GK0110 - Hochzeit der Vampire
sie in dem düsteren Verlies. Den Blick der grünen Augen in unendliche Fernen gerichtet.
Plötzlich öffnete sie den Mund. Langsam schoben sich die Lippen auseinander. Für Augenblicke blitzte eine herrlich gewachsene Zahnreihe auf – und…
Dr. Tod lachte leise, als er die beiden spitzen Zähne links und rechts im Oberkiefer sah.
Vera Montesi war ein Vampir!
Das war das Geheimnis dieser Frau. Jahrhunderte war sie schon alt, hatte sich von dem Blut Unschuldiger ernährt und damit ihre Schönheit erhalten. Sie, die von der Familie für verschollen erklärt worden war, hatte in Wirklichkeit im Keller des Schlosses ein schreckliches Dasein geführt.
Sie hatte immer ihre Opfer gefunden. Es waren Soldaten gewesen und einfache Menschen, deren Verschwinden niemand bemerkt hatte.
Als es die Montesis nicht mehr gab, war sie nachts aus ihrem Sarg gestiegen und hatte sich ihre Opfer geholt.
Dann war Dr. Tod erschienen. Er, der mit Asmodis, dem obersten Höllenfürsten, in Verbindung stand, hatte sofort gespürt, daß diese Frau ein Werkzeug für seine teuflischen Pläne war.
Sie hatten einen finsteren Pakt geschlossen, mit dem Siegel des Teufels.
Vera Montesi brauchte einen Mann, einen Bräutigam. Und Dr. Tod wollte ihn besorgen. Hier auf dem Schloß sollte die Hochzeit der Vampire stattfinden. Der Anfang zur Invasion der Untoten. Wie ein Schwarm würden sie über das Land kommen und sich ihre Opfer holen. Und diese Opfer wurden wieder Vampire. Ein höllischer Kreislauf wurde in Bewegung gesetzt.
Und niemand konnte ihn stoppen…
Veras grüne Augen waren unverwandt auf Dr. Tod gerichtet.
»Wann ist die Hochzeit?« fragte sie. Ihre Stimme klang rauh und ungeduldig.
»Warte noch ein paar Tage, schöne Vera. Dann wirst du dir selbst unter den Gästen deinen Bräutigam aussuchen können.«
Vera schüttelte den Kopf, daß die langen Haare flogen. »Nein«, sagte sie. »Das ist zu spät. Ich spüre, wie die Kraft meinen Körper verläßt. Ich brauche Blut, um zu leben. Ich will vorher ein Opfer haben!«
Dr. Tods Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen.
Er wußte, daß Vera Montesi in diesem Stadium unberechenbar war. Also mußte er dafür sorgen, daß ein Opfer bereitstand.
Dr. Tod nahm die Fackel und ging in Richtung Ausgang.
»Gedulde dich noch ein paar Stunden. Du bekommst, was du brauchst, das verspreche ich dir.«
Sekunden später war Dr. Tod verschwunden.
Dunkelheit legte sich über das Verlies. Eine Dunkelheit, in der zwei grüne Augen kalt und mörderisch leuchteten…
***
Bill Conolly war pünktlich. Er erzählte dem Portier in der Halle gerade ein paar Witze, als John den Lift verließ.
Der Inspektor trug einen sandfarbenen Cordanzug und dazu passend Hemd und Krawatte. Man hätte bei ihm eher auf einen Playboy getippt, denn er gehörte zu den Leuten, denen man den Beruf nicht ansah.
John hatte die Dreißig knapp überschritten, war groß, schlank und durchtrainiert. Sein blondes Haar trug er kurzgeschnitten, und um seine Mundwinkel lag immer ein etwas jungenhaftes Lächeln.
Die beiden Freunde schüttelten sich die Hände.
»Wir nehmen meinen Wagen«, sagte Bill. »Du sollst schließlich mal mit einem vernünftigen Auto fahren.«
John grinste. »Hoffentlich komme ich in deine Sardinenbüchse auch rein.«
Mit Sardinenbüchse war Bills Porsche gemeint. John Sinclair fuhr einen silbermetallicfarbenen Bentley, das einzige Hobby, das er sich leistete.
Bill Conolly sah seinen Freund von der Seite an und meinte:
»Sei froh, daß ich gute Laune habe, sonst hättest du gleich schon mit ‘ner Krankenschwester flirten können.«
Die beiden lachten, und Bill öffnete die Wagentüren. Wenig später fädelte er sich in den fließenden Verkehr ein.
»Sag mal, wo ist eigentlich dieses komische Reisebüro?« fragte John.
»Am Bahnhof. In irgendeiner kleinen Seitenstraße. Ufford Street, glaube ich. Ich habe übrigens mit dem Besitzer telefoniert. Er heißt Janos Ruff«
»Hört sich schon rumänisch an.«
Bill zuckte mit den Schultern. »Kann auch ein Pseudonym sein. Wegen der Publicity.«
Sie quälten sich durch den Londoner Morgenverkehr und nahmen die Auffahrt zur Waterloo Bridge, um die Themse zu überqueren. Sie ließen den Bahnhof rechts liegen und bogen ein paar Minuten später in die Ufford Street ein.
Es war ein reines Geschäfts- und Hotelviertel. Die Häuser stammten aus den fünfziger Jahren und beherbergten zumeist Mittelklasse-Hotels. Es gab zahlreiche kleine Läden und Boutiquen, die
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