GK0153 - Die Rache der roten Hexe
bedachte sie mit Blicken, die ihr bald körperlich wehtaten. Am liebsten hätte er sie mit seinen Augen ausgezogen. Jane beschloß, sich vor dem Kerl in acht zu nehmen.
Marcel Fontaine fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. »Was sagen Sie dazu, meine Herren, eine Frau in unserer Mitte. Wenn das kein Zündstoff ist.«
»Monsieur, Mademoiselle Collins ist meine Sekretärin«, sagte George Plummer. »Merken Sie sich das.«
»Schon gut, schon gut. Wußte ja nicht, daß Sie so empfindlich sind.«
»Und verheiratet sind Sie mit der Kleinen auch nicht, wie?« fragte Pierre Lassalle lauernd.
»Nein, sind wir nicht«, erwiderte Jane scharf. »Aber ich möchte eins klarstellen, keiner von Ihnen entspricht nur im entferntesten meinem Typ. Auch Sie nicht, Monsieur Lassalle.«
Pierre Lassalle preßte die Lippen aufeinander, und Fontaine konnte sich ein schadenfrohes Lachen nicht verkneifen. Nur Gu Domingo und seine beiden Leibwächter hatten bisher noch keinen Ton gesagt.
»Aber meine Herrschaften, ich bitte Sie, vertragen Sie sich doch. Wir werden hier wohl einige Tage wohnen, und Sie müssen miteinander auskommen«, sagte Madame Millau.
»Sie sind ja verrückt!« Wie an der Schnur gezogen, wandten sich die Köpfe der Anwesenden dem Sprecher, Gu Domingo, zu. Der Gangsterboß mit dem kantigen Gesicht hatte die Hände zu Fäusten geballt und war aufgestanden. Sein eiskalter Blick fixierte Madame Millau. »Sie glauben doch nicht, daß ich hier eine Sekunde länger bleibe als unbedingt nötig. Ich habe Geschäfte zu erledigen, und wer mich daran hindern will, bekommt eine Unze Blei verpaßt. Das nur, damit wir uns verstanden haben. Und nun rücken Sie mal raus mit der Sprache. Weshalb haben Sie uns in dieses verdammte gottverlassene Haus herbestellt?«
Madame Millau lächelte. Es war falsch wie die Zähne mancher Filmschauspielerin. »Mäßigen Sie sich, Monsieur Domingo. In wenigen Minuten wissen Sie Bescheid. Einen Augenblick, ich bin gleich zurück.«
Madame Millau deutete eine spöttische Verbeugung an und verschwand durch eine Tür.
Schweigen begleitete sie. Die Anwesenden sprachen kein Wort miteinander. Jane sah sich das Geländer der breiten Treppe an, die hinauf in das obere Stockwerk führte.
Ray Danton, der neben Jane saß, rieb seine Hände über den Stoff der Cordhose. Das schabende Geräusch klang überlaut durch die Stille.
Zwei Minuten später war Madame Millau wieder da. Sie hielt einen Kassettenrecorder in der Hand und stellte ihn mit einer behutsamen Geste auf den Tisch.
Dann blickte sie jeden Anwesenden an. Atemlose Spannung lag in der Luft. »Ich bitte Sie jetzt, genau zuzuhören«, sagte Madame Millau. »Denn nun werden Sie den Grund Ihrer Einladung erfahren.«
Mit einem Fingerdruck betätigte Madame Millau die Taste des Recorders, Die Spulen begannen sich zu drehen. Einige kratzende Bandgeräusche waren zu vernehmen, und dann die Stimme einer Frau, »Willkommen auf Maison Bayeus, liebe Gäste. Es ist mir eine große Ehre, Sie für drei Tage bewirten zu dürfen. Ich habe lange auf Sie gewartet, genaugenommen waren es dreihundertzweiundzwanzig Jahre. An diesem Tag haben fünf Männer etwas getan, was die Rache der Hölle heraufbeschworen hat. Sie waren die Anführer einer Horde, die mich, Lucille Latour, aus dem Haus geholt und als Hexe verbrannt haben. Ja, ich war eine Hexe, die Männer wußten es. Was sie allerdings nicht wußten, war, daß ich mit dem Teufel einen Pakt geschlossen hatte. Daß ich unsterblich war. Daß irgendwann der Tag der Rache kommen würde. Und diese Zeit ist nun eingetreten. Die Jahrhunderte im Reiche der Finsternis waren nicht vertan. Ich hatte Zeit, mir meine Rache zu überlegen. Immer wieder bin ich in dieses Haus zurückgekehrt, habe die Bewohner durch die Kräfte der Hölle vertrieben, oder sie zu Mord und Brandstiftung angehalten. Ja, dieses Haus ist ein Geisterhaus, und Sie sind meine Gefangenen. Sie haben hier alles. Elektrisches Licht, das beste Essen, Sie brauchen nichts zu entbehren. Nur – werden Sie in spätestens drei Tagen tot sein.«
Marcel Fontaine sprang auf. Sein Gesicht hatte, eine tiefdunkle Farbe angenommen. Der Stuhl hinter ihm war auf den Boden gekippt.
»Das ist doch Unsinn!« brüllte Fontaine. »Schmeißt dieses verdammte Tonband gegen die Wand. Ich kann diesen Mist nicht mehr hören!«
»Setzen Sie sich hin!« Scharf wie ein Peitschenknall klang Madame Millaus Stimme. Die Frau hatte das Band gestoppt und blickte Fontaine aus
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