GK0183 - Das Hochhaus der Dämonen
verschwand John Sinclair.
Er stieg in seinen Dienst-Austin und fuhr hinüber nach Chelsea, dem Londoner Prominenten-Vorort.
Er fuhr am Green Park vorbei, bog dann in die King’s Road ein und hielt sich südlich. Am Sloane Square nahm er die Lowers Sloane Street, gondelte durch den Militärbezirk mit den zahlreichen Kasernen und befand sich wenig später am Ziel.
Das Altersheim befand sich inmitten eines weiträumig angelegten Parks, der um diese Jahreszeit bis auf einen Gärtner, der Laub von den Wegen kehrte, leer, war. Es gab auch einen Parkplatz. Und zwar neben dem um die Jahrhundertwende gebauten Haus.
Über eine Treppe betrat John Sinclair das Gebäude.
Hinter den Fenstern sah er die Gesichter der Heiminsassen. Sie alle zeichnete eins aus. Hoffnungslosigkeit und eine innere Leere. John lief ein Schauer über den Rücken. Nur nicht im Altersheim enden, dachte er.
Es gab eine Klingel, und schon wenig später wurde John geöffnet. Die Frau in den mittleren Jahren und dem streng gescheitelten schwarzen Haar stellte sich als Mrs. Pearson vor. Sie fragte John nach seinen Wünschen.
Der Oberinspektor präsentierte seinen Ausweis.
Das Gesicht der Frau wurde freundlicher. »Bitte, treten Sie ein, Sir.« Sie führte John in eine muffige Aufenthaltshalle. Die Einrichtung war zwar teuer, aber es fehlte die Wärme und vor allen Dingen das Licht. Hier schienen die Menschen wirklich nur zum Sterben hinzukommen. Ein beklemmender Gedanke.
Mrs. Pearson führte John in ihr Büro, einen winzigen Raum mit Schreibtisch, Aktenschrank und zwei Stühlen. Einen davon bot sie dem Geister-Jäger an.
Das Zimmer war überheizt. John zog seinen Mantel aus. »Womit kann ich Ihnen dienen?« wurde er gefragt.
»Es geht um eine ehemalige Heiminsassin. Florence Barkley lautet der Name.«
»Gütiger Himmel.« Die Frau schlug die Hände zusammen. »Hört das denn nie auf?«
»Ich verstehe nicht.«
»Wissen Sie, Oberinspektor, man soll Toten ja nichts Schlechtes nachsagen, aber diese Frau hat uns Nerven gekostet. Sie war von einer teuflischen Idee besessen. Sie glaubte nicht an Gott, sondern an den Satan. Sie wollte hier im Heim so eine Art von Schwarze Messe aufziehen, doch den Zahn haben wir ihr sehr schnell gezogen. Aber lockergelassen hat sie nicht. Immer wieder hat sie davon angefangen. Und sie hat oft von früher gesprochen. Als sie noch im eigenen Haus wohnte und was ihr alles gehört hatte.«
»Was hat sie denn genau gesagt?« fragte John.
»Das weiß ich nicht, Herr Oberinspektor. Aber ich kann Sie gern mit Mr. Plummer bekanntmachen. Er war der Freund von Florence Barkley.«
John lächelte. »Ja, das wäre nett.«
Über eine Sprechanlage gab die Heimleiterin einer Schwester Bescheid. Dann nickte sie John zu. »Mr. Plummer wird bald hier sein.«
Es dauerte drei Minuten.
John stand auf um dem alten Mann seinen Platz anzubieten. Plummer nickte dankend und setzte sich.
John schätzte ihn auf siebzig Jahre. Sein Haar war lang und schlohweiß, doch die Augen blickten noch sehr wachsam. Sie hatten eine seltsame, hellblaue Farbe.
Plummer trug einen dunkelbraunen Anzug und ein Hemd mit steifem Kragen.
John Sinclair stellte sich vor, und Plummer nickte nur.
Dann begann der Geister-Jäger mit seinen Fragen. Die Antworten kamen präzise, und John erfuhr am Anfang nicht viel mehr, als er schon wußte.
Doch dann bohrte John weiter, und in Plummers Augen trat ein eigenartiges begeistertes Leuchten.
»Ja«, sagte er, »sie war eine außergewöhnliche Frau und besessen von einer Idee. Man hatte ihr alles genommen, doch ihren Stolz und ihren Mut konnte man nicht kleinkriegen.«
»Wie war das denn mit dem Haus?« wollte John wissen. »Weshalb wollte sie es nicht verkaufen?«
Der Alte lachte. »Florence wollte die Menschen retten, deshalb hat sie sich so geweigert. Aber niemand hat auf sie gehört.«
»Das verstehe ich nicht, Sir, können Sie etwas deutlicher werden?«
»Ja, wie Sie wünschen. Ihr Haus war auf ungeweihter Erde gebaut worden. Dämonenerde, verstehen Sie?«
Als John nickte, lächelte Plummer. »Nein, Sie werden nicht verstehen. Ich habe am Anfang auch gezweifelt, aber Florence hat mich nach und nach überzeugt. Ich selbst habe in alten Büchern gelesen, welch ein wichtiger Ort dieser Boden für die anderen war.«
»Kann ich die Bücher mal sehen?«
»Nein. Florence hat sie vor ihrem Tod verbrannt. Sie wußte ja, daß sie sterben würde.«
»Woher?«
»Weil sie freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Sie hat
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