GK0125 - Der Hexenclub
Ihre ja dabeisein.«
»Ja, jetzt verstehe ich.«
Seufzend stieg Inspektor Simmons aus dem Wagen. Sein Mitarbeiter erwartete ihn schon ungeduldig.
»Hier, Inspektor, das haben wir bei dem Erhängten gefunden. Es steckte in einer Geheimtasche.«
Der Mann reichte Simmons eine Plastikhülle, die man auseinanderklappen konnte.
Inspektor Simmons betrachtete prüfend die beiden Hälften. Und dann wäre ihm bald vor Schreck die Pfeife aus dem Mund gefallen. Das war kein gewöhnlicher Ausweis, den er in der Hand hielt. Diesen Ausweis bekamen nur Leute vom Secret Service, dem britischen Geheimdienst.
»Jack Tanner«, murmelte Inspektor Simmons. »Ein Geheimdienstmann.« Entschlossen klappte Simmons den Ausweis wieder zu. »Also wenn das keinen Ärger gibt, fange ich glatt bei der Straßenreinigung an. Aber eins ist sicher.« Der Inspektor wandte sich mit einem spitzbübischen Lächeln an seinen Mitarbeiter. »Den Fall, den sind wir los, denn wenn einer ihrer Leute umgebracht wird, dann spielt der Geheimdienst verrückt. Und ehrlich gesagt, in der Haut des Mörders möchte ich jetzt nicht stecken.«
Der Inspektor ahnte nicht, daß dieser Mord der Auftakt zu einem Fall war, der ganz London in Atem halten sollte…
***
»Na, haben Sie sich bei uns gut eingelebt, Mister Jagger?«
Dean Jagger blickte auf. Er hatte sich mit einer Akte beschäftigt und war so in sein Studium vertieft gewesen, daß er den eintretenden Mister Robinson nicht bemerkt hatte.
»Entschuldigen Sie, Sir!« Jagger sprang auf. »Aber ich habe tatsächlich nicht gehört, daß Sie hereingekommen sind.«
Paul Robinson lachte. »Aber das macht doch nichts. Arbeit adelt, so sagt man doch, nicht wahr.«
Paul Robinson war Dean Jaggers Chef. Beide Männer arbeiteten im Wirtschaftsministerium, Abteilung Export. Während Paul Robinson Chef dieser Gruppe war, mußte sich Dean Jagger erst noch hocharbeiten. Er arbeitete seit drei Monaten im Staatsdienst und kam frisch von der Wirtschaftsakademie. Dean Jagger hatte sich vorgenommen, innerhalb der nächsten zwei Jahre seinen Doktor zu machen. Er war ein Fachmann auf dem Gebiet der Statistik.
Paul Robinson ließ sich auf einen freien Stuhl fallen, holte sein goldenes Zigarettenetui aus der Tasche, klappte es auf und bot Dean Jagger ein Stäbchen an.
Der junge Diplom-Kaufmann bekam einen roten Kopf. »Danke, Sir, ich rauche nicht.«
»Sie gefallen mir«, sagte Robinson spontan. »Endlich jemand, der auf seine Gesundheit achtet. Ich hätte auch längst aufhören sollen, zu rauchen, aber Sie wissen ja selbst, wie das ist. Am letzten Tag des Jahres nimmt man es sich immer vor, und wenige Stunden später sind die guten Vorsätze wieder vergessen.«
Dean Jagger nickte. Er wollte seinen Chef schließlich nicht verärgern.
Paul Robinson schlug die Beine übereinander, steckte das Zigarettenetui wieder weg und zog seine Hosenbeine hoch, damit die Bügelfalten nicht zerknautscht wurden. Robinson war ein Typ, dem korrekte Kleidung über alles ging. Er hatte die Fünfzig schon erreicht, und ein Kranz schlohweißen Haares lag auf seinem Kopf. Sein Gesicht war scharf geschnitten und von der Höhensonne gebräunt. Die fast weißen Augenbrauen stachen deutlich hervor. Robinson war nicht verheiratet, allerdings ging das Gerücht um, daß er keine Frau in Ruhe lassen könne.
»Tja, Mister Jagger, Sie sind jetzt schon einige Wochen hier, und wie ich aus Ihren Personalunterlagen ersehen habe, kommen Sie aus einer kleinen Stadt an der schottischen Grenze und sind noch immer Junggeselle. Stimmt’s?«
»Das ist richtig, Sir«, erwiderte Dean Jagger höflich. Er war kein aggressiver Typ, eher der bescheidene Wissenschaftler, der die Arbeit tat und andere den Lohn einkassieren ließ. Jaggers Gesicht war schmal, und die dunkelbraunen Augen lagen etwas zu tief in den Höhlen. Meistens trug Jagger eine Hornbrille, die ihn noch älter machte und ihm nicht besonders gut stand. Auf übermäßig gute Kleidung legte Jagger keinen Wert, hatte sich aber, nachdem er den neuen Job bekommen hatte, einige preiswerte Anzüge gekauft. Jagger war der Typ, den man übersah, er wußte das auch selbst und wunderte sich, daß sich plötzlich sein Chef für ihn interessierte. So etwas war noch nie vorgekommen.
»Haben Sie denn schon mal daran gedacht, zu heiraten?« fragte Paul Robinson direkt.
Dean Jagger hob die Schultern. »Natürlich habe ich daran gedacht. Immerhin gehe ich auf die dreißig zu. Außerdem habe ich eine feste Freundin. Eine
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