GK064 - Vögel des Todes
nun sah er den mörderischen schwarzen Vogel, der auf einem Stein mit glatter Oberfläche hockte. Auf diesem Stein lag Carmen Fuente.
Sie war tot, es war so grauenvoll, dass Fernando einen irrsinnigen Schmerzensschrei ausstoßen musste –, Carmen war tot.
Der furchtbare Vogel hatte ihr mit seinem harten Schnabel den Hals aufgerissen.
Ihr Blut befand sich bereits in dem gläsernen Totem, das nun schon zu drei Viertel mit dem roten Lebenssaft gefüllt war.
***
Man hatte behauptet, zwei junge Flamencotänzer wären in der vergangenen Nacht aus La Escala spurlos verschwunden.
Hier waren sie.
Fernando entdeckte ihre blutleeren Leichen in einer anderen Nische. Bei ihrem Anblick wurde ihm übel, so schauderhaft waren ihre Körper entstellt.
Furcht, Abscheu und Entsetzen versuchten Fernando zur Umkehr zu bewegen. Aber war eine Flucht von hier überhaupt noch möglich?
Wut, Hass und der Wunsch nach Rache zwangen den jungen Mann, zu bleiben.
Carmen war tot.
Dieses grausame Scheusal hatte sie getötet. Fernando empfand es als seine Pflicht, diesen gefiederten Teufel dafür zu bestrafen, zu vernichten.
Mit einem schrillen Wutschrei stürmte Fernando auf das Monster zu.
Der schwarze Geier wirbelte urplötzlich herum. Während der Drehung setzte die Verwandlung ein. Fernando dachte, seine überreizten Sinne würden ihm in diesem furchtbaren Moment einen quälenden Streich spielen.
Vor ihm stand ein Mann, auf dessen breiten Schultern sich der abstoßende Geierschädel befand.
Nun verformte sich dieser Schädel. Von einer Sekunde zur anderen wurde daraus der Kopf eines Menschen.
Der Mann stieß ein teuflisches Gelächter aus.
»Sieh an, der verliebte Romeo will seiner Julia in den Tod folgen! Das lässt sich machen!«
»Du bist Paco Benitez, dieses verdammte Scheusal, nicht wahr?«
»Allerdings, Fernando Cordobes.«
»Woher kennst du meinen Namen?«
»Ich kenne jeden, der in Torroella wohnt.«
»Das ist nicht dein Körper, nicht wahr?«
»Stimmt, Fernando. Ich habe mir einen Körper geliehen und ihn im Aussehen verändert. So, wie du mich jetzt vor dir siehst, habe ich damals ausgesehen.«
»Der Priester hätte dich damals umbringen sollen, Benitez.«
Paco Benitez lachte dämonisch.
»Ich sehe, du kennst die Geschichte. Nun ja. Der Priester hat es versucht.«
»Was hast du mit ihm gemacht?«
»Ich habe ihn zerfleischt.«
»Und warum bist du danach verschwunden?«
»Irrtum, mein Freund. Ich bin niemals verschwunden. Ich hatte lediglich für eine Weile genug.«
»In wessen Körper steckst du, Paco Benitez?«
»Ich könnte es dir verraten, denn du wirst keine Gelegenheit mehr haben, es den Bewohnern von Torroella zu sagen.«
Fernando ballte die Fäuste.
»Ich werde dich umbringen, Benitez!«
»Du kannst es versuchen«, erwiderte der kräftige Mann spöttisch. »Aber es wird dir nicht gelingen. Ich bin kein Mensch – wenn ich auch so aussehe. Ich bin aber auch kein Tier, kann jedoch die Gestalt eines solchen annehmen, wie du gesehen hast.«
»Was bist du dann, wenn du weder Mensch noch Tier bist?«
Paco Benitez' Augen funkelten mörderisch.
»Ich habe damals die Weihe der Dämonen empfangen. Solange es dieses gläserne Totem hier gibt, werde ich unsterblich sein.«
»Dann werde ich dieses gläserne Totem zertrümmern!«, brüllte Fernando Cordobes und rannte auf Benitez' Heiligtum zu.
Zwei Meter davor prallte er jedoch gegen eine unsichtbare Wand.
Paco Benitez stieß ein höhnisches Gelächter aus.
»Du armer Irrer! Denkst du im Ernst, ich würde mich so schlecht schützen?«
In seiner grenzenlosen Verzweiflung rannte Fernando immer wieder gegen die unsichtbare Wand an.
»Es hat keinen Zweck!«, rief Benitez mit donnernder Stimme. »Du kannst den Bann nicht brechen!«
»Ich muss es tun!«, schrie Cordobes mit Schaum vor dem Mund. »Ich muss es tun! Ich muss Carmens Tod rächen! Ich muss dich vernichten, du verdammter Teufel!«
Mit funkelnden Augen näherte sich Benitez dem Tobenden.
»Rosalind Peckinpah, Carmen Fuente, die beiden Flamencotänzer und auch der Hellseher Julian Llagostera sind für eine gute Sache gestorben, Fernando!«
Cordobes kreiselte herum. Der Gestank nach Verwesung stieg ihm in die Nase.
»Für eine gute Sache? Ein Teufel wie du kann nichts Gutes tun!«
»Ich werde die Welt beherrschen, Fernando. Schon bald. Und diejenigen, die ich getötet habe, werden meine Steigbügelhalter sein. Ich werde unseren Globus zu einem riesigen Reich des Bösen machen. Ich werde
Weitere Kostenlose Bücher