GK064 - Vögel des Todes
Cordobes hierher zurückkehren. Mit vereinten Kräften würden sie Paco Benitez zur Hölle schicken.
Es würde auch dann nicht leicht sein, gewiss nicht, aber Fernando war zuversichtlich, dass sie es alle zusammen schaffen würden.
Also Flucht!
Noch einmal schaute sich Fernando misstrauisch um. Er traute dem Frieden nicht so recht.
Vielleicht war Benitez hier irgendwo versteckt und ergötzte sich nun wie die Spinne, die zusieht, wie die Fliege in ihrem Netz zappelt.
Wo steckte das Monster?
Wo war Paco Benitez hingegangen?
Musste er bei Tagesanbruch wieder die Gestalt jenes Bürgers von Torroella annehmen, dessen Körper er sich genommen hatte?
Wessen Körper war es?
Fernando sah ein, dass es sinnlos war, sich darüber jetzt den Kopf zu zerbrechen. Hinter dieses Geheimnis konnte er nicht nur durch bloßes Nachdenken kommen.
Weg von hier!, drängte es ihn. Weg, schnell!
Fünfzehn Gänge boten sich ihm an.
Einer sah wie der andere aus. Welcher war der richtige?
Fernando war sicher, dass es jener Gang war, vor dessen gewölbter Öffnung er stand.
Er warf einen letzten hastigen Blick zurück. Beim Anblick von Carmens Leichnam wollte sein Herz zerbrechen. Mit einem schnellen Ruck wandte er sich von der Toten ab.
Es hat keinen Sinn!, hämmerte es in ihm. Sie ist tot. Es hat keinen Sinn!
Schnell lief er in den Gang hinein. Die fluoreszierenden Wände begleiteten ihn ein Stück des Weges, dann wurde ihr Schimmer schwach und schwächer. Schließlich machte sich um ihn herum eine undurchdringliche Dunkelheit breit.
Er war also auf dem richtigen Weg, denn er konnte sich erinnern, dass es in der vergangenen Nacht – in umgekehrter Folge – genauso gewesen war.
Mehrmals stieß er mit den Schultern gegen den nackten Fels.
Die Wunde, die ihm der grausame Blutgeier mit seinem furchtbaren Schnabel gerissen hatte, war seltsamerweise vernarbt. Sie schmerzte auch nicht mehr. Fernando Cordobes machte sich keine Gedanken darüber, wieso es so war. Er war froh, dass es so war.
Er lief weiter.
Sein Atem ging schnell, sein Brustkorb hob und senkte sich rasch.
Er stieß sich in der Dunkelheit den Kopf, fluchte und lief weiter.
Nun fiel der finstere Gang kurz ab.
Fernando überlegte, ob ihm das gestern Nacht aufgefallen war. Er konnte sich nicht daran erinnern.
Zweifel kamen ihm.
War er im falschen Gang? Wenn ja, wohin führte er?
Als der Gang gleich darauf merklich anstieg, schöpfte Fernando Cordobes sofort wieder neuen Mut.
Er hatte längst die Orientierung verloren, und es kam ihm von Minute zu Minute seltsamer vor, dass immer noch kein Ende des Ganges zu sehen war.
Er war in der vergangenen Nacht ziemlich fertig gewesen und hatte nicht auf die Länge des Ganges geachtet.
Trotzdem fiel es ihm immer schwerer, zu glauben, auf dem richtigen Weg zu sein.
Plötzlich zerfloss die Dunkelheit ein wenig.
Fernandos Herz hüpfte erfreut in seiner Brust.
Das war Tageslicht. Er hatte es geschafft. Egal, welchen Gang er hier entlanglief, er führte auf jeden Fall in die Freiheit, und das – nur das zählte.
Nun war die Dunkelheit nicht mehr mit den Händen zu greifen. Eine unnatürliche Helligkeit schwebte von allen Seiten auf Fernando herab, und dieser Umstand hätte ihn eigentlich stutzig machen müssen.
Aber der junge Mann badete so sehr in den Fluten der Freude, dass die von der Vernunft geborenen Zweifel im Keim erstickt wurden.
Weiter lief er. Und immer schneller.
Sein Herz schlug ganz oben im Hals.
Er konnte es kaum noch erwarten, frei zu sein.
Wie verrückt er doch war. Durfte er wirklich hoffen, dass Paco Benitez, dieser grausame Satan, es ihm so leicht machen würde?
Benitez spielte mit ihm.
Er quälte ihn, indem er ihn mit heißem Herzen hoffen ließ, um ihn dann umso schlimmer zu enttäuschen. Doch das ahnte Fernando Cordobes nicht.
Noch nicht.
Noch lief er der vermeintlichen Freiheit entgegen.
Schwitzend. Aufgeregt. Glücklich.
Keuchend trank er die seltsame Helligkeit, die er für Tageslicht hielt, in sich hinein.
Gleich hast du es geschafft! Gleich bist du frei! Gleich!, dachte er.
Er sah das Ende des Ganges und stürzte nervös darauf zu.
Doch als er dieses Ende erreichte, brach das ganze trügerische Gebilde über ihm zusammen und begrub ihn unter seiner eiskalten Nüchternheit.
Fernando wankte. Sein Gesicht war von Entsetzen und Enttäuschung zu einer furchtbaren Fratze verzerrt.
Er fasste sich bestürzt an die pochenden, schmerzenden Schläfen, während ihn die fürchterliche
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