GK078 - Das Todeslied des Werwolfs
Sir…«
»Langsam? Langsam? Er ist hinter mir her! Er will mich umbringen! Ich habe ihm zwei Schrotladungen in den Bauch gejagt. Jetzt will er mich töten.«
»Sagen Sie, sind Sie betrunken?«, fragte Constabler Burton ärgerlich.
»Ich flehe Sie an, schicken Sie jemanden zu mir! Ich will nicht sterben, aber er wird mich umbringen, wenn Sie mir nicht helfen!«
»Von wem reden Sie denn?«
»Er hat einen grauenvollen Schädel! Eine Hundeschnauze! O Gott! Ich habe noch kein fürchterlicheres Wesen gesehen! Meinen Hund hat er gefressen. Zerrissen hat er ihn. Und nun will er mich zerfleischen!«
»Wie heißen Sie, Sir?«
»Schicken Sie jemanden…«
»Dazu müssen Sie mir erst mal Ihren Namen sagen.«
»Da ist er!«, brüllte der Anruf er plötzlich entsetzt. »O Gott! Er ist da! Er ist am Baum hochgeklettert. Ich bin verloren. Er ist direkt vor meinem Fenster…«
»Ihren Namen, Sir! Schnell Ihren Namen!«
»Er kommt. Er springt herein. Er ist da. Er ist in meinem Schlafzimmer! Nein! Neiiin! Oh… Oh … Oh …«
Ein fürchterliches Knurren ließ den Constabler erschauern.
»Hilfe! Hilfe! Hiiilfe!«, brüllte der Anrufer.
Wieder das Knurren.
Dann knirschte etwas. Ein Poltern war zu hören.
»Hallo«, schrie Constabler Burton aufgeregt. »Hallo! Nennen Sie Ihren Namen, damit ich jemanden zu Ihnen schicken kann!«
Ein Heulen war die Antwort. Lang gezogen und schaurig.
Dem Polizisten lief es eiskalt über den Rücken. Augenblicke später riss die Verbindung mit einem nochmaligen Gebrüll jäh ab.
***
Jeremy Cool wehrte sich verzweifelt. Der Werwolf trieb ihn fauchend durch das Schlafzimmer. Cool hatte sein Bett hoch gerissen und hatte es umgeworfen, doch das Monster war über diese Barrikade hinweggesprungen und hatte dem ehemaligen Boxer zwei kraftvolle Hiebe versetzt.
Cool hatte zur Seite springen wollen, doch die Krallen des Scheusals hatten ihn zu schnell erwischt.
Sein grauer Overall hing zerfetzt an seinem Leib. Blut quoll aus tiefen Wunden.
Cool wich zurück, so weit er konnte. Wieder holte das Untier zu einem fürchterlichen Schlag aus. Cool schaffte es, sich blitzschnell zu ducken. Der Wolf zerdrosch mit seiner Pranke einen Spiegel. Klirrend fiel das Glas zu Boden.
Kämpfen! , schrie es in Cool. Du musst kämpfen.
Doch das hier war kein fairer Boxkampf.
Das hier war kein menschlicher Gegner. Das war ein Dämon. Ein Monster.
Solch einen Gegner konnte man nicht mit allgemeinen Maßstäben messen.
Trotzdem stemmte Cool sich schreiend von der Wand ab, flog auf den Werwolf zu und packte ihn mit beiden Armen. Sein Brustkorb war hart wie Stein.
Die Bestie ließ ein unwilliges Knurren hören. Einmal schüttelte sie sich. Cool vermochte sich nicht zu halten.
Seine Hände glitten ab. Der Wolf biss ihn blitzschnell in die Schulter.
Cool stieß einen wahnsinnigen Schrei aus. Er schlug die Zähne hart aufeinander. Der brennende Schmerz war teuflisch. Er konnte den Arm nicht mehr gebrauchen.
Nun machte ihn das Monster fertig. Immer und immer wieder stieß die schreckliche Schnauze auf Cool zu. Der Boxer wehrte sich, so gut er konnte und so lange er konnte.
Doch das Monster war ihm in jeder Weise überlegen. Die blutrünstige Bestie ließ nicht von Cool ab.
***
Tags darauf fanden Vicky und ich eine nette möblierte Wohnung nahe dem Picadilly Circus. Wir holten unsere Sachen aus dem Hotel und zogen sofort in unser neues Heim ein. Nun hatten wir Zeit. Es war nicht mehr so wichtig, dass wir ein schönes Haus nach unserem Geschmack fanden.
Am Nachmittag erfuhren wir von Jeremy Cools grauenvollem Ende. Die Nachricht kam von BBC. Selbstverständlich war wieder nicht von einem Werwolf die Rede.
Der Sprecher behauptete, Jeremy Cool könne möglicherweise das Opfer desselben wahnsinnigen Täters geworden sein, der in der Nacht zuvor Alice Rack ermordet hatte.
Dann schilderte der Sprecher kurz den Lebenslauf des einstmals sehr bekannten und auch sehr geschätzten Boxers.
Für mich barg dieser Mord an Cool eine große Enttäuschung. Schließlich hatte ich den Ex-Boxer in Verdacht gehabt, er könnte jener grausame Werwolf sein.
Eine bessere Bestätigung als diesen Mord an ihm, dafür, dass er nicht jener Werwolf war, gab es nicht.
Zweimal hatte der Werwolf in derselben Gegend zugeschlagen.
Ich fragte mich, ob das bedeuten konnte, dass die Bestie in diesem Stadtteil zu Hause war.
Dann fiel mir ein, dass ich Mr. Peckinpah meine neue Anschrift wissen lassen sollte. Er war weder zu Hause noch in seinem
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