GK047 - Die Höllenbrut
Hexen?«, erkundigte sich Vicky.
»Die sind von diesem Moment an verloren. Sie müssen sterben und haben keine Möglichkeit mehr, in dieses Dorf zurückzukehren.«
Tony richtete sich mit schmerzverzerrtem Gesicht abrupt auf. Er biss die Zähne zusammen.
»Tony!«, rief Vicky besorgt aus. »Was ist mit dir?«
»Es geht schon wieder!«, ächzte Ballard.
Er schaute den Professor mit fanatisch funkelnden Augen an. »Finden Sie schnellstens heraus, wo die Hexen diesen Stein verborgen haben, Professor Davies!«
»Ich werde mir die größte Mühe geben«, versprach der alte Mann. »Aber glauben Sie ja nicht, dass wir den Kampf bereits gewonnen haben, wenn es mir gelingen sollte, dieses letzte Geheimnis aufzudecken. Die Hexen werden ihren Lebensstein mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen.«
»Finden Sie erst mal heraus, wo sich der Stein befindet!«, sagte Tony hart.
»Dann werden wir weitersehen. Ich bin jedenfalls bereit, mein Leben zu opfern, wenn ich unser Dorf dadurch von diesen schrecklichen Bestien befreien kann.«
Vicky schaute den alten Professor heimlich an.
Ein furchtbarer Gedanke war ihr gekommen, den sie lieber nicht in Worte fassen wollte.
Was war, wenn die Hexen dahinter kamen, dass Professor Edgar Davies an der Aufdeckung ihres schrecklichen Geheimnisses arbeitete? Keine Sekunde hätte er dann noch zu leben.
Vicky hoffte inständig, dass der alte Mann seine Arbeit zu Ende führen konnte. Zum Wohle des Dorfes und zum Schutze Tony Ballards, der andernfalls nicht mehr lange zu leben hatte.
***
Müde und ohne einen Funken Optimismus im Leib, kam Vicky Bonney nach Hause. Jeder Krankenhausbesuch deprimierte sie schwer. Selbst wenn sie Menschen besuchte, die sie kaum kannte. Bei Tony war es natürlich wesentlich schlimmer.
Abgespannt nahm sich das Mädchen einen Kognak. Nachdem sie das Glas leer getrunken hatte, stellte sie das Radio an, denn die Stille war ihr unerträglich.
Nachdenklich zog sie den Reißverschluss ihres saphirblauen Kleides nach unten. Sie streifte es ab, hängte es auf einen Plastikbügel und tat es in den Schrank. Danach beugte sie sich ein wenig vor, griff mit beiden Händen nach hinten und öffnete den Hakenverschluss ihres Büstenhalters. Langsam streifte sie ihn ab und ließ ihn auf den Stuhl fallen.
Sie betrachtete ihren makellosen Busen im Spiegel. Mechanisch schob sie die Daumen in das dünne Gummiband ihres zarten Höschens und streifte es mit einer geschmeidigen Bewegung ab. Sie legte das Höschen auf der Büstenhalter und begab sich nackt ins Badezimmer.
Die Dusche tat ihr gut und weckte ihre Lebensgeister. Plötzlich schien ihr die Welt nicht mehr ganz so grau zu sein. Es schien ihr, als würde das Wasser nicht nur ihren Körper reinigen, sondern gleichzeitig auch ihre bedrückte Seele.
Sie fasste wieder neuen Mut. Vielleicht zogen sich die Hexen wieder zurück. Sie blieben niemals lange. Wenn genug Blut geflossen war, verschwanden sie wieder. Und es war, bei Gott, schon genug Blut geflossen.
Nachdem Vicky geduscht hatte, zog sie ihren Bademantel an und begab sich ins Wohnzimmer. Da ließ sie sich in den Sessel fallen, schaute gedankenverloren auf die gegenüberliegende Wand und malte sich aus, wie es mit ihr und Tony sein würde, wenn es die Hexen nicht mehr gab.
An den Fenstern schleiften Zweige hin und her. Ein unheimliches Geräusch. Als ob Geisterhände darüberglitten. Unwillkürlich schauderte Vicky. Sie konnte plötzlich nicht mehr an Tony denken, konnte sich nicht auf die Klaviermusik konzentrieren, die aus dem Radio sickerte. Etwas belegte sie mit seinem Bann, ohne dass sie begriff, was es war.
Sie schaute zum Fenster. Ohne Absicht.
Und obwohl sie da zwei fahle Gesichter erblickte, erschrak sie nicht, denn die Gesichter waren ihr bestens bekannt. Es waren die Gesichter ihrer Eltern. Stumm standen sie am Fenster. Mit verschlossenen Mienen und schmalen Lippen. Ihre Augen schauten sie unverwandt an.
Vicky erhob sich.
Die Gesichter gingen nicht weg. Blass waren sie. Totenblass. Kein Wunder, Vickys Eltern lebten seit drei Jahren nicht mehr.
***
Nach der letzten Visite bekam Tony Ballard eine Traubenzuckerinfusion, damit er wieder zu Kräften kam. Er versuchte einzuschlafen, doch es war ihm nicht möglich. Er hatte am Tag zu viele Stunden geschlafen und war nun nicht richtig müde.
Zudem quälten ihn schreckliche Ahnung.
Er fühlte, dass Vicky in Gefahr war. Er konnte sich nicht einmal selbst erklären, wieso er das fühlte,
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