GK0125 - Der Hexenclub
Kollegin aus meiner Studienzeit.«
»Kompliment«, sagte Paul Robinson, »ich hatte Sie immer für einen Einzelgänger gehalten.«
»Nun ja, Freundin ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck«, meinte Dean Jagger, »es ist eine Bekannte, mehr nicht. Wir treffen uns mal ab und zu, und von einer Heirat haben wir eigentlich noch nie so richtig gesprochen.«
Dean Jagger hatte höflich geantwortet. Überhaupt war er ein junger Mann, dem eine Mutter augenblicklich ihre Tochter anvertraut hätte. Jagger machte einen ruhigen, netten und bescheidenen Eindruck.
Paul Robinson erhob sich und begann, im Büro auf- und abzuwandern. Dean Jaggers skeptische Blicke verfolgten ihn.
Plötzlich blieb Robinson stehen. »Sie werden sich über die Fragen, die ich Ihnen hier gestellt habe, sicherlich gewundert haben. Aber das hatte alles seinen Grund.«
»Daran habe ich nie gezweifelt, Sir«, erwiderte Dean Jagger.
»Sehen Sie mal, Mister Jagger, Sie sind hier in London. In einer Millionenstadt. Kennen kaum jemanden, werden eins mit der Anonymität dieses Molochs. Irgendwann kommt der Punkt, da brauchen Sie Freunde oder gute Bekannte. Vielleicht quält Sie auch die Langeweile. Die Abende ziehen sich hin, und wie das englische Fernsehprogramm manchmal aussieht, das brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen. Also kurz gesagt, Mister Jagger, hätten Sie Lust, mit in einen Club zu kommen?«
»In einen Club, Sir? Wenn ich ehrlich sein soll, ich war bisher niemals ein Freund von Clubunterhaltungen. Die Atmosphäre, wissen Sie, es war mir alles zu langweilig.«
Paul Robinson lächelte wissend. »Aber wer spricht denn von einem normalen Club, mein lieber Jagger. Nein, nein, damit geben wir uns selbstverständlich nicht ab. Aber sagen Sie mal, glauben Sie an Dämonologie oder andere okkulte Phänomene?«
Dean Jagger atmete tief aus. Er sah seinen Vorgesetzten skeptisch an und fragte dann: »Erwarten Sie eine ehrliche Antwort von mir, Sir?«
»Ja.«
»Ich glaube an diese Sachen nicht. Ich weiß, daß in letzter Zeit die Horrormasche ihre Blüten treibt, aber für mich ist das alles purer Unsinn oder Altweibergewäsch. Gerade dort, von wo ich herkomme, erzählt man sich die schaurigsten Dinge. Auf dem Land glaubt man ja noch an Geister und Spukgestalten, aber ich habe nie etwas davon gehalten. Außerdem habe ich auch noch keinen Geist gesehen. Und wenn, würde ich mir zutrauen, ihn zu vertreiben. Aber mit normalen irdischen Mitteln.«
»Das war eine informative Antwort«, sagte Paul Robinson. »Und ich respektiere auch ohne weiteres Ihre Haltung. Aber hätten Sie nicht doch mal Interesse, unseren Hexenclub zu besuchen?«
Paul Robinson hatte absichtlich langsam gesprochen. Er wollte seine letzten Worte wirken lassen. Er sah es Jaggers Gesicht an, daß dieser mit sich kämpfte. Einerseits weigerte sich Jaggers kühler Verstand dagegen, sich auf solch einen Firlefanz einzulassen, andererseits wollte er seinen Chef nicht vor den Kopf stoßen. Es war schon eine verzwickte Situation, in der sich der junge Wirtschaftswissenschaftler befand.
»Ich bin Ihnen nicht böse, wenn Sie absagen, aber viele Ihrer Kollegen sind ebenfalls Clubmitglieder und auch Realisten, wie Sie es sind.«
»Tja.« Unschlüssig drehte Dean Jagger einen Bleistift in der Hand. »Wann findet dieses Treffen denn statt?«
»Morgen abend.«
Dean Jagger überlegte schnell. Für den folgenden Tag hatte er sich nichts Besonderes vorgenommen, sah man einmal von seinen Studien für die Doktorarbeit ab. Eigentlich könnte es klappen.
»Gut, Sir«, sagte Dean Jagger, »ich bin einverstanden.«
Paul Robinsons Gesicht hellte sich auf. »Es freut mich wirklich, Mister Jagger. Sie werden bestimmt nicht enttäuscht. Über die Einzelheiten reden wir morgen noch. Wir werden dann mit meinem Wagen fahren. Und worum ich Sie noch bitten möchte – sagen Sie zu niemandem ein Wort. Es braucht nicht breitgetreten werden, Sie verstehen?«
»Selbstverständlich, Sir.«
»Dann wünsche ich Ihnen noch einen guten Tag«, sagte Robinson und reichte Dean Jagger die Hand, die dieser kräftig drückte.
Paul Robinson verließ das kleine Büro, und Dean Jagger sah nicht das triumphierende Lächeln auf dem Gesicht seines Vorgesetzten…
***
Dean Jagger konnte sich die restlichen Stunden nicht mehr so konzentrieren wie sonst und war froh, als endlich Feierabend war. Sonst hatte er immer noch länger im Ministerium gesessen, doch heute wollte er so schnell wie möglich nach Hause.
Sein Morris stand auf
Weitere Kostenlose Bücher