GK0125 - Der Hexenclub
direktem Gegensatz stand. Grellrot war der Mund, und er leuchtete wie ein übergroßer Blutstropfen. Dunkel, ja verheißungsvoll, blickten die Augen, doch tief in ihrem Innern schien das Feuer der Hölle zu glosen.
Unbeirrbar starrte das Gesicht den jungen Mann an. Jetzt öffneten sich die Lippen, begannen Worte zu formen.
Dean Jagger verstand sie.
Sag nichts! teilten ihm die Lippen mit. Du hast versprochen zu schweigen. Denke immer daran!
Dean Jagger nickte. Auch dies tat er unter einem Zwang. Er merkte nicht einmal, daß er überhaupt seinen Kopf bewegte.
Er zuckte nur zusammen, als er die Berührung an der Schulter spürte.
Mit einemmal löste sich der Bann. Immer noch ein wenig verwirrt drehte sich Dean Jagger um.
Ruths braune Augen blickten ihn nachdenklich an. Es war aber auch etwas Besorgnis darin zu lesen.
»Was ist mit dir, Dean?« fragte das junge Mädchen leise.
Dean Jagger wischte sich über die Stirn. Kalter Schweiß klebte an seinen Fingern. Dean setzte zweimal an, ehe er sprechen konnte. »Da war ein Gesicht«, sagte er stockend.
»Ein Gesicht?«
»Ja. Direkt vor dem Fenster. Ein Frauengesicht. Es – es schwebte in der Luft.« Dean Jagger war noch immer ganz durcheinander.
Ruth Foster lachte. »Ich glaube, Darling, du träumst. Wo soll denn das komische Gesicht hergekommen sein?«
»Ich weiß es auch nicht. Aber es war da. Und ich kann schwören, daß ich es…« Dean Jagger brach ab. Es war ihm wohl zu Bewußtsein gekommen, wie irreal seine Erklärung klang.
»Das werden wir ja gleich feststellen«, sagte Ruth. Ihre Stimme klang sehr energisch. Das Mädchen schob Dean Foster kurzerhand zur Seite und drückte den Fensterriegel nach unten. Dann zog sie die Scheibe zurück.
Kühle Abendluft drang in das Zimmer. Von der Straße her war schwach der Verkehrslärm zu hören. Im Haus gegenüber waren zahlreiche Fenster erleuchtet. Ab und zu sah man den Schatten eines Menschen hinter den Scheiben auftauchen. Ruth beugte sich über die Brüstung und drehte den Kopf nach beiden Seiten.
»Also ich sehe nichts«, sagte sie. »Bestimmt hast du dir das Gesicht nur eingebildet. Oder von unten hat sich jemand einen Scherz erlaubt.« Ruth beugte sich wieder zurück. »Du weißt das doch selbst. Früher haben wir immer Luftballons angemalt, sie an einem Band hochgelassen und damit die Nachbarn erschreckt. Genau wie wir es mit ausgehöhlten Kürbisköpfen gemacht haben. Ja, das wird es gewesen sein.«
Ruth lachte und schloß das Fenster. »Ich wußte gar nicht, daß du so schreckhaft bist«, sagte sie und drückte Dean einen Kuß auf den Mund.
Augenblicke später zuckte Ruth zurück. »Was sind deine Lippen so kalt.« Das Girl schüttelte den Kopf. »Also irgend etwas stimmt mit dir nicht.« Ruth krauste die Stirn, und eine steile Falte bildete sich. »Entweder bist du krank, Dean, oder völlig überarbeitet. Ich nehme eher das letztere an. Komm, leg dich hin.« Sie faßte den jungen Mann an der Schulter und führte ihn tiefer in das Zimmer hinein.
»Willst du dich auf die Couch legen?«
»Das ist mir egal.«
»Na, dann legst du dich am besten ins Bett. Aber warte noch einen Augenblick.« Ruth holte ihre Handtasche, kramte darin herum und zog ein Röhrchen mit Beruhigungstabletten hervor. »Hier, davon nimmst du zwei.« Sie hielt das Röhrchen hoch.
Aus dem Bad holte Ruth ein Glas Wasser. Die Tabletten hatten sich schon zur Hälfte aufgelöst, als Dean Jagger das Wasser trank. Er schluckte, schüttelte sich und stellte das Glas zur Seite.
»So, und jetzt nichts wie ins Bett«, sagte Ruth.
Das Schlafzimmer war klein und beherbergte außer einem alten Metallbett noch einen wackeligen Schrank. Beides hatte Dean von seinen Eltern geerbt.
Dean Jagger zog sich aus, schlüpfte in seinen Pyjama und legte sich hin. Die Springfedern ächzten verdächtig.
Ruth deckte ihren Freund bis zum Hals zu.
»Du kannst ruhig gehen«, sagte Dean, »ich merke schon, wie die Tabletten wirken.«
Ruth strich ihrem Freund noch einmal über das Haar, hauchte ihm einen Kuß auf den Mund und verschwand, allerdings nicht ohne vorher versprochen zu haben, ihn am nächsten Morgen wieder zu besuchen. Das Licht hatte sie eingeschaltet gelassen.
Dean Jagger hörte die Tür ins Schloß fallen. Das Geräusch klang für ihn anders als sonst, irgendwie endgültig.
Ein tiefer Atemzug hob Dean Jaggers Brust. Er hatte gelogen, als er gesagt hatte, er wäre müde gewesen. Es stimmte nicht. Dean Jagger wollte nur allein sein. Allein
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