GK0137 - Das Todeskabinett
denn da?«
»Ich will den beiden mal einige Fragen stellen?«
»Sie meinen, die haben mit dem Mordfall an Milly Day zu tun?«
Talbot hob die Schultern. »Kann sein. Aber das will ich ja gerade feststellen.«
Sergeant Tirey schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Die alten Schachteln sind zwar Giftzangen, aber nur mit dem Mund. Nee, einen Mord traue ich den beiden nicht zu.«
»Das hat ja auch keiner gesagt.« Talbot stand auf. »Sie wissen also Bescheid, wo ich im Notfall zu erreichen bin.«
»Gut, Inspektor. Haben die Bradfords Telefon?«
»Nein.« Der Inspektor war schon an der Tür und nahm seinen Mantel vom Garderobenständer. »Also bis später dann.«
Als die Tür hinter Talbot ins Schloß gefallen war, murmelte Tirey: »Ideen hat der Mann, na ja, ist ja nicht mein Bier.« Dann bestellte sich der Sergeant erst einmal eine Riesentasse Tee.
Talbots Dienstwagen, ein froschgrüner Morris, stand auf dem Parkplatz.
Als Talbot den Wagen ansteuerte, schossen zwei Reporter wie Bluthunde auf den Beamten zu.
»He, Inspektor, haben Sie schon eine Spur von dem Killer?«
Talbot winkte ab. »Kein Kommentar.«
»Stimmt es denn, daß extra ein Mann vom Yard gekommen ist?«
»Wenn Sie es wissen, warum fragen Sie dann?« Talbot schloß seinen Wagen auf. »So, und nun lassen Sie mich bitte fahren. Ich habe es eilig.«
»Aber die Bevölkerung hat ein Recht auf…«
Talbot hörte gar nicht mehr hin. Er knallte die Tür zu und startete.
Enttäuscht und wütend blickten die Reporter dem grünen Wagen hinterher.
Inspektor Talbot kannte in Tonbridge jeden Stein. Er fuhr eine Abkürzung, um zu dem Haus der beiden Schwestern zu gelangen. Er parkte fast an der gleichen Stelle, wo auch John Sinclair seinen Wagen einige Stunden vorher abgestellt hatte.
Als Talbot ausstieg, blickte er sich nach Janet Sturgess um, doch er konnte sie nirgendwo entdecken. Achselzuckend ging er auf das einstöckige Haus zu. Über der Tür brannte eine Kugellampe. Sie gab kaum Licht. Höchstwahrscheinlich mußte die Schale mal vom Dreck befreit werden.
Talbot schellte.
Schnelle Schritte kamen auf die Tür zu. Dann wurde die Tür sehr heftig aufgerissen. Sekundenlang sah Talbot in Lydia Bradfords überraschtes Gesicht, dann verschloß es sich wieder und nahm einen etwas abweisenden Ausdruck an.
Talbot hatte das Gefühl, daß die beiden Schwestern jemanden erwartet hatten – aber ihn bestimmt nicht.
»Guten Abend, Miss Bradford«, sagte der Beamte und zeigte seine Dienstmarke. »Ich bin Inspektor Talbot von der hiesigen Mordkommission und hätte gern einmal mit Ihnen gesprochen.«
Lydia Bradford blickte erst die Marke an und dann den Inspektor. »Ist es sehr wichtig?«
»Ja.« Talbot hatte instinktiv erfaßt, daß die Schwestern von seinem Besuch nicht begeistert waren, daß er ihnen ungelegen kam. Und wenn Talbot so etwas merkte, schaltete er auf stur. Dann konnte er anhänglicher sein als ein Kettenhund.
»Also gut, Inspektor, kommen Sie rein.«
»Lydia, wer ist es denn? Ist es Larry?« Emilys Stimme erklang aus dem Livingroom.
Lydia verzog das Gesicht. Die Frage hatte ihr wohl nicht gepaßt. »Nein, es ist nicht Larry, sondern Inspektor Talbot.«
Daraufhin schwieg Emily.
Talbot lächelte schief. »Ich scheine nicht gerade sehr willkommen zu sein«, meinte er.
»Welcher Polizeibeamte ist das schon?« kam die Gegenfrage.
»Da haben Sie recht, Miss Bradford. Denn irgendwo hat jeder ein schlechtes Gewissen.«
Lydia Bradford gab keine Antwort. Statt dessen deutete sie auf die offenstehende Tür des Livingrooms.
Talbot betrat das Zimmer. Er war noch nie hier gewesen und wunderte sich darüber, daß es noch Menschen gab, die sich soviel Kitsch in ihre Wohnung stellten.
»Nehmen Sie Platz, Inspektor«, sagte Lydia und machte Talbot mit ihrer Schwester Emily bekannt, die auf dem Sofa gelegen und sich bei Talbots Eintritt erhoben hatte.
Lydia setzte sich ebenfalls. Über ihre Brille hinweg peilte sie den Beamten an.
»Ich komme aus zwei Gründen«, sagte Talbot. »Erstens habe ich noch einige Fragen bezüglich des Mordes an Milly Day, und zweitens interessiert mich eine gewisse Janet Sturgess. Sie war eine Klassenkameradin von Milly.«
»Ich wüßte nicht, wie wir Ihnen helfen könnten, Inspektor«, erwiderte Lydia Bradford reserviert. »Wir haben bereits alles gesagt, was wir wußten. Es war ein Kollege von Ihnen hier, ein gewisser Oberinspektor Sinclair. Was allerdings den zweiten Teil Ihrer Frage angeht, so muß ich Sie
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