GK0100 - Der See des Schreckens
vorbei. Das Licht des Scheinwerfers verlor sich in der dunklen Tiefe.
Shirley wollte sehen, daß sie nicht zu weit von dem Boot abkam, denn es würde hinterher schwierig sein, es bei diesem Nebel zu finden.
Das Mädchen hatte sich vorher über die Tiefe des Sees erkundigt. Es war zum Glück nicht so, daß sie einen Druckanzug gebraucht hätte.
Und sie hatte auch von der Stadt gehört, die vor Hunderten von Jahren in den Fluten versunken war. Überreste sollte es noch geben, davon hatten auch viele Taucher erzählt.
Natürlich war dieser See nicht so populär wie Loch Ness, in dem ja bekanntlich ein Ungeheuer hausen sollte, das mittlerweile zu einer Touristenattraktion geworden war. Aber wenn das stimmte, was Shirley gesehen hatte, war Loch Awe wesentlich gefährlicher.
Immer tiefer schwamm die mutige Frau. Längst war das Wasser tintenschwarz, und selbst der starke Lichtstrahl hatte Mühe, die Umgebung einigermaßen zu erhellen.
Die Stille war bedrückend. Shirleys Atem ging ruhig und regelmäßig. Sie beherrschte die Technik, hatte nichts verlernt.
Und dann sah sie den Grund.
Der Lichtschein war auf einen Hügel gefallen, der aus Schlick und Sand bestand.
Shirley schwamm näher. Fische zuckten aus dem Lichtkreis. Manche verharrten auch und glotzten neugierig auf den Ankömmling.
Shirley stoppte und wühlte mit beiden Händen in dem Sand, der zu dichten Wolken aufquoll. Das Wasser wurde noch trüber.
Langsam drang auch die Kälte durch den Anzug. Shirley fröstelte.
Plötzlich ertasteten ihre Hände etwas Hartes. Sie wühlte weiter und hatte nach kurzer Zeit ein Stück Mauer freigelegt.
Gehörte sie zu der versunkenen Stadt?
Jagdfieber erfaßte das Girl.
Mit ruhigen Bewegungen schwamm sie um den Hügel herum, der auf der Rückseite steil abfiel.
Shirley schwamm in die Tiefe, die dunkel und gefährlich vor ihr lag.
Da geschah es!
Wie aus dem Nichts war plötzlich der Sog da, erfaßte Shirleys Körper und zog das Mädchen in die Tiefe.
Shirley stemmte sich verzweifelt dagegen an. Ohne Erfolg. Wie ein Spielball wurde sie hin- und hergeworfen und unaufhaltsam in die gähnende Tiefe gezogen.
In ihren Ohren rauschte es. Einem eisernen Ring gleich legte sich der Druck auf ihren Schädel.
Das ist das Ende, dachte Shirley!
Auf einmal war alles vorbei. So schnell wie sie gekommen war, war die Strömung auch wieder verschwunden. Automatisch machte Shirley einige Schwimmbewegungen.
Ihre Lampe brannte noch.
Shirley drehte sich im Kreis – und zuckte vor Überraschung zusammen.
Sie befand sich in der versunkenen Stadt, mitten zwischen den Ruinen.
Sie sah Häuser, die zum Teil sogar noch erhalten waren. Eine dicke gelb-grüne Algenschicht lag über den Mauern. Die Türen und Fensteröffnungen gähnten dem Mädchen entgegen.
Shirley schwamm langsam weiter, hielt genau auf eines der Häuser zu.
Sekunden später tauchte sie in die Türöffnung ein.
Die Atmosphäre war bedrückend. Shirley durchschwamm die einzelnen Zimmer und dachte mit Schaudern daran, daß sie hier eventuell noch Tote finden würde.
Das war nicht der Fall.
Dafür entdeckte sie noch allerlei Gegenstände, die die Menschen damals hatten liegengelassen, bevor die große Flut gekommen war.
Zum Teil waren die Mauern auch zerstört. Balken und Bretter lagen sperrig herum.
Shirley drehte sich. Sie wollte durch eines der Fenster hinausschwimmen.
Im gleichen Augenblick verhielt sie mitten in der Bewegung.
Draußen war ein Schatten am Fenster vorbeigehuscht.
Angst stieg in Shirley hoch. War sie hier unten doch nicht allein?
Ihr Herz klopfte schneller.
Shirley nahm allen Mut zusammen und schwamm auf das Fenster zu.
Es war nichts zu sehen.
War wohl eine Täuschung, dachte das Mädchen und wandte sich wieder um. Sie fühlte selbst, daß ihre Nerven nicht mehr die besten waren, und wollte so schnell wie möglich wieder an die Oberfläche.
Nur mit den Beinen bewegte sie sich vorwärts. Schon tauchte das Türrechteck im Licht des Scheinwerfers auf. Es kam Shirley vor wie der Eingang zu einer unbekannten Höhle.
Shirley schwamm durch die Tür. Mit der linken Hand faßte sie nach dem Scheinwerfer an ihrer Brust, ließ den Lichtstrahl wandern – und…
Das nackte Entsetzen sprang Shirley Adams an.
Vor ihr schwebten fünf Leichen!
***
Der schnittige Bug des kleinen Motorbootes durchstieß die Nebelwand.
Dieses Wetter kam Sergeant Riordan gerade recht. Niemand würde sehen, wenn er sein grausiges Werk vollendete.
Riordan hielt das kleine
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