GK0163 - Der Unheimliche von Dartmoor
bestand kein Zweifel mehr. Aber es war in den Sumpf gelaufen, und dieser tückischen Hölle war noch niemand entkommen Auch ein Monster würde dazu nicht die Kraft haben. Aber wer gab ihm die Garantie, daß nur ein Monster existierte? Konnten es nicht auch mehrere sein?
Dieser Gedanke ließ dem Arzt keine Ruhe. Hier mußte die Polizei eingreifen, und zwar nicht die Gendarmerie der Kreisstadt, sondern Scotland Yard. Doktor Murdock hatte seinen Entschluß gefaßt. Schon am nächsten Tag wollte er nach London fahren.
Murdock legte sich ins Bett und versuchte, ein wenig zu schlafen. Es gelang ihm erst in den Morgenstunden.
Um sechs Uhr früh war er schon wieder auf den Beinen. Er rief im Zuchthaus an und nahm sich zwei Tage Urlaub.
Bevor er abfuhr, sah er noch einmal nach Mrs. Wicker. Die Frau sah erbarmungswürdig aus. Eine Nachbarin hatte sich bereit erklärt, sie für einige Zeit zu sich zu nehmen.
Dr. Murdock war fürs erste zufrieden.
Als er sich gegen Mittag der Millionenstadt London näherte, kamen ihm zum erstenmal Bedenken, ob er sich richtig verhalten hatte. Wahrscheinlich würde man ihn bei Scotland Yard auslachen, aber das war ihm plötzlich egal. Er wollte sich hinterher nicht den Vorwurf machen, etwas versäumt zu haben.
Doktor Murdock war schon einige Male in London und kannte sich relativ gut aus. Über die breite vierspurige Kensington Road erreichte er die City und hatte wenig später das Scotland-Yard-Gebäude in der Victoria Street gefunden.
Nach einigem Hin und Her landete Doktor Murdock schließlich bei einem Superintendent Powell. Der hörte sich seinen Bericht an und ließ direkt ein Aufnahmeprotokoll anfertigen.
»Und was gedenken Sie zu unternehmen, Sir?« fragte Doktor Murdock, als er seinen Bericht beendet hatte.
Superintendent Powell nahm ein Schluck aus seinem Mineralwasserglas. Durch die dicken Brillengläser fixierte er seinen Besucher sekundenlang. Murdock kam sich vor wie ein Kaninchen, das von einer Schlange belauert wurde.
Schließlich meinte Powell »Sie fahren am besten wieder zurück, sprechen mit niemandem über unsere Unterredung, und alles andere wird sich finden.«
Doktor Murdock war enttäuscht. »Das ist ziemlich mager, Sir. Ich hatte gedacht…«
»Das Denken und Handeln überlassen Sie besser uns, Doktor.« Powell stand auf. »Es freut mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.« Mit diesen Worten war Doktor Murdock entlassen.
Powell aber blieb nachdenklich hinter seinem Schreibtisch sitzen.
Schließlich griff er zum Telefon und wählte eine bestimmte Nummer.
Sie gehörte Oberinspektor John Sinclair, den man auch den Geister-Jäger nannte…
***
Eine Woche verging.
Sieben Tage, in denen sich nichts tat. Die grünhäutige Bestie tauchte nicht wieder auf, und es gelang auch keinem Gefangenen mehr die Flucht. Das Leben in Scranton und in dem düsteren Zuchthaus begann sich wieder zu normalisieren.
Eine Tatsache, die Doktor Murdock überhaupt nicht schmeckte. Nicht daß er sich gewünscht hätte, das Monster würde wieder auftauchen, aber er hatte doch angenommen, daß Scotland Yard reagieren würde.
Aber anscheinend hatte man ihn nicht für voll genommen. Es blieb seltsam ruhig.
Ein paar mutige Männer waren in den Sumpf hinausgefahren. Sie hatten jedoch von Tom Wicker keine Spur entdeckt. Das Moor war zu seinem Grab geworden.
Doch dann kam der siebte Juli. Es war ein Mittwoch, ein Tag, der in die Annalen des Zuchthauses eingehen sollte…
***
Der graugestrichene Gefangenentransporter rollte über das Betonband der Straße. Die beiden Männer im Führerhaus kannten die Strecke nach Dartmoor im Schlaf. Sie hätten sie auch mit verbundenen Augen fahren können. Heute brachten sie nur einen Mann in das Zuchthaus.
Er hockte hinten im ausbruchssicheren Kastenraum des Wagens. Der Mann war ein Gewaltverbrecher, verurteilt zu fünfzehn Jahren wegen Totschlags. Der Mann machte eigentlich einen ruhigen – ja, sogar sympathischen Eindruck, und die beiden Fahrer waren sicher, daß von ihm keine Gefahr drohte.
Sie hatten bereits die tollsten Sachen erlebt. Manche Gefangenen hatten schon angefangen zu toben, hatten unterwegs den ersten Koller gekriegt. Das waren aber auch die Typen, die sich in Dartmoor selbst umbrachten.
Der Wagen erreichte Scranton.
Bob Miller, der Beifahrer, blickte auf seine Uhr. »Wir sind fast eine Stunde zu früh dran«, sagte er. »Wie wär’s mit ‘nem kleinen Schluck.«
Sein Kollege grinste. Er hieß Redcliff und wurde nur Reddy
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