GK0153 - Die Rache der roten Hexe
klatschte aber dicht unter der Detektivin in die Treppenstufen. Saccu lachte wie ein Satan. Er stand in Combatstellung, leicht in den Knien eingeknickt und hielt das Gelenk der rechten Schußhand mit der linken umklammert.
Jane Collins war stocksteif und schreckensbleich stehengeblieben. Mit angstverzerrtem Gesicht blickte sie auf den unter ihr lauernden Killer.
»Die nächste Kugel trifft, Puppe«, sagte Saccu mit schneidender Stimme. Er mußte seinem perversen Mordtrieb irgendwie freien Lauf lassen.
Doch dann griff Gustav Domingo ein. Er hatte sich an seinen Leibwächter von der Seite her herangeschlichen und die Hand zur Faust geballt.
Wuchtig schlug er sie auf Saccus Waffenarm. Der Killer schrie auf, ließ die Pistole jedoch nicht los, kreiselte herum und richtete die Mündung auf Domingo.
Der Gangsterboß drosch seinem Leibwächter die Faust ins Gesicht. »Willst du auf mich schießen, du hirnloser Idiot?« brüllte er. »Laß die Kleine gehen. Sie gehört ja doch nicht zu uns. Vielleicht trifft sie den Bullen noch, und dann können die beiden gemeinsam zur Hölle fahren.«
Saccu wischte sich mit der freien Hand über das Gesicht. Blut sickerte aus seinem linken Nasenloch. »Gut, Chef«, sagte er, »vielleicht hast du recht.«
»Nicht nur vielleicht, sondern ganz bestimmt.« Domingo machte eine herrische Handbewegung. »Hau schon ab, Süße, ehe ich es mir noch anders überlege.«
Jane machte kehrt und ging mit weichen Knien weiter die Stufen hinauf.
Himmel, dachte sie, das hätte auch ins Auge gehen können. Dieser Saccu war eine menschliche Bestie, ein eiskalter, brutaler Töter, dem ein Menschenleben nichts galt.
Jane erreichte den Gang. Unten in der Halle sprachen die Männer durcheinander.
Doch Jane war schon zu weit weg. Sie konnte nicht verstehen, was geredet wurde.
Dann erreichte sie das Zimmer des toten Fontaine. Hier hatte John etwas gesucht. Er war nicht fertig geworden, das hieß aber noch lange nicht, daß dieses Zimmer kein Geheimnis barg.
Die Privatdetektivin sah sich gründlich in dem Raum um, soweit es die Dunkelheit zuließ. Sie untersuchte alles genau und gelangte auch schließlich an den Schrank.
Da fiel ihr auf, daß die Tür nicht verschlossen war. Hatte das etwas zu bedeuten?
Jane zog die Tür auf. Aus weit aufgerissenen Augen starrte sie in den dunklen Schrank. Jetzt hätte sie gern eine Taschenlampe oder eine Kerze gehabt. Doch ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Jane konnte Umrisse ausmachen. Unter anderem sah sie, daß die Rückwand des Schrankes nicht mehr vorhanden war.
Ein Geheimgang! schoß es Jane durch den Kopf. Die Detektivin kroch in den Schrank hinein. Jagdfieber hatte sie plötzlich gepackt. Sie ahnte, daß sie auf der richtigen Spur war. Ihre suchenden und vorgestreckten Hände tasteten den Boden ab und stießen gegen einen kastenförmigen Gegenstand.
Jane biß sich vor Aufregung fast die Zunge ab. Sie befühlte den Gegenstand genauer und hätte bald vor Freude einen Jubelschrei ausgestoßen.
Sie hatte den Koffer gefunden. John Sinclairs Koffer! Hier also hatte ihn die Alte versteckt. Jane Collins brauchte nur mehr eins und eins zusammenzählen. Sie sah die offene Rückwand, den Geheimgang und wußte, daß John hier mit Madame Millau verschwunden war.
Jane Collins zögerte nicht mehr länger. Jetzt kam es auf jede Sekunde an.
Auf allen vieren kriechend tauchte sie in den schräg abfallenden stockdunklen Gang ein. Den Koffer schob sie vor sich her.
***
Die Hexe war von einer nahezu teuflischen Schönheit. Und – was John Sinclair selten passiert war – die Frau zog ihn in ihren unheimlichen Bann.
Feuerrotes Haar umrahmte das weiße Gesicht wie eine züngelnde Flamme. Schräg standen die beiden Augen, in deren Pupillen ein gefährliches, aber gleichzeitig magisch wirkendes Funkeln lag. Das lange weiße Kleid schmiegte sich eng um die vollendete Figur. Es war mit Rüschen und Borden verziert und besaß einen ovalen Ausschnitt. Die Finger der Hexe waren unnatürlich lang und die grünen Nägel spitz wie Dolche.
Sekundenlang fixierten sich die beiden ungleichen Gegner, tasteten sich mit den Augen ab, und dann glitt ein kaltes Lächeln über die Gesichtszüge der Hexe.
»Ich hätte nie gedacht, daß es so einfach sein würde, den berühmten Geisterjäger in die Falle zu locken«, sagte Lucille Latour. »Man hat dich sehr überschätzt, John Sinclair.«
John stand locker vor der Hexe. Nichts an ihm verriet, daß auch er Angst hatte, Er stand
Weitere Kostenlose Bücher