GK0183 - Das Hochhaus der Dämonen
»Glauben Sie mir denn, Herr Oberinspektor?«
John Sinclair blickte Plummer ernst an. »Ja, ich glaube Ihnen, was Sie erzählt haben. Und mag es noch so ungeheuerlich klingen.«
»Ich sehe, Sie sind ein Mann, der Ahnung hat«, erwiderte Plummer und nickte anerkennend. Er bedachte die Heimleiterin mit einem zufriedenen Blick. Und sie verstand plötzlich die Welt nicht mehr.
***
Suko empfing John Sinclair mit einem vorwurfsvollen Blick auf die Uhr.
»Du hast dich verspätet, mein Lieber«, sagte er. »Und das um eine Viertelstunde.«
John hängte den Mantel an den Haken. »Ich wurde aufgehalten.«
»War sie blond?«
»Nein.« Der Geister-Jäger grinste. »Sie hatte gar keine Haare mehr. Der Schädel war skelettiert.«
Suko mußte schlucken. »Was war los?«
»Komm mit in den Living-room, dann erzähle ich es dir.« John ließ sich in einen Sessel fallen. Suko hatte die beiden Koffer schon gepackt. Sie standen auf dem Boden. Einer war geschlossen, bei dem anderen war der Deckel noch hochgeklappt.
Es war Johns Spezialkoffer. Er enthielt allerlei Gegenstände, die für eine erfolgreiche Dämonenbekämpfung unerläßlich waren. Von innen mit Samt ausgeschlagen, war er unterteilt in mehrere kleine Fächer. In einem lag Johns Beretta, eine Pistole, die mit Silberkugeln geladen war. Es gab auch noch den silbernen Dolch, der so ausbalanciert war, daß man ihn auch als Wurfwaffe benutzen konnte. In einem Kästchen lag die magische Kreide, hergestellt aus bestimmten Tierfetten. Sogar ein kleiner Flakon mit Weihwasser war vorhanden und selbstverständlich auch vorn zugespitzte Holzpflöcke, mit denen man Vampire endgültig ins Totenreich schicken konnte.
»Wenn wir vor dem Dunkelwerden da sein wollen, müssen wir uns beeilen«, sagte Suko.
John nickte. »Ich weiß.« Er gönnte sich eine Entspannungszigarette und blickte Suko an. Manchmal wirkte er auf ihn wie ein exotischer Fremdkörper. Suko hatte ein Gesicht, das an einen breiten Pfannkuchen erinnerte, dazu kleine Schweinsäuglein, die noch geschlitzt waren und fast hinter den Fettwülsten verschwanden. Meist kerbte ein breites Grinsen Sukos Gesicht. Seine spärlichen schwarzen Haare lagen glatt auf dem quadratischen Schädel. Am Körper schien Suko nur aus Muskelsträngen zu bestehen. Selbst unter dem etwas weit geschnittenen Sakko war zu sehen, welche Kraft in diesem Mann steckte.
»Du hattest Ärger«, stellte Suko lakonisch fest.
»Ja.«
John erzählte seinem neuen Freund die Geschichte. Er konnte Suko voll und ganz vertrauen. Er wußte, daß dieser Mann sein Leben hergeben würde, um Johns damit zu retten.
»Das sieht nach einer bösen Überraschung aus«, meinte der Chinese, trat ans Fenster und sah nach draußen. »Weißt du denn, wo wir den Hebel ansetzen können?«
»Ja, im Haus.«
»Okay. Aber wir müssen warten, bis die anderen angreifen.«
»Das stimmt.« John stand auf. Mit der Hand schlug er den Deckel des Koffers zu. »Die Schlüssel von James Bardens Wohnung habe ich besorgt. Ich hoffe, daß in ein, zwei Tagen alles ausgestanden ist.« John nahm den Spezialkoffer. Den anderen klemmte sich Suko unter den Arm.
Mit dem Lift fuhren sie nach unten in die Tiefgarage. Dort, wo sonst der Bentley gestanden hatte, parkte jetzt ein Austin.
John fuhr selbst, während Suko es sich auf dem Beifahrersitz bequem gemacht hatte.
Es hatte angefangen zu schneien. Die Flocken wirbelten vom bleigrauen Himmel, tupften gegen die Frontscheibe und schmolzen. John mußte die Scheinwerfer anschalten.
Es wurde eine Schleichfahrt, und als sie etwa eine Stunde später vor dem Hochhaus eintrafen, war es schon dunkel.
Sie stellten den Wagen auf den Parkplatz.
Hinter den meisten Fenstern des Hauses brannte Licht. Der Schein fiel in die Nacht und ließ die Schneeflocken aussehen wie glitzernde Körner.
Auf den Rasenflächen zwischen den einzelnen Parkstreifen hatte sich eine weiße Schicht gebildet. Sie reflektierte das Licht der Parkplatzlampen. Matsch lag auf dem Asphalt. Er war glitschig. John und Suko mußten achtgeben, daß sie nicht ausrutschten.
Sie beeilten sich, in das schützende Innere des Hochhauses zu kommen.
Unten im Flur lungerten einige Männer herum. Einer von ihnen hatte eine Kamera vor der Brust baumeln. John kannte den Mann. Es war Ted Storni, ein Skandalreporter.
»Mist, der hat mir gerade noch gefehlt«, schimpfte der Oberinspektor. Storm hatte sich umgewandt, als hinter ihm die Glastür aufgestoßen worden war.
Jetzt huschte ein Grinsen über
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