GK0176 - Der Alptraum-Friedhof
Stimme. »Er ist mir entkommen!« Mit einem verlorenen Lächeln gab er dem Pfarrer das Kreuz zurück. »Vielen Dank, es hat mir das Leben gerettet.«
Der Priester nahm das Kreuz entgegen. Seine Lippen waren blaß. »Die Zeit des Satans ist angebrochen«, sagte er. »Hoffen wir, daß die Macht des Guten stark genug ist, um der Hölle entgegenzustehen. Wenn das Ende der Welt nahe ist, werden seine Diener kommen, um den Weg des Teufels vorzubereiten.«
Kommissar Mallmann wußte, wie es in den Männern aussah. Ihm selbst, der ja schon einmal mit dem Grauen konfrontiert worden war, ging es auch nicht besser. Nie würde er begreifen können, daß solche Dinge überhaupt geschehen konnten.
»Und jetzt?« fragte Harry König, nachdem er sich mehrmals geräuspert hatte.
Kommissar Mallmann grinste hart. »Ich weiß, Sie erwarten von mir eine Antwort darauf, was wir nun unternehmen können. Aber ich muß Ihnen sagen, ich bin überfragt. Nur soviel: Wichtig ist, daß wir strenges Stillschweigen über das bewahren, was heute geschehen ist. Kein Wort von der lebenden Leiche. Unter den Menschen würde es zu einer Panik kommen, und die können wir auf keinen Fall brauchen. Und besonders Sie, Franz Torgau, möchte ich darauf hinweisen. Halten Sie um Himmels willen den Mund. Kein Wort im Gasthaus – nichts. Versprechen Sie das?«
Der Totengräber nickte. »Bevor der Spuk nicht beendet ist, kehre ich nicht auf den Friedhof zurück.«
»Die Leute werden fragen, weshalb wir den alten Leitner nicht beerdigen«, warf der Pfarrer ein.
»Sie müssen sie eben vertrösten«, erwiderte der Kommissar. »Außerdem wird ja noch heute die Mordkommission erscheinen, und dann sagen wir einfach, sie hätte den Friedhof noch nicht freigegeben, was durchaus der Fall sein kann.«
»Wollen Sie denn den Beamten von dem Vorfall berichten?« fragte der Pfarrer.
»Nein.«
Die Augen des Priesters wurden groß. »Ja – aber wie…?«
»Ich habe noch keine Ahnung. Es kann durchaus sein, daß ich es auf eigene Faust versuchen werde. Wir müssen diese Bestie fangen. Ich halte heute nacht auf dem Friedhof Wache. Vielleicht kehrt der alte Leitner wieder zurück.«
»Und dann…?«
Kommissar Mallmann schwieg. Nach einer Weile meinte er: »Das wird alles die Situation ergeben.«
Die Männer schlossen das Tor des Friedhofes und gingen zum Hotel Waldfrieden zurück. Im Gastraum saßen eine Anzahl Trauergäste. Sie standen noch immer unter dem Schock des furchtbaren Ereignisses und redeten wild durcheinander.
Harry König wurde mit Fragen bestürmt, doch er wehrte sie alle ab. Der Totengräber war ins Dorf zurückgegangen, und während Kommissar Mallmann die Mordkommission in Freiburg anrief, hatten Harry König und der Pfarrer an einem der noch freien Tische Platz genommen. Beide hatten sich einen Schnaps bestellt, und auch für Mallmann stand ein Glas bereit.
»Auf den Schreck«, sagte Harry König, als der Kommissar zurückgekommen war und Platz genommen hatte.
Die Männer tranken.
Harry König verzog das Gesicht. »An das Kirschwasser werde ich mich nie gewöhnen können«, sagte er, aber langsam kehrte wieder Farbe in sein Gesicht zurück. Er sprach Kommissar Mallmann direkt an. »Sagen Sie, Kommissar, haben Sie für diese grauenhaften Vorgänge eine Erklärung? Ich erinnere Sie an unser Gespräch vor etwas über einer Stunde. Da haben Sie mir gesagt, daß es Dinge gibt, die wir mit unserem Verstand nicht begreifen können. Sie haben ja Lisa geglaubt.«
»Demnach werden Sie Ihre Meinung auch geändert haben, Herr König.«
»Ja, das stimmt.«
»Entschuldigen Sie, wenn ich mich einmische«, sagte der Pfarrer, »aber wovon reden Sie?«
Kommissar Mallmann schilderte mit wenigen Worten, was ihm Harry König über Lisas Entdeckung gesagt hatte.
»Dann ist der alte Leitner also schon vorher herumgespukt«, meinte der Pfarrer.
»Es sieht danach aus.«
»Mein Gott, was soll das noch werden?« flüsterte der Geistliche. »Ist der Satan denn schon so stark geworden?«
Mallmann gab keine Antwort. Grübelnd sah er in sein leeres Glas. »Worüber denken Sie nach, Kommissar?« fragte Harry König.
»Ich denke daran, daß wir zusammen dem Phänomen ziemlich hilflos gegenüberstehen, aber es gibt jemand, der mit der Sache durchaus fertig werden könnte.«
»Sie meinen Ihren Bekannten in London?«
»Genau den. Oberinspektor Sinclair ist Beamter von Scotland Yard. Er beschäftigt sich jedoch nicht mit normalen Fällen, sondern greift immer dann ein,
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