GK0137 - Das Todeskabinett
enttäuschen. Ich kenne keine Janet Sturgess. Und meine Schwester auch nicht. Es tut mir leid.«
Talbot knetete nachdenklich sein Kinn. »Das ist allerdings seltsam, Miss Bradford. Janet Sturgess müßten Sie eigentlich gesehen haben. Sie hat einige Zeit vor Ihrem Haus verbracht und sich auch mit meinem Kollegen unterhalten. Ich frage nur deshalb, weil Miss Sturgess verschwunden ist und wir Grund zu der Annahme haben, daß ihr unter Umständen irgend etwas geschehen ist.«
Lydia Bradford lachte schrill. »Da hört doch alles auf, Inspektor. Sind wir denn plötzlich zu Hüterinnen der jungen Mädchen geworden? Reicht es nicht, daß sie sich an Larry heranmachen? Wieso beobachtet das Weibsbild überhaupt unser Haus. Schon allein das ist eine Unverschämtheit.«
Talbot ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Vielleicht hatte sie einen Grund.«
Lydia Bradford wurde blaß. »Verdächtigen Sie uns etwa?« fragte sie gefährlich leise.
»Jeder ist verdächtig, Miss Bradford.«
»Hast du das gehört, Emily?« kreischte Lydia. »Dieser Mensch wagt es, uns zu verdächtigen. Das ist eine Unverschämtheit. Ich halte dieses Gespräch für beendet.«
Emily Bradford nickte bestätigend.
Talbot schüttelte den Kopf. »Sie werden mich nicht aus dem Haus werfen können. Ich bleibe solange, bis Ihr Neffe Larry zurückkommt.«
Lydia Bradford schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. »Sie wissen, wo Larry steckt?«
»Ja.«
»Und wo?« Die Frage der Frau klang lauernd, doch Talbot hatte das Gefühl als würde Lydia Bradford längst Bescheid wissen.
Trotzdem beantwortete er die Frage. »Larry trifft sich mit Oberinspektor Sinclair. Er wollte ihm so einiges erzählen. Ich glaube, daß wir nach dem Gespräch wissen, wer Milly Day ermordet hat. Die beiden treffen sich übrigens an der abgebrannten Waldhütte, und außerdem kam der Vorschlag von Larry.«
Lydia Bradford hatte die Hände zu Fäusten geballt und den Kopf angriffslustig vorgeschoben. »Larry wird Ihrem Kollegen nichts sagen. Weil er gar nichts weiß. Und falls er in seinem Leichtsinn wirklich etwas ausplaudern sollte, dann müssen Sie erst mal beweisen, daß es stimmt.«
»Das werde ich auch«, sagte Talbot. »Und noch etwas möchte ich Ihnen sagen. Sollte Janet Sturgess ebenfalls tot sein, dann werde ich Ihnen die Hölle heiß machen, darauf können Sie sich verlassen. Ich bin sicher, daß in diesem Hause so einiges vorgeht, und verlassen Sie sich darauf, ich werde es auch herausbekommen.«
»Haben Sie denn einen Durchsuchungsbefehl?« erkundigte sich Lydia Bradford höhnisch.
»Nein.«
»Na also. Dann würde ich an Ihrer Stelle nicht so eine große Lippe riskieren, Inspektor. Wissen Sie, was für ein Gefühl ich habe? Sie wollen uns etwas anhängen. Darauf allein kommt es Ihnen an. Sie brauchen einen Mörder, und wir sind Ihnen da gerade richtig gekommen.«
»Es tut mir leid, wenn Sie das so sehen«, erwiderte Talbot.
»Es tut Ihnen leid?« Lydia Bradford lachte. »Sie entschuldigen, daß ich Ihnen das nicht abkaufe. Nein, Inspektor, Sie brauchen einen Mörder, und die Wahl ist auf uns gefallen.«
»Reden Sie doch nicht solch einen Unsinn. Daß ich Sie verdächtige, haben Sie sich selbst zuzuschreiben. Warum haben Sie eigentlich gelogen, als Sie gefragt worden sind, wo Larry Harker in der fraglichen Mordnacht gewesen ist.«
»Larry war hier. Emily kann es bezeugen. Ich habe nicht gelogen.«
»Ja, das stimmt«, sagte Emily Bradford.
»Warum hat Larry denn etwas anderes behauptet?« bluffte der Inspektor, der selbstverständlich von Larry Harkers Gespräch mit John Sinclair nichts wissen konnte.
Emily Bradford schwieg.
»Nun, hatte ich recht?«
»Ja und nein, Inspektor. Vielleicht hat Larry das behauptet, aber kein Gericht der Welt würde es anerkennen. Larry ist – das muß ich leider sagen – nicht ganz richtig im Kopf. Er ist schizophren. Das ist auch der Grund gewesen, weshalb wir immer so auf ihn geachtet haben. Auch in der fraglichen Nacht. Vielleicht hat er sich eingebildet, in der Hütte gewesen zu sein – ich weiß es nicht.«
»Gut, das werden wir ja nachprüfen können«, sagte Talbot und blieb plötzlich stocksteif sitzen.
»Ist was, Inspektor?«
Talbot sprang auf. »Ich habe einen Schrei gehört. Ganz schwach nur, aber es war ein Schrei.«
Lydia Bradford lächelte. »Aber, Inspektor, jetzt leiden Sie an Einbildungen. Hier hat niemand geschrien. Oder hast du etwas gehört, Emily?«
»Nein.«
»Zum Teufel, ich habe mich
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