GK0196 - Die Spinnen-Königin
Boot tatsächlich ablegte, mußte er zusehen, so schnell wie möglich an Bord zu gelangen. Er durfte jetzt keine weitere Sekunde mehr verlieren.
Suko drehte sich. Er wollte sich um den Porsche herumschleichen und dann durch die Gassen der abgestellten Wagen zum Heck des Schiffes laufen.
Es blieb allerdings beim Vorsatz.
Der Zufall wollte es, daß einer der Wärter genau in diesem Moment seine Zigarettenkippe wegschleuderte. Und genau in Sukos Richtung. Der Mann sah dem Halbkreis der glühenden Zigarette nach und wurde auf den Schatten aufmerksam, der sich von dem Porsche wegbewegte.
»Da ist jemand!« gellte sein Ruf.
Im Nu wirbelten die anderen drei Männer herum. Zwei zogen sofort ihre Waffen.
Die Wächter verstanden ihr Handwerk. Sie verteilten sich sehr geschickt, und es gelang ihnen, Suko in die Zange zu nehmen.
Der Chinese blieb stehen. Einer der Kerle lief geradewegs auf ihn zu. Als er Sukos massige Gestalt sah, stutzte er. Riesengroß sah er eine Faust vor seinem Gesicht auftauchen, und in der nächsten Sekunde legte sich der Mann schlafen.
»Verdammt, da ist der Hund!« brüllte ein anderer.
Suko kreiselte herum.
Einer der Männer hatte auf ihn angelegt. »Stehenbleiben!« bellte er.
Aus dem Stand sprang Suko auf das Dach eines Sportwagens. Ehe der pistolenbewehrte Wächter überhaupt die neue Situation erfaßt hatte, hechtete Suko schon auf ihn zu und begrub den Mann unter sich. Gleichzeitig drehte er ihm den Waffenarm vom Körper weg, und mit einem wohldosierten Handkantenschlag schickte er ihn ins Reich der Träume.
»Tim, verdammt, wo bist du?« schrie einer der Männer.
Doch Tim meldete sich nicht. Suko nahm die Waffe des Bewußtlosen an sich und steckte sie hinter seinen Hosengürtel. Zwei Männer hatte er ausgeschaltet, blieben noch die letzten beiden.
Sie waren vorsichtiger geworden und lauerten jetzt zwischen den Wagen. Sie warteten darauf, daß Suko sich zeigte, doch den Gefallen tat ihnen der Chinese nicht.
Obwohl er selbst unter großem Zeitdruck stand, schlich er nur langsam weiter.
Nervöses Atmen verriet ihm den Standort des dritten Mannes.
Sukos Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Er bog um das Heck eines Volvo und sah den Knaben in der schmalen Gasse zwischen zwei Wagen kauern. Er wandte Suko den Rücken zu.
Unhörbar schlich der so schwerfällig wirkende Chinese näher. Dann packte er zu.
Seine breite rechte Hand preßte er auf den Mund des Wärters. Mit der anderen wand er ihm die Waffe aus der Hand.
Der Mann schaffte es nicht, überhaupt nur einen Laut auszustoßen. Er zappelte noch unter Sukos Griff, bis der Chinese ihm eine Kopfnuß verabreichte.
Aufpasser Nummer drei konnte auch abgehakt werden.
Suko nahm auch die zweite Pistole an sich. Wenn das so weiterging, hatte er bald ein Waffenarsenal mit sich herumzuschleppen.
Jetzt war nur noch ein Gegner übrig.
Von ihm sah Suko, als er sich gebückt hatte, nur die Beine. Der Mann robbte wie ein Rekrut auf dem Boden herum und schaute unter den Boden der abgestellten Wagen hindurch.
Wirklich nicht die schlechteste Methode.
Dann hörte Suko einen wütenden Fluch. Wahrscheinlich war der vierte Aufpasser auf einen seiner bewußtlosen Kollegen gestoßen.
Suko lief ein paar Schritte vor, gelangte aus dem Deckungsbereich der Wagen und rannte dann parallel zum Ufer weiter. Er verursachte bewußt provozierende Geräusche, die den vierten Mann anlocken sollten.
Sie taten es auch.
Als Suko einmal den Kopf wandte, jagte der Kerl hinter ihm her. Sein Atem wehte wie eine weiße Fahne vor den Lippen.
Im selben Augenblick geschah noch etwas anderes.
Die Maschine des Hausbootes begann zu arbeiten.
Es wurde für Suko allerhöchste Zeit.
Suko stoppte plötzlich mitten im Lauf, warf sich gleichzeitig herum und fing den Burschen geschickt ab, der in voller Fahrt auf ihn zurannte.
Wie eine Feder hebelte der Chinese den Wärter über sich hinweg.
Der Kerl schlug in der Luft zwei Purzelbäume und landete dann platt wie eine Flunder auf der Erde. Auch ihm versetzte Suko noch eine Kopfnuß, dann war der Weg für ihn frei.
Und es wurde höchste Zeit.
Die vier Männer waren zwar keine Gegner für ihn gewesen, aber der Kampf hatte Suko Zeit gekostet. Zeit, der er jetzt hinterher rannte.
Und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Das schwere Hausboot hatte nämlich schon abgelegt. Es drehte nach Backbord hin, der Flußmitte zu. Nur das Heck befand sich noch in Ufernähe.
Suko hatte nicht gesehen, wer die schweren Taue gelöst hatte.
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