GK0085 - Amoklauf der Mumie
strafbar.«
»Nein.«
»Das können Sie mir doch nicht weis machen. Ich verlange eine Erklärung.«
»Die werden Sie auch bekommen, Tessa. Sie müssen mir aber jetzt noch vertrauen. Sie sind, wenn mich nicht alles täuscht, in Gefahr. Sie wissen nämlich zuviel.«
Tessa schwieg. Was ihr der Reporter da erzählte, klang gar nicht mal so unglaubhaft. Wenn Cornelius feststellte, daß sie verschwunden war, würde er sämtliche Hebel in Bewegung setzen, um sie zu finden. Also hieß es erst einmal abwarten. Bill und Sheila Conolly wohnten bis zur Fertigstellung ihres eigenen Hauses in einem Penthouse. Sheila hatte nach dem Tod ihres Vaters einen Chemiekonzern geerbt. Sie und Bill waren finanziell unabhängig. Den Konzern leiteten jetzt versierte Manager. Bill hatte seinen Beruf jedoch noch nicht aufgegeben. Er jagte noch immer hinter Sensationen her, sehr zum Leidwesen seiner Frau, die ihren Mann lieber zu Hause gehabt hätte. Aber Bill konnte es nicht lassen, sich zusammen mit seinem Freund John Sinclair in immer neue Abenteuer zu stürzen. Nach einer halben Stunde Fahrt waren sie am Ziel. Bill fuhr in die Tiefgarage, von der ein separater Aufzug zum Penthouse führte.
»Da wären wir«, sagte Bill und half Tessa beim Aussteigen. Sie betraten den Expreßlift und fuhren in Sekundenschnelle nach oben. Sheila Conolly war eine außerordentlich hübsche junge Frau. Ihr blondes Haar war halblang geschnitten und umrahmte ein äußerst apartes Gesicht, in dem die blauen Augen wie tiefe, unergründliche Seen wirkten.
»Du hast einen Gast mitgebracht?« fragte Sheila gar nicht mal erstaunt. Sie war an Überraschungen gewöhnt.
»Ja.« Bill erklärte ihr in ein paar Sätzen, was vorgefallen war.
Sheilas Augen wurden groß. »Aber das ist ja schrecklich«, sagte sie.
Sie streckte Tessa demonstrativ die Hand hin. »Natürlich werden Sie bei uns bleiben. Miß Mallay, bis diese unangenehme Sache erledigt ist. Sie können in unserem Gästezimmer schlafen.«
Mit einer dankbaren Bewegung fuhr Bill seiner Frau durch das Haar. Dann ging er zum Telefon und wählte eine bestimmte Nummer. Sie gehörte John Sinclair…
***
Instinktiv hatte die Mumie die frühen Morgenstunden abgewartet. Jetzt, da kaum jemand auf der Straße war, wagte sie sich aus ihrem Versteck. Die rotglühenden Augen stachen durch die Dunkelheit. Die Mumie suchte nach einem Opfer. Doch kein Mensch kam ihr entgegen. Schließlich gab das Monster es auf. Wütend und unzufrieden zog es sich wieder in sein Gebüsch zurück. Die Zeit verging. Mittlerweile wurde es hell. Von der Cromwell Road drangen die Geräusche der fahrenden Wagen zu ihr. Alles fremde Laute, die sie noch nie gehört hatte. Doch der Geist des Königs An Chor Amon entwickelte sich von Sekunde zu Sekunde neu. Die Mumie begann, sich auf ihre Umwelt einzustellen. Schon bald störten sie die fremden Geräusche nicht mehr. Immer mehr Entdeckungen machte sie. Und langsam gewöhnte sie sich auch an das Klima. Zuerst hatte die Kälte eine Schockwirkung bei ihr gehabt, aber nun machte ihr das nichts mehr aus. Es war ein Phänomen. Eine Mumie, viertausend Jahre alt, konnte fühlen und denken wie ein Mensch. Der Geist eines grausamen Königs hatte die Zeit überlebt und wurde wieder aktiviert. Und dann bog plötzlich ein Lieferwagen auf das Gelände des Museums ein. Der Wagen fuhr über den asphaltierten Weg und stoppte dicht vor dem Eingang. Ein Mann stieg aus. Professor Cornelius. Die Mumie richtete sich halb auf. Normalerweise wäre sie jetzt losgerannt, um sich ein neues Opfer zu holen. Aber bei diesem Mann war das anders. Ihm fühlte sie sich irgendwie verpflichtet. Cornelius betrat das Museum. Die Mumie ließ ein paar Minuten verstreichen und lief dann so schnell es ging auf den Wagen zu. Blitzschnell kletterte sie auf die Ladefläche und zog von innen die Plane herunter. Jetzt brauchte sie nur noch zu warten…
***
Inspektor Spencer schob seinen Hut in den Nacken und blickte Professor Cornelius mißtrauisch an.
»Sie wissen also nicht, wie die Leiche des Nachtwächters in diese Kiste gekommen ist?«
»Ich sagte Ihnen doch schon, ich habe keine Ahnung, Inspektor.«
Der Polizeibeamte umkreiste die bewußte Kiste. Er sah aus wie ein wütender Tiger. »Aber wo, zum Teufel, wo ist die Mumie geblieben?«
Professor Cornelius zuckte die Achseln. »Verschwunden.«
Spencer stieß wütend seinen Hut in den Nacken. »Verschwunden!« knirschte er. »Solch ein Monstrum kann nicht einfach verschwinden. Und welcher
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