesselte Vampir, war am wildesten. Er hatte sich nach vorn gelehnt, riß und zerrte an seinen Ketten. Das Gesicht war nur noch eine Fratze, aus der die beiden Vampirzähne wie Fremdkörper hervorragten.
George Baker fauchte.
Nebenan im Raum schrien die beiden anderen Untoten. Auch sie hatte der Blutrausch übermannt. Ihre Fäuste trommelten gegen die Tür.
Dr. Barow wandte sich ab. Seine Lippen umspielte ein zufriedenes Lächeln. Es hätte alles gar nicht besser laufen können. Die Vampire waren verrückt nach Blut.
Aber sie mußten noch eine Nacht warten.
Dann würden sie über die Menschen herfallen…
***
Brenda Porter war nervös. Immer wieder blickte sie unruhig auf ihre mit Brillanten besetzte Armbanduhr.
Wo dieser Inspektor nur blieb?
Fünf Stunden waren seit seinem Weggang vergangen. Stunden, die an Langeweile nicht mehr zu überbieten waren. Einmal hatte ein »Kunde« angerufen. Brenda hatte ihn auf die nächste Woche vertröstet.
Draußen hatte bereits die Dämmerung eingesetzt. Brenda stand am Fenster und blickte in ihren gepflegten Garten. Die Zierbüsche warfen schon lange Schatten, in der Hecke, die um das Grundstück lief, nistete bereits die Dunkelheit. Am Himmel hingen dicke Wolkenberge, die vom Wind vorgetrieben wurden.
Brenda trank ihren fünften Martini, wieder überlegte sie, ob sie nicht lieber bei Scotland Yard anrufen sollte. Aber dann siegte doch ihr Stolz. Nein, die Bullen sollten nicht merken, daß sie Angst hatte.
Im Flur tickte eine Uhr. Auch dieses Geräusch zerrte an Brendas Nerven.
Brenda legte sich auf die Couch. Sie beschloß, noch eine halbe Stunde zu warten, dann wollte sie endgültig den Inspektor anrufen.
Die Minuten tropften dahin.
Ein leises Fauchen ließ Brenda plötzlich aufschrecken. Im ersten Moment wollte sie schreien, doch dann mußte sie lachen.
Sally, ihre kleine Katze, war unhörbar in das Zimmer gekommen.
»Komm, Sally«, rief Brenda und klopfte auf ihren rechten Oberschenkel.
Die Katze sprang zu ihr auf die Couch. Schnurrend legte sie sich auf Brendas Schoß.
Draußen begann es zu regnen. Die Tropfen klatschten gegen die große Fensterscheibe und liefen in langen Bahnen nach unten.
Auf einmal schreckte Sally hoch. Sie bog ihren Rücken durch und fauchte.
»Was ist denn?« fragte Brenda mit ängstlicher Stimme.
Sie kannte ihre Katze gut genug. Das Benehmen, das sie jetzt an den Tag legte, zeigte sie nur, wenn etwas Ungewöhnliches geschah. Wenn Gefahr drohte!
Die Katze sprang von der Couch und glitt auf ihren Samtpfoten unhörbar aus dem Zimmer.
Brenda richtete sich auf. Sie spürte auf einmal ihr Herz oben im Hals klopfen.
Unwillkürlich dachte sie an Miriam West und Jane Collins.
Brendas Mund wurde trocken. Sie schielte zum Telefon.
Doch noch ehe sie sich entschließen konnte, Hilfe herbeizurufen, wurde sie von dem Geschehen überrollt.
Die Haustür sprang plötzlich auf. Ein Windzug fegte durch das Haus. Dann knallte die Tür wieder zu.
Wie festgewachsen saß Brenda auf der Couch. Sie hörte das Fauchen der Katze, das Sekunden später in ein Miauen überging und schließlich verstummte.
Brenda ahnte, daß das Tier tot war.
Sie hörte Schritte. Hart, fordernd. Sie kamen auf das Zimmer zu, in dem sie saß.
Brenda hatte die Hände in das Oberteil ihres Hausanzuges gekrallt und starrte aus weit aufgerissenen Augen in Richtung Tür. Sie, die sich sonst durch nichts aus der Ruhe bringen ließ, hatte Todesangst.
Und dann stand er im Zimmer.
Dr. Boris Barow!
Groß, mächtig, unheimlich!
In der rechten Hand hielt er die tote Katze. Mit einem Schwung warf er den Kadaver bis zum Fenster.
Erst jetzt wandte er Brenda sein Gesicht zu.
»Boris?« hauchte sie.
»Ja«, erwiderte der Vampir. »Du bist die einzige bisher, die mich erkannt hat.
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