GK064 - Vögel des Todes
Todesschreie der Männer.
Die brennenden Geier kannten keine Gnade.
Nicht ein einziger von denen, die sich zum Castell hinauf gewagt hatten, entkam ihnen.
Sie töteten alle auf die grausamste Weise, die man sich vorstellen kann.
Nach getaner Arbeit flogen sie – immer noch brennend – der Sonne entgegen. Bald waren sie nicht mehr zu sehen.
Man holte weinend und jammernd die Toten vom Berg.
Zurück blieben Grauen, Entsetzen und Ekel.
Das Feuer um Castell Montgri erlosch von selbst. Lange noch schwebte eine dunkle Rauchfahne über der Burg.
Trauer, Elend, Verzweiflung hielten in Torroella Einzug. Man hatte die grauenvoll verstümmelten Körper der mutigen Männer auf dem Dorfplatz nebeneinander gelegt. Es spielten sich erschütternde Szenen ab.
Als ich die Kinder um ihren Vater, die Frauen um ihren Mann, die Eltern um ihren Sohn weinen sah, packte mich eine eiskalte Wut.
Ich wünschte mir nichts so sehr, als Paco Benitez gegenüberzustehen, um ihm die Rechnung für all diese Not präsentieren zu können. Zu wissen, wie ohnmächtig ich gegen diesen grausamen Dämon war, machte mich krank.
Ich ahnte, dass der Albtraum mit allen seinen Gräueln und Schrecken weitergehen würde, und es quälte mich entsetzlich, zu wissen, dass ich nichts dagegen unternehmen konnte.
Tucker Peckinpah bekam seinen versprochenen telefonischen Bericht.
Der Boden meiner Zuversicht war weich geworden wie die Oberfläche eines trügerischen Moores.
Immer noch keine Spur von Rosalind Peckinpah.
Ich sprach es nicht aus, aber ich wusste, dass ich sie als Tote finden würde – wenn überhaupt.
Nach diesem Telefonat schickte ich Vicky ins Bett.
Dann ging ich in die Bar und begann mich zu betrinken.
Anders wurde ich mit meinen Problemen nicht mehr fertig.
***
Sehr bald schon half mir der Tequila, zu vergessen. Mir wurde alles gleichgültig. Ich war dem Schnaps dankbar dafür, dass er mir dieses Gefühl vermittelte. Ich wollte abschalten und vergessen, was für ein hilfloser armer Wurm ich gegen Paco Benitez war.
Der Sohn des Hotelbesitzers hatte mir die ersten Drinks ins Glas gegossen, bis ich ihm sagte, er könne sich die Mühe sparen, ich würde das selbst tun. Von da an füllte ich mein Glas selbst. Um die Anzahl der Drinks nicht zählen zu müssen, kaufte ich gleich die ganze Flasche.
Irgendwann tauchte Manuel Alvarez neben mir auf. Ich war bereits so betrunken, dass ich ihn beinahe nicht wieder erkannt hätte.
»Was machst du denn hier?«, fragte ich ihn lallend.
»Wieso bist du nicht tot wie die anderen?«
»Ich – ich bin nicht mit ihnen gegangen«, antwortete er verlegen.
»Warst zu feige, was?«, fragte ich und musterte ihn mit einem verächtlichen Blick. »Lieber fünf Minuten lang feige, als ein Leben lang tot, wie?«
»Ich, ich war nicht in Torroella.«
»Lüg doch nicht so unverschämt!«
»Ich war nicht da.«
»Du warst nicht auf dem Dorfplatz, das will ich dir glauben. Du hast dich zu Hause verkrochen wie eine feige Memme!«
»Was für einen Sinn hätte mein Tod, Senor Ballard?«
Ich wollte irgendetwas Verletzendes sagen, doch dann dachte ich über seine Frage nach. Was für einen Sinn hätte sein Tod wirklich gehabt? Keinen. Und überhaupt – durfte ich ihm denn einen Vorwurf machen? War ich denn tot?
Nein. Ich lebte genauso wie er. Also war ich auch eine feige Memme. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
Ich hatte kein Recht, Manuel Alvarez einen Feigling zu nennen.
Ich war um kein Haar besser.
Im Gegenteil. Ich war noch schlechter als er, denn ich versuchte, mein brennendes Gewissen nun im Tequila zu ersäufen.
»Trink einen mit, Manuel!«, sagte ich versöhnlich. »Einen oder mehrere. Und vergiss, was ich vorhin gesagt habe. Es war nicht so gemeint.«
Er setzte sich zu mir. Schon nach ganz kurzer Zeit war er so betrunken wie ich. Wahrscheinlich war sein Magen wieder mal völlig leer. Ich fragte ihn nicht, ob er etwas essen wolle, sondern bestellte eine Kleinigkeit für ihn. Dann tranken wir wieder.
»Ich bin nicht zufällig hier, Senor Ballard«, gestand er mir schließlich. »Ich habe Sie gesucht.«
»Was willst du?«
»Ich habe etwas für Sie, Senor Ballard.«
Ich schaute ihn spöttisch an.
»Was kann ein Kerl wie du schon für mich haben? Willst du mir deine Seele verkaufen? Die kannst du behalten. Ist vollkommen wertlos. Zumindest für mich. Vielleicht will sie Paco Benitez haben. Kannst ihn ja mal fragen.«
Er wurde bleich und trank hastig.
»Entschuldige. Ich
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